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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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war sicher, dass er jemanden neben sich spürte, auch wenn er ihn nicht sehen konnte. Er wusste nicht, ob er rennen oder stehen bleiben oder über die Mauer springen sollte.
    Dann hörte er ein Rauschen in der Luft und sah den schwarzen Kondor mit ausgestreckten Klauen auf sich zusausen. Er warf sich hinter die Steine, während der Vogel über seinen Kopf hinwegflog und auf dem herausgebrochenen Granitblock landete.
    Vorsichtig hob Wilson den Kopf aus dem Gras.
    Der Kondor blickte ihn an und hielt die Flügel ausgebreitet. Er stieß einen langgezogenen Schrei aus, bei dem Wilson sich die Finger in die Ohren stecken wollte. Dann legte das Tier die Flügel an und blieb reglos sitzen.
    »Das ist doch verrückt«, murmelte Wilson.
    Eine kräftige Frauenstimme störte die Stille. »Wir haben deinem Freund eine Klinge an den Hals gesetzt. Du wirst dich ergeben, oder wir schneiden ihm den Kopf ab!« Der Ton war äußerst aggressiv.
    Oben auf dem Sonnentempel erschien eine der Kriegerinnen mit grün bemaltem Gesicht und Körper. Sie schritt selbstbewusst am Rand der Außenmauer entlang, in der Rechten einen Bogen. Sie stand fünfzehn Meter über ihm und hatte die Sonne im Rücken. Wilson erkannte sie trotzdem sofort.
    »Ihr dürft ihm nichts tun!«, schrie Wilson. »Mein Freund ist wichtig für diesen Ort, auch wenn ihr das nicht verstehen könnt.«
    »Ich werde entscheiden, ob er lebt oder stirbt«, erwiderte die Amazone.
    »Ich hätte dich und deine Kriegerinnen an der Brücke des Kondors töten können«, rief Wilson zu ihr hinauf. »Ich schlage vor, dass du das bedenkst.«
    »Für die Jungfrauen der Sonne ist es eine Ehre, als Beschützerinnen von Vilcabamba zu sterben«, erwiderte sie stolz. »Erwarte keine Gnade zum Dank.«
    »Aber ihr habt bei eurer Aufgabe versagt ... und ihr werdet die Lage verschlimmern, wenn ihr überstürzt handelt.«
    »Du darfst nicht hier sein, Wilson Dowling. Unsere Aufgabe ist es, die heilige Stadt zu schützen, um jeden Preis. Du bist hier eingedrungen!«
    Er konnte sich jetzt nicht mit der Frage aufhalten, woher sie seinen Namen kannte. »Der Tempel wurde aufgebrochen, bevor wir hierher kamen«, hielt Wilson ihr entgegen.
    Sie nickte. »Das ist wahr. Und es gibt nur einen Grund, warum du noch atmest: Apu hat den Kondor zu deinem Schutz gesandt.« Der Vogel saß auf dem dreieckigen Granitbrocken und wetzte seinen Schnabel daran. Das schwarze Gefieder schimmerte in der Nachmittagssonne.
    »Habt ihr den goldenen Würfel?«, fragte Wilson.
    Die Amazone rührte sich nicht, und im Gegenlicht war ihr Gesicht nicht zu erkennen. »Der Würfel ist verloren«, antwortete sie schließlich.
    »Und was ist mit den Männern, deren Namen in die Stufen geritzt sind?«
    »Jesu´ s Velarde ist tot. In den Bergen getötet.«
    »Ist der andere der Gekreuzigte?«, fragte Wilson.
    »Das ist Corsell Santillana, sein Bruder.«
    »Sein Bruder?«
    »Durch Corsell Santillana wurden der Welt die Geheimnisse Vilcabambas und des goldenen Würfels enthüllt.«
    »Und woher hatte dieser Corsell sein Wissen?«, fragte Wilson.
    »Von meiner Schwester«, antwortete die Amazone. »Vivane vertraute einem Mann und wurde betrogen!« Sie klang wütend.
    »Der innere Tempel wurde geöffnet, indem sie Löcher in den Stein bohrten, Hölzchen hineinsteckten und diese aufquellen ließen, bis der Stein brach.«
    »Ein uraltes Verfahren, das uns gelehrt wurde für den Fall, dass wir den Würfel einmal selbst entfernen müssten.«
    »Wie heißt du, Kriegerin?«
    »Ich bin Aclla, Oberste der Jungfrauen der Sonne, der Beschützerinnen Vilcabambas und Hüterinnen des goldenen Würfels.«
    Wilson verstand nicht, wieso im Auftragstext nichts von den Kriegerinnen gestanden hatte. »Du musst auf mich hören«, sagte Wilson. »Hiram Bingham darf nicht zu Schaden kommen. Sein Schicksal ist mit diesem Ort verbunden.«
    In diesem Moment breitete der Kondor die Flügel aus und machte einen Satz von dem Stein, schlug mit den Schwingen und flog direkt auf Wilson zu, was diesen zwang, sich ins Gras zu ducken. Der Vogel sauste über das Tal und stieg dann kreisend in die Höhe.
    »Du wirst mit mir nach Pitcos kommen!«, rief Aclla. »Du wirst vor die drei Mamaconas gebracht, unsere Orakel. Sie werden über dein Schicksal entscheiden.«
    Plötzlich bemerkte Wilson im Innern der aufgesprengten Tempelkammer einen sonderbaren Lichtschimmer. Dort schien eine Frau im Zwielicht zu stehen, doch so angestrengt er spähte, er konnte sie nicht deutlicher erkennen.

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