Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
der
    Meere, dem Auftauchen von Sandbänken, dem schleimigen
    Leben, das an ihren Rändern klebte, von Lagunen und dem
    Trieb der Meeresbewohner, auf Schlammablagerungen
    Zuflucht zu suchen, von der Überfülle von Nahrung, die
    vorhanden war und ihr schnelles Wachstum begünstigte.
    »Und so, meine Damen und Herren«, fügte er hinzu,
    »entstand jene furchterregende Gattung von Sauriern, die uns
    heute noch Schrecken einjagt, wenn wir sie im Wealdener oder
    Solnhofener Schiefer sehen, die jedoch glücklicherweise vor
    dem ersten Erscheinen der Menschheit auf diesem Planeten
    ausgestorben ist.«
    »Irrtum!« dröhnte eine Stimme vom Podium.
    Mr. Waldron war ein Mann von strenger Disziplin und –
    wie am Beispiel des jungen Zwischenrufers bewiesen –
    beißendem Spott. Ihn zu unterbrechen, war gefährlich. Diese
    Unterbrechung jedoch, dieser Zwischenruf war für ihn so
    absurd, daß er völlig perplex war. Es hatte ihm buchstäblich
    die Rede verschlagen. Nach einem Moment jedoch hatte er
    sich wieder gefangen.
    »Welche jedoch vor dem ersten Erscheinen der Menschheit
    ausgestorben sind«, wiederholte er mit erhobener Stimme.
    »Irrtum!« dröhnte die Stimme erneut.
    Verwundert sah Waldron an der Reihe von Professoren auf
    dem Podium entlang, bis sein Blick auf Challenger geheftet
    war, der mit geschlossenen Augen und einem amüsierten
    Lächeln auf seinem Stuhl lehnte.
    »Ach so«, sagte Waldron und zuckte die Achseln. »Mein
    besonderer Freund, Professor Challenger.«
    Alles lachte.
    Als sei damit alles erklärt, fuhr der Referent in seinem
    Vortrag fort.
    Aber damit war die Angelegenheit noch lange nicht erledigt.
    Welchen Pfad Waldron auch wählte, um sich durch das
    Labyrinth der Vergangenheit zu schlängeln, er kam
    unweigerlich immer wieder zu einem Punkt, wo er eine
    Bemerkung über ausgestorbenes, prähistorisches Leben machte
    und prompt dröhnenden Protest von Seiten des Professors
    erntete. Die Hörer warteten schon darauf und brüllten jedesmal
    vor Lachen. Es kam so weit, daß die Studenten im Chor
    ›Irrtum‹ schrien, wenn Challenger bloß den Mund aufmachte.
    Sein Zwischenruf wurde von Hunderten von Kehlen übertönt,
    was ihn allerdings nicht weiter zu stören schien.
    Obwohl Waldron ein erfahrener, hartgesottener Redner
    war, geriet er mit der Zeit völlig aus dem Konzept. Er wurde
    unsicher, stotterte, wiederholte sich, verhedderte sich
    grammatikalisch und ging schließlich auf den Störenfried los.
    »Das geht nun wirklich zu weit!« rief er. »Ich muß Sie
    bitten, Professor Challenger, Ihre unpassenden und
    ungezogenen Bemerkungen für sich zu behalten.«
    Im Saal wurde es mäuschenstill. Die Studenten waren starr
    vor Begeisterung. Die unnahbaren Götter des Olymp keiften
    sich gegenseitig an, und das war ein einmaliges Schauspiel.
    Challenger quälte sich langsam in die Höhe.
    »Und ich muß Sie bitten, Mr. Waldron«, sagte er,
    »Behauptungen für sich zu behalten, die im krassen Gegensatz
    zu wissenschaftlichen Tatsachen stehen.«
    Jetzt war die Hölle los.
    »Unerhört … rausschmeißen … Ruhe … runter vom
    Podium … hört, hört!«
    Alles schrie und lachte durcheinander.
    Der Dekan der Fakultät sprang von seinem Stuhl auf,
    fuchtelte mit den Armen in der Luft herum und bat um Ruhe
    und Ordnung. Als er sich endlich Gehör hatte verschaffen
    können, forderte er Professor Challenger auf, persönliche
    Ansichten nach der Vorlesung anzubringen, aber nicht jetzt.
    Professor Challenger verbeugte sich, lächelte, strich sich
    über den Bart und nahm wieder Platz.
    Waldron fuhr in seinem Vortrag fort. Wenn ihm eine
    kritische Behauptung entschlüpfte, bedachte er Challenger
    sofort mit einem ängstlichen Blick, doch dieser saß lächelnd
    und schweigend auf seinem Stuhl und schien zu schlafen.
    Schließlich erreichte der Vortrag seinen, wie ich meine,
    etwas verfrühten Abschluß. Der letzte Teil seiner Rede war
    jedenfalls hastig und zusammenhanglos in den Saal geworfen.
    Jetzt warteten die Hörer darauf, daß etwas passierte. Waldron
    nahm Platz, der Dekan sprach ein paar Worte, und schließlich
    erhob sich Professor Challenger und trat hinter das Rednerpult.
    Im Interesse meiner Zeitung hielt ich seine Rede wörtlich fest.
    Hier die Abschrift meines Protokolls:
    »Meine Damen und Herren …«
    Unruhe und Lärm in den hinteren Reihen.
    »Meine Damen, meine Herren – liebe Kinder, verzeihen Sie,
    daß ich eben nicht die gesamte Zuhörerschaft begrüßt habe.«
    Gelächter. Der

Weitere Kostenlose Bücher