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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Altar hinauf; er tat es mit der Verbissenheit eines Mannes, der mit letzter Kraft den Gipfel erreichen will. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er über die Versammelten schaute. Hinter ihm stand der Altar, und über ihm hing das große Kreuz der Eroberung, das die Konquistadoren getragen hatten, als sie in Peru einfielen.
    »Dies sind finstere Zeiten«, begann er, und seine Stimme trug kaum bis zu den hinteren Bänken. »Aber Gott wacht.« Er zeigte mit sorgenvollem Gesicht zur Kuppel hoch. »Ich bin nicht hier, um für eure Sicherheit oder die eurer Familien zu beten, wie ich es sonst in der Messe tue.« Er nickte. »Dies sind finstere Zeiten, und wir müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen.« Er wirkte teilnahmslos, und seiner Stimme fehlte die Kraft, die für seine Predigten immer kennzeichnend gewesen war.
    »Wisst ihr, warum ich für unsere Zusammenkunft heute diese Kirche ausgewählt habe? Weil sie den Triumph im Namen trägt. Denn sie wurde 1536 von Francisco Pizarro von Trujillo erbaut, nach seinem monumentalen Sieg über den verräterischen Manco Cápac II., den ernannten Führer der Inka-Stämme.« Der Ton des Bischofs wurde härter und sein Rücken ein bisschen gerader. »Nach dem vorzeitigen Ableben Atahualpas ernannte Pizarro ihn in seiner Güte zum obersten Inka.«
    Jeder in der Kirche kannte das traurige Schicksal Atahualpas. Nach seiner Gefangennahme durch Pizarro 1532 wurde ein Lösegeld festgesetzt, für das die Zelle des Gefangenen mit Gold und zwei weitere Räume mit Silber gefüllt werden sollten. Und obwohl der Inka-Adel die Forderung erfüllte, ließ Pizarro den König töten. Doch das war noch nicht der traurigste Teil der Geschichte. Pizarro verlangte von Atahualpa vor dessen Tod, den Inka-Göttern abzuschwören und zum Christentum überzutreten. Als der sich weigerte, ließ er ihn fesseln und drei Tage lang hilflos zusehen, wie seine Frauen und Kinder auf bestialische Weise ermordet wurden: Die Kinder wurden von hungrigen Hunden in Stücke gerissen, die Frauen wurden vergewaltigt und mit dem Schwert zerstückelt, Säuglinge wurden über dem Feuer gebraten. Für die peruanischen Ureinwohner brachte das schreckliche Ende Atahualpas auf ewig Schande über jeden Mann, der spanisches Blut in sich hatte.
    Plötzlich wurde die Stimme des Bischofs kräftiger. »Pizarro versuchte, mit dem Inka-Adel zusammenzuarbeiten, und erhielt einen Schlag ins Gesicht! Es war Pizarro, der große, von Gott ernannte Konquistador, der Manco Cápac II. auf den Inka-Thron setzte. Doch trotz der großen Ehre floh dieser in die Berge, wo er ein Heer von zweihunderttausend Wilden auf die Beine stellte! Er wagte es, Cusco zu belagern – er wagte es, die Kirche Christi herauszufordern!«
    Gonzales hatte keine Erklärung dafür, aber die Augen des Bischofs waren schwarz wie die Nacht.
    »Zehn Monate lang wurde die Stadt belagert!«, schrie der Bischof. »Zehn Monate lang! Aber trotz der feindlichen Überzahl siegte der große General Pizarro ... und Gott der Allmächtige trug seinen Teil dazu bei.« Der Bischof beugte sich über den Altar, als wollte er die drei Meter bis zum Boden der Kirche hinabspringen. »Er brachte die Pocken über die Heiden! Er brachte die Pest ... und sie starben zu Tausenden!« Dem Bischof flog der Speichel vom Mund. »Die dreckigen Heiden, die das überlebten, starben durch das Schwert. Begreift ihr nicht? Wer sich der Hand Gottes widersetzt, wird den höchsten Preis zahlen! Wer es wagt, das Wort Christi zu leugnen, wird dasselbe schreckliche Schicksal erleiden!«
    Schwer atmend griff der Bischof so fest um die Altarkante, dass seine Knöchel weiß wurden. Er wartete einen Moment, um sich zu beruhigen, dann warf er den Kopf in den Nacken und blickte in die Kuppel hinauf. »Darum heißt die Kirche El Triunfo«, sagte er ein wenig ruhiger. »Zur Feier dieses Sieges.«
    Wahrscheinlich gab es in der Kirche nur eine Hand voll Männer, die kein Inka-Blut in sich hatten. Sie ärgerten sich über den Verweis auf die Heiden, aber keiner hätte den Mut gehabt, das in diesem Augenblick zuzugeben. Sie hatten Angst vor dem Priester, der über ihnen an dem goldenen Altar stand.
    Der Bischof senkte den Blick. »Das war ein großer Triumph. Die Streiter des Herrn erhoben sich, als sie am meisten gebraucht wurden.«
    Der Bischof fand unter den versammelten Gesichtern das von Gonzales.
    »Und diese Zeit ist nun wiedergekommen. Unschuldige sterben, und viele in der vermeintlichen Sicherheit ihrer Betten.

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