Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
ewige Gefangenschaft im Inka-Würfel, sodass es ihn trieb, anderen die Unschuld und die Lebenskraft zu rauben.
    »Ich kann nicht wieder töten, nicht wieder vergewaltigen«, flehte der Bischof. Er hatte sich schon viele Male mit Seife und einer harten Bürste die Haut geschrubbt, bis sie wund war, aber die Gedanken an seine Taten konnte er damit nicht loswerden.
    »Du wirst mir gehorchen, mein Kind. Wenn nicht, werde ich deinen Körper in Besitz nehmen und selbst handeln. Das Ergebnis wird dasselbe sein ... oder schlimmer.« Es folgte ein langes Schweigen, dann sagte die Stimme: »Erinnere dich, mein Kind: Du warst es, der mich aufgesucht hat. Du warst es, der mich aus der Dunkelheit befreite, indem er die Männer nach Vilcabamba schickte und mein steinernes Gefängnis aufbrechen ließ. Aufgrund deiner Taten bin ich hier.«
    Offenbar hatte der Bischof mit seiner Gier eine Geißel auf die Welt losgelassen. Er allein war schuld daran.
    »Zieh dich an, mein Diener«, fuhr die Stimme fort. »Besucher nähern sich den Klostermauern. Sie haben schlechte Neuigkeiten für dich.«
    Trotz seiner Erschöpfung blieb dem Bischof nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Langsam kam er auf die Füße und legte sein Gewand an. »Wie kannst du wissen, dass jemand auf dem Weg hierher ist, Herr.«
    »Ich weiß alles.«
    »Aber wie ist das möglich?«
    »Ich besitze die Seelen aller Menschen. Sie sind durch eine unzerstörbare Kette mit mir verbunden. Ich höre, was sie denken.«
    Bischof Francisco dachte an den Moment zurück, als er den Inka-Würfel zum ersten Mal gesehen und berührt hatte. Er sah Juan Santillana vor sich knien und ihm das glänzende Ding entgegenstrecken, als wäre es die höchste Opfergabe. Am Boden lag der erstochene Monseñor Pera und daneben einer der Ministranten, der das Pech gehabt hatte, kurz nach dem Mord hereinzuplatzen. Ein grauer Esel war neben dem Altar an eine Säule gebunden, die nackte Angst in den Augen. Juan Santillana war von oben bis unten voller Blut, sogar im Gesicht und in den Haaren. Im Mund hatte er blutiges Fleisch. In dem Augenblick, als Bischof Francisco durch das Portal der Kathedrale ins Mittelschiff geschritten war, war sein Leben von gut in böse umgeschlagen. Trotz der schrecklichen Mordtaten und des entsetzlichen Gestanks griff er mit beiden Händen nach dem goldenen Würfel wie ein Verdurstender nach einer Frucht vom Baum des Lebens. Und mit der ersten Berührung war sein bisheriges Leben dahin, wurde er zum Besessenen.
    Es war der Fluch des Sonnengottes. Aber als er ihn erwähnte, geriet die Stimme in Wut. Dem Bischof floss Blut aus den Ohren, und er hatte starke Schmerzen. Nach einer Mahnung, den Sonnengott nie wieder zu erwähnen, schickte Pizarros Geist ihn in die Dunkelheit hinaus, um die eigene Nichte brutal zu ermorden. Was er dem jungen Leib danach angetan hatte, war so verkommen, dass er nur bei dem Gedanken daran würgen musste, bis er meinte, seinen Magen auszustülpen.
    Jetzt war sein Leben verflucht wegen dieses Inka-Würfels.
    Das symmetrische Objekt passte in eine Hand, aber sein Gewicht war enorm, sodass man es mit beiden Händen halten musste. Sein Anblick fesselte: die messerscharfen Kanten, der Glanz des Goldes, das wie von innen zu leuchten schien, das enorme Gewicht und wie sich die Kerzenflammen darin spiegelten.
    In dem Moment war Juan Santillana mit schweren Schritten durchs Seitenportal aus der Kirche gerannt, hinaus in den strömenden Regen. Danach wurde er nicht mehr gesehen.
    Bischof Francisco verfluchte sich, weil er den Würfel hatte haben wollen. Er hatte davon erfahren, weil Corsell Santillana, Juans jüngerer Bruder, die Sage vom heiligen Inka-Schatz in der Beichte bei Monseñor Pera erwähnt hatte. Das war im Winter gewesen, sieben Monate zuvor. Seitdem hatte eine Kette von Ereignissen zu der Festnahme von Corsells Frau geführt, eines außergewöhnlichen Geschöpfes namens Vivane, das jetzt gefesselt in den Gewölben unter dem Kloster lag. Sie glaubte, Corsell sei noch am Leben, doch der war auf Befehl des Bischofs in aller Öffentlichkeit am Kreuz gestorben und zuvor betäubt worden, damit er nicht reden konnte.
    »Gonzales nähert sich der Tür«, sagte die Stimme. »Er ist dein Besucher. Er kommt ohne Wilson Dowling. Er hat seine Pflicht verletzt, indem er die Verfolgung aufgegeben hat. Er hatte die eindeutige Anweisung, erst zurückzukehren, wenn er diesen Mann entweder gefangen genommen oder getötet hat. Solcher Ungehorsam kann nicht

Weitere Kostenlose Bücher