Die vergessene Frau
diesem Tag in San Francisco zu tun und versprochen, sie auf dem Weg zu der Party abzuholen. Da die Feier um acht beginnen sollte, musste er um spätestens sieben bei ihr sein, damit sie rechtzeitig eintrafen. Aber um halb acht war er immer noch nicht zurück. Franny fragte sich, was vorgefallen war. Vielleicht war er im Büro aufgehalten worden. Aber wenn sie nicht bald fuhren, würden sie zu spät kommen …
Franny überlegte hastig. Den heutigen Abend wollte sie auf keinen Fall verpassen. Sie läutete nach Hilda und bat sie, den Wagen vorfahren zu lassen. »Ich fahre allein, und Max kann später nachkommen«, verkündete sie entschieden.
Die Haushälterin kniff die Lippen zusammen. »Leider, Madam, hat die Flut schon eingesetzt. Vorerst können Sie nicht weg.«
Damit verließ Hilda den Raum. Sobald sie verschwunden war, trat Franny an den Barwagen und schenkte sich ein Glas Brandy ein.
Als Franny am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich schrecklich – schrecklicher, als sie verdient hatte, denn sie war überzeugt, dass sie gestern Abend nicht so viel getrunken hatte. Tatsächlich stellte sie, als sie es ins Erdgeschoss geschafft hatte, mit einem kurzen Kontrollblick fest, dass die Karaffe fast noch genauso voll war wie gestern. Warum fühlte sie sich dann so miserabel?
Max saß schon in seinem Arbeitszimmer. Er blickte auf, als sie eintrat, und sie sah ihn ernst werden, als er ihren Aufzug bemerkte: Sie hatte sich zu schlecht gefühlt, um sich anzuziehen, und war darum im Morgenmantel nach unten gekommen. Sie zog den Gürtel enger, um weniger verloren zu wirken.
»Wo warst du gestern?«
Er legte fragend den Kopf schief. »Das wollte ich gerade auch von dir wissen.«
Sie merkte, wie ihr die Tränen kamen, und wischte sie wütend weg, weil sie sich ihr Elend auf keinen Fall anmerken lassen wollte. »Du hast gesagt, du kommst vorbei und holst mich ab.«
»Nein. Das habe ich nicht.« Er klang ganz vernünftig. »Erinnerst du dich nicht, Liebling? Wir wollten uns auf der Party treffen.«
Er stand auf und kam auf sie zu. Sie wich einen Schritt zurück und schüttelte heftig den Kopf. Diesmal würde sie nicht einknicken. »Nein«, beharrte sie. »Du hast gesagt, du würdest mich hier abholen.«
»Ursprünglich wollte ich das auch«, antwortete er ruhig. »Aber dann habe ich noch mal angerufen, um dir zu sagen, dass ich noch in eine Konferenz muss und es deshalb nicht rechtzeitig schaffe. Darum solltest du allein mit dem Wagen hinfahren.«
Franny zog die Stirn in Falten. Was wurde hier gespielt? Hatten sie das wirklich so abgesprochen? Nein, beschloss sie. Er versuchte sie nur zu verwirren.
»Nein! Nein, das stimmt nicht«, widersprach sie zittrig. »Du hast versprochen, dass du hierherkommst und mich abholst.«
Hilda, die schweigend dabeigestanden hatte, trat vor. »Madam, wenn Sie gestatten. Ich glaube, dass Mr Stanhope die Wahrheit sagt. Ich habe gestern das Gespräch mit Ihrem Mann entgegengenommen, und wenn ich Ihre Antworten richtig interpretiert habe, waren Sie einverstanden, ihn in San Simeon zu treffen.«
Augenblicklich fuhr Franny herum. »Ach, was für eine Überraschung«, meinte sie sarkastisch. »Sie ergreifen für ihn Partei.«
Die Haushälterin senkte den Blick. »Madam, ich versichere Ihnen, ich tue nichts dergleichen.«
»Ach, bitte . « Frannys Stimme triefte vor Verachtung. »Spielen Sie nicht die Demütige. Sie haben mich vom ersten Tag an nicht leiden können. Bestimmt haben Sie geglaubt, Sie hätten es verdient, an meiner Stelle in Max’ Bett zu liegen.«
Falls sie gehofft hatte, damit eine Reaktion bei Max auszulösen, hatte sich ihre Hoffnung erfüllt. Er sprang auf. »Frances, bitte! So darfst du nicht mit Hilda sprechen!«
Franny sah beide abwechselnd an. »Ach, so sieht es also aus, nicht wahr? Ihr habt euch gegen mich verbündet.« Ihr Blick blieb auf Max hängen, und sie verkündete verletzt: »Ich hätte mehr von dir erwartet.«
Den Morgenrock gerafft, um nicht über den Saum zu stolpern, rannte sie aus dem Zimmer und nach oben. Sie hörte Max in ihrem Rücken, der nach ihr rief, der sie anflehte stehenzubleiben, aber das ließ sie nur schneller laufen. Mit einem irren Lachen nahm sie zwei Stufen auf einmal, ohne recht zu begreifen, wohin sie rannte, bis sie schließlich in dem Glastürmchen oben auf dem Haus angekommen war.
Keuchend nach der wilden Jagd kam Max hinter ihr die Wendeltreppe herauf. »Was willst du hier oben?«
Sie starrte aus dem Fenster und
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