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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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London heraus, auf der es so viel zu sehen und zu hören und zu riechen gab. Für ein aufgewecktes Kind wie Cara war es der Himmel.
    Jetzt allerdings, wo sie ihr Reiseziel erreicht hatten, verpuffte ihre Begeisterung. Obwohl ihre Mutter tapfer weiterlächelte, spürte Cara, dass sie auch nicht besonders glücklich über diesen Empfang war.
    Sobald sie im Haus waren, rümpfte Cara die Nase. Drinnen roch es nach alten Leuten und Katzen. Als hätte sie Caras Gedanken gehört, schlängelte sich eine dünne schwarze Katze um ihre Beine. Sie bückte sich, um sie zu streicheln, aber das Tier wich wütend zurück. Grüne Augen blitzten, der Buckel wölbte sich nach oben, und ein Fauchen warnte sie, sofort die Hand wegzunehmen.
    Als ihre Großmutter das Fauchen hörte, drehte sie sich um und sah Cara streng an. »Lass sie in Ruhe, Kind. Sie ist zum Mäusefangen da, nicht zum Spielen.«
    Cara wollte sagen, dass sie der Katze nichts getan hatte, blieb jedoch lieber still.
    Franny runzelte die Stirn, als ihre Mutter ihre Tochter so harsch anfuhr. »Sollen wir wieder fahren?«, wollte sie wissen. »Du brauchst es nur zu sagen, und wir sind wieder fort.«
    »Ich habe versprochen, dass ich mich um dein Kind kümmern werde«, meinte Theresa gleichmütig, »und ich halte meine Versprechen.«
    Cara sah die beiden Frauen abwechselnd mit untertassengroßen, runden Augen an. Sie verstand kaum etwas von dem, was ihre Mutter und Großmutter redeten, aber dass sie nicht miteinander auskamen, war unübersehbar.
    Theresa merkte, wie Cara sie ansah, und warf ihr einen scharfen Blick zu. »Was gibt es da zu schauen?«
    Cara schluckte schwer und traute sich nicht zu antworten. Ihre Mutter legte schützend den Arm um sie und zog sie an ihre Seite. »Lass sie in Frieden, Mam«, meinte sie müde.
    Die Frau grunzte laut, dann schlurfte sie aus dem Raum und ließ Franny und Cara allein zurück. Das Mädchen sah zu seiner Mutter auf.
    »Muss ich etwa hierbleiben?« Caras Stimme war nur ein Piepsen.
    »Ach, Cara.« Franny seufzte tief. »Ja, es tut mir leid, mein Schätzchen – du hast recht, du musst hierbleiben.« Als sie die verängstigte Miene ihrer Tochter bemerkte, ergänzte sie schnell: »Es ist nicht für lang, das verspreche ich dir. Und« – sie schaute zur Küche –, »und sie ist nicht so schlimm, wie sie tut.« Das Letzte sagte sie ohne große Überzeugung.
    Aus der Küche hörte man Töpfe scheppern und danach leises Fluchen. Der Torf im Herd zischte und knisterte. Caras Herz begann immer schneller zu klopfen. »Mummy?«, fragte sie ängstlich. »Ich glaube, ich will nicht hierbleiben.«
    Cara sah, wie sich die Augen ihrer Mutter mit Tränen füllten. Dann sank ihre Mutter auf die Knie und drückte sie fest an ihre Brust. Es tat schon fast weh, doch Cara wollte sich nicht beklagen. »Ich weiß«, sagte Franny schließlich in das Haar ihrer Tochter. »Ich will dich auch nicht hierlassen. Aber ich habe keine Wahl.« Sie ließ Cara los und sah ihr in die Augen. »Das verstehst du doch, nicht wahr, mein Schatz?«
    Cara verstand gar nichts. Weil sie allerdings nicht wollte, dass ihre geliebte Mutter sich aufregte, versuchte sie tapfer zu sein und erklärte tiefernst: »Ja, Mummy.«
    Sie wurde mit einem Lächeln belohnt. »Danke, meine Süße«, sagte ihre Mutter, und ein paar Tränen flossen über ihre Wangen. »Danke, dass du es mir leicht zu machen versuchst.«
    Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen, darum war Cara bald eingeschlafen. Franny blieb ein paar Minuten in der winzigen Schlafkammer unter dem Dach sitzen und schaute ihrer Tochter beim Schlafen zu. Sie war so erschöpft, dass sie sich am liebsten neben Cara ins Bett gelegt hätte, doch sie musste unbedingt mit ihrer Mutter sprechen. Heute Abend war deutlich zu spüren gewesen, wie zornig und verbittert Theresa immer noch war, und Franny wusste, dass sie sich aussprechen mussten, und sei es nur, um sicherzustellen, dass die alte Frau ihren Ärger nicht während der nächsten Wochen an Cara ausließ. Schweren Herzens ging sie zu ihrer Mutter hinunter.
    In der winzigen Stube löschte Theresa gerade die letzte Glut im Herd. Sofort wurde es kalt im Raum. Franny zog den Schal fester um die Schultern und bereitete sich darauf vor, Frieden zu schließen.
    »Soll ich dir noch einen Tee machen, Mam?«
    Theresa schnaubte. »Wenn ich noch mehr trinke, muss ich die ganze Nacht auf den Topf rennen.«
    Franny verdrehte die Augen hinter dem Rücken ihrer Mutter. Eigentlich wollte sie auch

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