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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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unerwartet laut. Helena spannte einen nicht sehr stabil wirkenden Schirm des Zugbetreibers auf. Und obwohl es eine Erleichterung war, aus der klimatisierten Luft herauszukommen, fühlte sich Helena schrecklich. Sie stieg die Trittleiter hinunter auf den losen Schiefer, der das Gleisbett säumte. Der Regen peitschte so heftig gegen ihren Schirm, dass er ihr in der Hand verrutschte, und sie spürte, wie sich ihre Hosenbeine unterhalb der Knie voll Wasser sogen.
    Ein Stück vor der Lok konnte sie die Silhouetten der Leute ausmachen, die gemeinsam die Steine wegschoben. Jenseits davon war nichts zu erkennen außer einem grauen Regenschleier, der durch das Tal fegte. Hinter ihr sprang Chad auf das Schieferbett. Sie trug einen roten Plastikponcho und eine Jagdbrille mit leuchtend orangefarbenen Gläsern.
    Sie lächelte. »Ich liebe Regen ... und ein bisschen Abenteuer.«
    »Da drüben steht eine alte Hütte«, sagte Helena, um ihrem Spaziergang ein Ziel zu geben. »Die können wir uns doch ansehen.«
    »Bitte seien Sie in fünf Minuten wieder hier!«, rief der Dienstleiter ihnen hinterher.
    Helena und Chad liefen über den aufgeweichten Grund auf die alte Hütte zu, die aussah, als stünde sie schon seit einer kleinen Ewigkeit dort. Sie befand sich keine zehn Meter vom Gleis entfernt, und Helena vermutete, dass sie während des Baus der Strecke den Arbeitern als Unterstand gedient hatte. Donner grollte durch das Tal, als Helena bis zum Knöchel in einem Schlammloch versank. Sie musste den Fuß vorsichtig herausziehen, damit ihr Stiefel nicht durch den Sog stecken blieb. Sie fühlte sich schlechter denn je und überlegte schon, ob es eine gute Idee gewesen war, nach draußen zu gehen.
    Der Himmel war so dunkel geworden, dass man meinen konnte, es sei Abend. Die Hütte war von Unkraut umgeben und hatte keine Fenster. Es sah aus, als wäre sie seit langem nicht betreten worden. Augenscheinlich war sie aus Eukalyptusholz gebaut – dem australischen Baum, der Ende des 19. Jahrhunderts in ganz Peru gepflanzt worden war, weil er sogar in großer Höhe besonders schnell wuchs und selbst lange Trockenphasen gut überstand.
    Chad fasste Helena an der Schulter. »Ich gehe zuerst hinein. Es könnten sich Tiere eingenistet haben ... oder Schlimmeres.«
    Unter ihrem Schirm drehte Helena sich zum Zug herum und sah, wie einige Passagiere zu ihnen herüberspähten. Plötzlich kam eine Windbö und knickte ihr die Schirmspeichen nach außen. Erschrocken und mit neuem Brechreiz in der Kehle sprang sie aus dem strömenden Regen in die Hütte und fragte sich, was als Nächstes schiefgehen würde.
    Sowie sie drinnen war, hatte sie eine Vision.
    Sie musste an sich halten, um nicht laut aufzuschreien. Sie sah Wilson Dowling – den Zeitreisenden! – auf dem Boden sitzen. Ein anderer Mann saß ihm gegenüber. Es war so real, als könnte sie die beiden anfassen!
    Die Männer waren in Unterhosen und lehnten sich jeder an einen Sattel. Ihre nasse Kleidung hing über ihnen an den Dachbalken zum Trocknen. Wilson aß Sardinen aus einer flachen Konservendose. Helena war verblüfft, wie detailliert ihre Vision war. In der Mitte der Hütte brannte ein Feuer, dessen Flammen zum Spitzdach hinaufzüngelten. Das Holz war augenscheinlich feucht, denn dichter weißer Rauch stieg in den Dachstuhl auf.
    Helena sah in Wilsons Gesicht und musste unwillkürlich lächeln. Er sah ein bisschen älter aus, als sie ihn in Erinnerung hatte. Er redete, und die Unterhaltung war anscheinend ernst, aber sie konnte weder seine Stimme noch etwas anderes hören außer dem prasselnden Regen draußen und Chads schweren Schritten. Helena spürte, dass ihre Leibwächterin dicht neben ihr war, aber die Vision dominierte ihr Gesichtsfeld.
    Der Mann gegenüber von Wilson rauchte eine Zigarette und trank Whiskey aus der Flasche. Er war ein hagerer Typ. Sein Gesicht kam ihr bekannt vor, aber sie konnte sich nicht besinnen, wo sie es schon einmal gesehen hatte. An der Wand lehnte ein Gewehr mit Zylinderverschluss – eine Springfield.
    Die Vision war mehr fesselnd als beängstigend. Helena hatte sich so oft vorgestellt, Wilson wiederzusehen, und obwohl sie wusste, dass sich die Szene nicht wirklich vor ihr abspielte, durchströmte sie ein Glücksgefühl, weil immer noch eine Verbindung zwischen ihnen bestand, wie sonderbar sie auch sein mochte. Wilson stach mit einer kleinen Gabel in eine fettige Sardine und hob sie zum Mund.
    Die Wände der Hütte sahen neu aus. Sie stand also noch nicht

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