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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Meter weit lief sie fast geradlinig in
    den Felsen hinein und stieg dann in einem Winkel von
    fünfundvierzig Grad an. Sehr bald wurde dieser Anstieg noch
    steiler, und wir krochen auf Händen und Knien über loses
    Geröll, das unter uns nachgab und abrutschte.
    Plötzlich ein enttäuschter Ausruf von Lord John Roxton.
    »Hier geht’s nicht weiter!«
    Wir drängten uns hinter ihn und sahen im gelben
    Lichtschein der Taschenlampe eine Mauer aus zerbrochenem
    Basalt, die bis zur Decke reichte.
    »Das Dach ist eingestürzt!«
    Wir zerrten einige Brocken heraus. Der Erfolg war, daß
    sich größere Stücke lockerten und drohten, den Abhang
    herunterzurollen und uns zu zermalmen. Es wurde uns klar,
    daß wir mit unseren Mitteln nichts ausrichten konnten. Maple
    Whites Aufstieg konnten wir nicht mehr benutzen.
    Niedergeschlagen und wortlos stolperten wir den dunklen
    Tunnel wieder hinab und machten uns auf den Weg zum
    Lager.
    Ehe wir die Schlucht verlassen hatten, ereignete sich jedoch
    ein Zwischenfall, der im Hinblick auf die späteren
    Geschehnisse von Bedeutung war.
    Wir hatten uns gerade auf dem Grunde der Schlucht
    versammelt, etwa vierzig Fuß unterhalb der Höhlenöffnung, als
    plötzlich ein gewaltiger Felsblock herabgerollt kam und mit
    unheimlicher Wucht an uns vorbeischoß. Er verfehlte uns nur
    um Haaresbreite. Woher er gekommen war, konnten wir nicht
    erkennen. Aber die Mestizen, die noch am Höhleneingang
    waren, sagten, daß er an ihnen vorbeigeflogen wäre und
    deshalb von oben heruntergefallen sein müßte.
    Wir blickten hoch, konnten aber im Dschungel auf den
    Klippen keinerlei Bewegung entdecken. Trotzdem zweifelte
    niemand daran, daß der Steinbrocken uns gegolten hatte und
    sich demzufolge Menschen auf dem Plateau befinden mußten.
    Wir zogen uns eilig aus der Schlucht zurück. Jeder hing
    seinen eigenen düsteren Gedanken nach. Die Lage erschien
    ohnehin schwierig genug. Wenn nun zu den natürlichen
    Hindernissen zu allem Überfluß noch menschlicher
    Widerstand hinzukam, war unsere Lage aussichtslos. Dennoch
    gab es nicht einen unter uns, der nach London zurückkehren
    wollte, bevor wir das Plateau restlos erforscht hatten.
    Wir erörterten die Situation und kamen zu dem Schluß, am
    besten die Umgehung des Plateaus weiter fortzusetzen. Dabei
    hofften wir, noch eine andere Möglichkeit zu entdecken, um
    hinaufzukommen. Die Klippen, die hier beträchtlich niedriger
    waren, bogen jetzt von Westen nach Norden ab. Wenn das
    Plateau rund war, konnte sein Gesamtumfang nicht allzu groß
    sein. Schlimmstenfalls würden wir in ein paar Tagen wieder an
    unseren Ausgangspunkt zurückkehren.
    An
    diesem
    Tag
    marschierten
    wir
    insgesamt
    zweiundzwanzig Meilen, ohne etwas Neues zu entdecken. Der
    Höhenmesser zeigte an, daß wir uns nun dreitausend Fuß über
    dem Meeresspiegel befanden. Damit erklärte sich auch der
    Unterschied in Temperatur und Pflanzenwuchs. Die
    schreckliche Insektenplage, diesen Fluch der Tropen, waren wir
    endlich los. Vereinzelt ein paar Palmen, sonst Baumfarne. Die
    Riesenbäume des Amazonasgebiets lagen endgültig hinter uns.
    Inmitten dieser unwirtlichen Felsen blühten Passionsblumen
    und Begonien, die uns wie ein Gruß der Heimat erschienen.
    §
    An jenem Abend – ich spreche immer noch vom ersten Tag
    unserer Rundreise um das Plateau – erwartete uns noch ein
    bedeutendes Erlebnis. Ein Erlebnis, das endgültig den letzten
    Zweifel an den wunderbaren Dingen, die uns greifbar
    nahegerückt waren, beseitigte.
    Wenn Sie dies lesen, lieber Mr. McArdle, werden Sie
    vielleicht zum erstenmal erkennen, daß es sich hier nicht etwa
    um ein fruchtloses Unterfangen handelt, sondern daß
    zugkräftige Schlagzeilen und ein zündender Bericht zu
    erwarten sind, sobald wir Professor Challengers Erlaubnis zur
    Veröffentlichung haben. Und ich werde diesen Artikel nur
    dann veröffentlichen, wenn es mir gelingt, stichhaltige
    Beweise mit nach England zu bringen. Ich möchte nicht in den
    Verruf kommen, Lügen zu verbreiten. Auch Sie werden den
    guten Ruf der Gazette wegen dieses Abenteuers nicht aufs Spiel
    setzen wollen, ehe wir dem Chor von Kritikern und
    Ungläubigen, der notwendigerweise laut würde, entsprechend
    begegnen können. Also muß diese Begebenheit, die ich jetzt
    schildern werde und die tolle Schlagzeilen machen könnte,
    noch in der Redaktionsschublade liegen bleiben.
    Folgendes: Lord John hatte ein Ajouti geschossen – das ist
    ein kleines, unserem Schwein ähnliches Tier.

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