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Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Nicken, daß er verstanden hatte, sah noch einmal mit klopfendem Herzen zu den hellerleuchteten Fenstern der Brücke hinauf, sammelte all seinen Mut - und huschte los.
In wenig mehr als einer Sekunde gelangte Mike in
    den schwarzen Schatten des Lukenrandes, aber er
war plötzlich felsenfest davon überzeugt, daß man ihn
einfach entdecken mußte. Und wenn schon nicht das,
so mußten seine Schritte, deren Dröhnen in seinen eigenen Ohren wie das Stampfen einer Elefantenherde
klang, im ganzen Hafen zu hören sein.
Aber das Wunder geschah - sowohl er und Paul als
auch alle anderen erreichten unbehelligt die Luke
und kauerten sich in den Schutz des Schattens. Niemand rief ihnen zu, stehenzubleiben. Nirgends gellte
eine Alarmsirene.
»Bleibt einen Moment hier«, flüsterte der Fremde, der
als letzter geduckt über das Deck herangeeilt kam und
sich neben Mike niederkauerte. »Ich sehe nach den
Wachen.«
Mike wollte ihn zurückhalten, aber er verschwand so
schnell wie ein Schatten, der schon nach einer Sekunde von der Nacht aufgesogen wurde. Mike hatte nie
einen Menschen getroffen, der sich so geschmeidig
und lautlos zu bewegen vermochte wie er.
»Wer ist das?« flüsterte Paul neben ihm.
»Ich habe keine Ahnung«, murmelte Mike.
»So, du hast keine Ahnung? Und wieso hat er dich
dann Herr genannt?«
Mike schwieg. Er hätte eine Menge darum gegeben,
die Antwort auf diese Frage zu kennen. Er spürte, daß
sein Schweigen Pauls Mißtrauen nur noch schüren
mußte.
Es vergingen nur Sekunden, bis der Fremde zurückkam. »Die Wache ist auf der anderen Seite«, flüsterte
er. »Wir haben Glück.« Er deutete nach rechts. »Mein
Boot liegt dort unten. Lauft zur Reling. Einzeln und
nacheinander. Ich passe hier auf.«
Da Juan der entsprechenden Bordseite am nächsten
war, huschte er als erster los. Nach wenigen Schritten
    erreichte er die Reling, beugte sich hinüber - und
kletterte ohne zu zögern auf der anderen Seite in die
Tiefe. Erst als ihm auch Ben auf die gleiche Weise
folgte, erkannte Mike die Strickleiter, die an der Reling verknotet war. Geduckt lief er los, erreichte die
Reling und schwang das Bein darüber.
In diesem Moment erscholl in der Dunkelheit hinter
ihm ein lautstarkes Scheppern und Klirren. Irgend etwas fiel mit einem gehörigen Krach um, der nun
wirklich bis zum Ufer zu hören sein mußte. Mike erstarrte mitten in der Bewegung.
Fast in der gleichen Sekunde erschien neben der
Brücke eine Gestalt. »Wer ist da?« rief eine Stimme.
Dann wurde sie schrill. »He - du da an der Reling!
Rühr dich nicht! Keine Bewegung!«
Mikes Herz schlug bis in seinen Hals hinauf, als der
Wachtposten die Arme in die Höhe riß und ein Gewehr auf ihn anlegte. Er hörte das Klicken der Sicherung, die herumgelegt wurde. Er würde sterben. Jetzt.
Doch der Schuß, auf den er wartete, kam nicht. Statt
dessen sah er aus den Augenwinkeln, wie hinter der
Ladeluke plötzlich eine zweite, schlanke Gestalt in die
Höhe wuchs und eine blitzartige Bewegung mit dem
Arm machte. Der Posten schien die Gefahr im letzten
Moment zu spüren, denn er fuhr herum und versuchte, mit seinem Gewehr auf die Gestalt zu zielen, aber
er war nicht schnell genug. Etwas flog wie ein silberner, sich irrsinnig schnell drehender Blitz durch die
Luft, bohrte sich mit einem dumpfen Schlag in seine
Brust und schmetterte ihn gegen die Decksaufbauten.
Der Mann schrie auf, ließ sein Gewehr fallen und
brach zusammen.
Paul und die anderen sprangen hinter ihrer Deckung
hervor und rannten zur Reling, ohne auch noch die
geringste Vorsicht zu wahren. Mike kletterte so hastig
    weiter hinunter, daß er ein paarmal Gefahr lief, den
Halt zu verlieren und abzustürzen.
Was ihr geheimnisvoller Retter als Boot bezeichnet
hatte, das entpuppte sich als Segeljacht, als Mike die
Strickleiter losließ und die letzten anderthalb Meter
einfach in die Tiefe sprang. Er verlor auf den rutschigen Planken das Gleichgewicht, fiel auf die Knie und
kroch hastig ein Stück zur Seite, damit ihm André
nicht in den Nacken sprang - was zweifellos geschehen wäre, denn hinter diesem drängten bereits Chris
und Miß McCrooder heran.
Doch auch ihre Verfolger hatten nicht aufgegeben. Als
die Gestalt ihres Retters über der Reling erschien, erscholl oben an Deck ein zorniger Schrei; gleich darauf
gellte das Schrillen einer Alarmpfeife durch die
Nacht, und dann krachte ein Schuß. Keine zehn Zentimeter neben dem Fremden stoben Funken aus dem
Metall der Reling, und die Kugel jaulte als Querschläger davon.
Der

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