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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Nachdem wir die
    Hälfte davon den Indianern gegeben hatten, kochten wir
    unsere Hälfte auf dem Feuer. Die Luft war nach Einbruch der
    Dunkelheit kühl, und wir waren alle nahe an die Flammen
    gerückt. Der Mond stand noch nicht am Himmel, aber im
    Schein der Sterne konnte man die Ebene ein kleines Stück weit
    überblicken. Plötzlich stieß etwas Riesiges schwirrend aus
    der Dunkelheit hernieder. Unsere Gruppe saß für einen
    Augenblick unter einem Baldachin aus ledernen Flügeln. Ich
    hatte eine blitzartige Vision von einem langen, schlangenartigen
    Hals, einem wilden, gierigen, roten Auge und einem großen,
    zuschnappenden Schnabel, der zu meiner Überraschung mit
    kleinen, blinkenden Zähnen besetzt war. Im nächsten
    Augenblick war das unheimliche Wesen wieder fort – und mit
    ihm unsere Mahlzeit. Ein gewaltiger schwarzer Schatten von
    zwanzig Fuß Durchmesser schwang sich in die Luft hinauf.
    Einen Moment lang verdeckten die ungeheuren Flügel die
    Sterne, und dann verschwand es hinter dem Rand der Klippen
    über uns. Wir alle saßen wie erstarrt da und blickten uns
    erschrocken an. Summerlee fand als erster die Sprache wieder.
    »Professor Challenger«, sagte er mit feierlicher Stimme,
    »ich muß Sie um Verzeihung bitten. Ich war sehr im Unrecht,
    und ich bitte Sie, das Vergangene zu vergessen.«
    Die beiden Männer reichten sich zum erstenmal die Hand,
    was
    dem
    Erscheinen
    unseres
    ersten
    Pterodactylos
    zuzuschreiben war. Zwei solche Männer zusammenzuführen,
    war wohl mit einem gestohlenen Abendessen nicht zu teuer
    bezahlt.
    §
    Aber das vorgeschichtliche Leben, dessen Existenz auf dem
    Plateau für uns nun erwiesen war, konnte keineswegs im
    Überfluß vorhanden sein. Während der nächsten drei Tage
    bekamen wir nichts mehr davon zu Gesicht. In dieser Zeit
    durchquerten wir eine unfruchtbare und öde Gegend auf der
    Nord- und Ostseite der Klippen, die teils aus Felswüste, teils
    aus einsamen Moorflächen voller Wildvögel bestand. Hier war
    das Plateau bestimmt unzugänglich, und hätte es nicht direkt an
    der Basis der Felswand eine feste Kante gegeben, so hätten wir
    umkehren müssen. Mehrere Male steckten wir bis zum Gürtel
    im Schlamm eines Sumpfes. Obendrein schien dieser Ort ein
    beliebter Brutplatz der Jaracara-Schlange zu sein, der
    angriffslustigen und gefährlichsten Giftschlange Südamerikas.
    Immer wieder krochen und zischten diese schrecklichen
    Kreaturen über die Oberfläche des fauligen Morastes auf uns
    zu. Nur mit ständig schußbereit gehaltenem Gewehr fühlten
    wir uns vor ihnen einigermaßen sicher.
    Eine trichterförmige, von faulendem Moos blaßgrün
    gefärbte Bodenvertiefung werde ich zeitlebens nicht vergessen.
    Sie muß ein besonders bevorzugter Aufenthaltsort dieses
    Natterngezüchts gewesen sein. Ihre Hänge wimmelten von
    Schlangen, die alle auf uns zugekrochen kamen. Es ist eine
    Eigenart der Jaracara, Menschen anzugreifen, ohne von ihnen
    auf irgendeine Art belästigt oder angegriffen worden zu sein.
    Zum Erschießen waren es zu viele. So ergriffen wir die Flucht
    und rannten, bis wir nicht mehr konnten. Nie werde ich
    vergessen, wie wir beim Zurückblicken noch weit hinter uns
    die Köpfe und Hälse unserer Verfolger zu Dutzenden auf- und
    niederwogen sahen. Auf unserer Karte bezeichneten wir diese
    Stelle als Jaracara-Sumpf.
    Die Klippen hatten ihre rötliche Färbung verloren und
    waren nun schokoladenbraun. Die Vegetation war spärlicher
    geworden und die Höhe der Felskante auf drei- oder
    vierhundert Fuß abgesunken. Aber an keiner Stelle konnten wir
    einen Punkt entdecken, von dem aus sich ein Aufstieg
    versuchen ließ.
    »Es muß doch irgendwie Wasserrinnen in den Felsen geben«,
    sagte ich bei unserer Lagebesprechung. »Irgendwo muß das
    Regenwasser abfließen.«
    »Unser junger Freund hat lichte Momente«, meinte
    Professor Challenger daraufhin und klopfte mir wohlwollend
    auf die Schulter.
    »Irgendwo muß das Regenwasser doch abfließen«,
    wiederholte ich.
    »Normalerweise schon«, sagte Professor Challenger. »Leider
    konnten wir aber aller Logik zum Trotz keine Wasserrinnen
    entdecken.«
    »Wo bleibt dann das Regenwasser?« fragte ich.
    »Wenn es nicht nach außen ablaufen kann, dann wird es
    wohl nach innen ablaufen.«
    »Demnach müßte es auf dem Plateau einen See geben.«
    »Das ist anzunehmen.«
    »Und es ist weiterhin anzunehmen«, sagte Professor
    Summerlee, »daß sich das Wasser in einem alten Krater
    sammelt, denn die Formation dieser

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