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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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wenn
    ich sage, daß er die weit verbreitete, typisch englische
    Angewohnheit hat, so zu sprechen, daß man nur mit Mühe
    etwas versteht. Für mich wird es immer unverständlich bleiben,
    warum Leute, die etwas zu sagen haben, es nicht so sagen, daß
    man es auch versteht. Sie verhalten sich wie jemand, der eine
    kostbare Flüssigkeit durch ein verstopftes Rohr leiten will, das
    mit einem Handgriff freigemacht werden könnte.
    Wie dem auch sei, Professor Murray richtete einige
    tiefsinnige Worte an seine weißen Manschetten und die
    Wasserkaraffe auf dem Pult vor sich. Dem Silberleuchter neben
    der Karaffe widmete er eine spaßige Bemerkung, bevor er sich
    wieder setzte und Mr. Waldron sich unter Beifall erhob und
    zum Pult kam.
    Der populäre Wissenschaftler war ein steifer, hagerer
    Mann mit rasselnder Stimme und aggressivem Auftreten, der
    das Talent besaß, sich die Ideen anderer anzueignen und sie in
    verständlicher und durchaus interessanter Form an ein Publikum
    von Laien weiterzugeben. Selbst den unwahrscheinlichsten
    Themen konnte er eine witzige Seite abgewinnen. Der Verlauf
    der Äquinoktien oder die Entwicklungsgeschichte der
    Säugetiere nahmen sich äußerst humorig aus, wenn er darüber
    referierte.
    An jenem Abend eröffnete Mr. Waldron seinen Hörern in
    klarer, oft bildreicher Sprache eine Vogelperspektive der
    Schöpfungsgeschichte nach neuesten Erkenntnissen der
    Wissenschaft. Er ließ nichts aus: die Erdkugel, ursprünglich
    eine Masse glühender Gase im All, dann die Abkühlung, die
    Verfestigung, die Schrumpfung, wodurch Berge und Täler
    entstanden, die Kondensation von Dampf zu Wasser, das
    langsame Entstehen einer Bühne, auf der sich das unerklärliche
    Drama des Lebens abspielen sollte. Über die Entstehung des
    Lebens hatte er nur ein paar vage, zurückhaltende Sätze zu
    sagen. Daß eventuelles Leben die Höllenglut der
    Entstehungsgeschichte überstanden haben könnte, meinte er,
    sei mit Sicherheit auszuschließen. Also mußte es später
    entstanden sein. Hatte es sich aus den abgekühlten
    anorganischen Elementen der Erde entwickelt? Wahrscheinlich.
    War es aus dem All gekommen? Kaum vorstellbar. Selbst der
    weiseste Mann tue gut daran, sich in dem Punkt nicht
    festzulegen. Organisches Leben aus anorganischen Elementen
    zu erzeugen, sei bisher in den Laboratorien noch nicht
    gelungen. Die Schlucht zwischen Unbelebtem und Leben
    könne von der Chemie nicht überbrückt werden. Aber in der
    Natur gäbe es eine höhere und feinere Chemie, die mit großen
    Kräften und über lange Epochen hinweg arbeite und durchaus
    Resultate erzielen könne, die für uns Menschen unerreichbar
    seien. Dabei müsse man es eben bewenden lassen.
    Damit kam der Vortragende zu der nie enden wollenden
    Leiter tierischen Lebens. Er fing ganz unten bei den Mollusken
    und den winzigen Seetieren an und arbeitete sich Sprosse für
    Sprosse nach oben. Primitive Reptilien, Fische und Schalentiere
    und schließlich eine Känguruhratte, die als erstes Geschöpf
    lebende Junge zur Welt gebracht hatte und damit der direkte
    Vorfahre aller Säugetiere und wohl auch aller Anwesenden
    im Saal sei.
    »Aber nicht von mir!« rief ein vorlauter Student aus einer
    der hinteren Reihen.
    »Aha, nicht von Ihnen«, ging Waldron sofort auf den
    Zwischenruf ein. »Dann sind der junge Herr wohl persönlich
    aus dem Ei geschlüpft, und ich darf ihn bitten, nach der
    Vorlesung bei mir vorstellig zu werden, denn ein solches
    Kuriosum mit eigenen Augen zu sehen, möchte ich mir
    wahrhaft nicht entgehen lassen.«
    Großes Gelächter.
    »Der Gedanke«, fuhr Waldron fort, als es sich wieder gelegt
    hatte, »daß der Höhepunkt des viele Jahrtausende dauernden
    Prozesses der Entwicklungsgeschichte das Ausschlüpfen des
    jungen Mannes da hinten gewesen sein soll, wirkt befremdend
    auf mich. Ist damit der Prozeß beendet? Soll der junge Mann
    da hinten das Endprodukt sein? Ich möchte dem jungen Mann,
    der im Privatleben gewiß seine Tugenden haben mag, nicht zu
    nahe treten, aber wenn die Entwicklungsvorgänge des
    Universums mit seiner Entstehung abgeschlossen sein sollen,
    dann wage ich zu behaupten, daß sich weder Zeit- noch
    Kraftaufwand gelohnt haben. Nein, ich bin überzeugt davon,
    daß der Prozeß noch nicht abgeschlossen ist und wir größere
    Ergebnisse erwarten dürfen.«
    Nachdem der Redner unter Beifall und Gelächter den
    Zwischenrufer fertiggemacht hatte, kam er wieder zum
    eigentlichen Thema. Er sprach von der Austrocknung
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