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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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bestand – wir mußten mit
    unseren Vorräten sparen –, hielten wir Kriegsrat und berieten,
    wie wir am besten auf das Plateau gelangen könnten.
    Challenger führte den Vorsitz mit einer Feierlichkeit, als
    wäre er der Oberste Richter persönlich. Man muß ihn sich
    vorstellen, wie er auf einem Felsen thronte, seinen komischen
    Kinderstrohhut ins Genick geschoben. Seine hochmütigen
    Augen unter den gesenkten Lidern blickten auf uns herab, und
    sein großer Bart wackelte, während er uns bedächtig unsere
    gegenwärtige Lage und seine Pläne auseinandersetzte.
    Zu seinen Füßen wir drei – ich, jung, sonnenverbrannt und
    von unserem Fußmarsch in frischer Luft gekräftigt.
    Summerlee, schweigsam, in den Dunst seiner unvermeidlichen
    Pfeife gehüllt. Lord John, scharf wie ein Rasiermesser, die
    elastische, wachsame Gestalt auf die Flinte gestützt, die
    Adleraugen aufmerksam auf den Sprecher geheftet. Hinter uns
    die beiden dunkelhäutigen Indianer, während vor uns die
    gewaltigen rotbraunen Felsklippen aufragten, die uns den
    Zugang zu unserem Ziel verwehrten.
    »Ich brauche wohl nicht zu erwähnen«, sagte Professor
    Challenger, »daß ich damals auf jede mögliche Art versucht
    habe, die Klippen zu ersteigen. Ich hatte keinerlei Hilfsmittel
    für das Klettern im Fels bei mir, habe jedoch diesmal
    vorsorglich alles Notwendige mitgebracht. So bin ich sicher,
    diese einzelne Zinne bis zur Spitze ersteigen zu können. Da
    aber die Hauptklippen so weit überhängen, ist jeder
    Aufstiegsversuch an ihnen aussichtslos. Bei meinem letzten
    Besuch wurde ich durch die nahende Regenzeit zur Eile
    getrieben. Meine Zeit war begrenzt, und ich konnte die Klippen
    nur bis etwa sechs Meilen nach Osten hin untersuchen, aber
    keinen Weg nach oben finden. Was sollen wir demnach jetzt
    unternehmen?«
    »Es scheint nur einen vernünftigen Weg zu geben«, sagte
    Professor Summerlee. »Wenn Sie den Osten erforscht haben,
    sollten wir am Fuß der Klippen nach Westen gehen und dort
    nach einem geeigneten Punkt für unseren Aufstieg suchen.«
    »Ganz meine Meinung«, sagte Lord John. »Alles spricht
    dafür, daß dieses Plateau keine sehr große Ausdehnung hat. Wir
    werden an ihm entlanggehen, bis wir entweder einen leichten
    Weg nach oben entdecken oder an unseren Ausgangspunkt
    zurückkommen.«
    »Ich habe unserem jungen Freund hier bereits erklärt«, sagte
    Challenger – er pflegt von mir zu sprechen, als ob ich ein
    zehnjähriges Schulkind wäre –, »daß es ausgeschlossen ist,
    irgendwo einen leichten Weg nach oben zu finden. Und zwar
    aus dem einfachen Grund, weil in diesem Falle das Plateau
    nicht von der Außenwelt abgeschnitten und damit die
    Voraussetzungen nicht gegeben wären, die dazu geführt haben,
    daß die allgemein gültigen Gesetze der Evolution außer Kraft
    gesetzt wurden. Ich gebe aber zu, daß es durchaus Stellen geben
    könnte, an denen ein tüchtiger Mann nach oben gelangen, ein
    schwerfälliges, riesiges Tier jedoch nicht herunterkommen
    könnte. Es ist sogar ganz sicher, daß es einen Punkt gibt, wo
    ein Aufstieg möglich ist.«
    »Und woher wollen Sie das wissen?« fragte Summerlee
    scharf.
    »Weil meinem Vorgänger, dem Amerikaner Maple White,
    ein solcher Aufstieg gelungen ist. Wie könnte er das
    Ungeheuer, das er in seinem Heft skizziert hat, sonst gesehen
    haben?«
    »Da eilen Sie mit Ihren Schlußfolgerungen den bewiesenen
    Tatsachen aber weit voraus«, sagte der hartnäckige
    Summerlee. »Ihr Plateau erkenne ich an, weil ich es gesehen
    habe. Aber bisher habe ich mich noch keineswegs davon
    überzeugen können, daß es dort tierisches Leben in irgendeiner
    Form gibt.«
    »Was Sie anerkennen und was Sie nicht anerkennen, mein
    lieber Herr Kollege, ist von unvorstellbar geringer Bedeutung.
    Ich freue mich allerdings, das gebe ich zu, daß Ihnen
    wenigstens das Plateau nicht entgangen ist.« Er deutete hinauf,
    sprang im selben Augenblick von seinem Felsblock, packte
    Summerlee am Genick und drehte ihm das Gesicht nach oben.
    »Da!« schrie er aufgeregt. »Sehen Sie jetzt nicht vielleicht mit
    eigenen Augen, daß es da droben tierisches Leben gibt?«
    Aus dem dicken Saum grüner Vegetation, die über den
    Rand der Klippen hing, löste sich etwas dunkel Schillerndes,
    kam langsam weiter nach vorn und hing schließlich frei über
    dem Abgrund. Ich brauchte einen Moment, bis ich wußte, daß
    mich meine Augen nicht trogen. Es war eindeutig eine
    Schlange. Eine riesige Schlange mit einem

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