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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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wissen Sie«, sagte Lord John. »Aber
    Sie haben sich mir unterzuordnen, wenn etwas in mein
    Ressort fällt.«
    »In Ihr Ressort?«
    »Jeder von uns hat seinen Beruf, und meiner ist nun einmal
    der des Soldaten. Wenn ich die Situation richtig einschätze,
    sind wir im Begriff, ein fremdes Land zu erforschen, das vom
    Feind besetzt sein kann. Sich aus Mangel an gesundem
    Menschenverstand und Geduld blindlings da hineinzustürzen,
    entspricht nicht meinen Vorstellungen von Kriegsführung.«
    Challenger nahm die Argumente lächelnd hin. »Und was
    schlagen Sie vor, Lord John?« fragte er.
    »Wer weiß, ob nicht eine Bande von Kannibalen in den
    Büschen hockt und auf ein gutes Mittagessen wartet«,
    antwortete Lord John. »Wenn man nicht in den Kochtopf
    wandern will, sollte man sich erst Gewißheit verschaffen. Wir
    wollen zwar hoffen, daß uns da drüben nichts Unliebsames
    erwartet, werden uns aber so verhalten, als wäre es der Fall.
    Malone und ich werden also wieder runterklettern und die vier
    Gewehre, Gomez und die anderen heraufholen. Anschließend
    kann einer von uns über den Baumstamm gehen, während die
    anderen ihm Schützenhilfe leisten. Erst wenn feststeht, daß
    nichts passieren kann, kommen die anderen nach.«
    Challenger setzte sich auf den Baumstamm und stöhnte vor
    Ungeduld, aber Professor Summerlee und ich waren derselben
    Meinung und fanden, daß man sich nach den Anweisungen
    Lord Johns richten sollte, wenn es um praktische Dinge ging.
    Jetzt, wo uns an der schlimmsten Stelle das Seil zur Verfügung
    stand, war das Klettern bedeutend einfacher. Es dauerte eine
    knappe Stunde, bis die vier Gewehre und eine zusätzliche
    Schrotflinte nach oben geschafft waren. Auch die Mischlinge
    waren auf die Felszinne geklettert. Auf Lord Johns Anweisung
    hin hatten sie sogar Verpflegung mitgebracht, denn wir
    konnten ja nicht wissen, wie lange sich der erste
    Erkundungsgang ausdehnen würde.
    Jeder von uns schnallte sich Patronengurte um.
    »So, Professor Challenger«, sagte Lord John, als alle
    Vorbereitungen getroffen waren. »Wenn Sie wirklich der erste
    sein wollen, der den Fuß auf das unbekannte Land setzt, dann
    darf ich bitten.«
    »Zu großzügig von Ihnen«, sagte der Professor. »Wenn Sie
    mir schon die Erlaubnis erteilen, werde ich die Gelegenheit
    ergreifen und – wie immer – Pionierarbeit leisten.«
    Er schwang sich das Beil über die Schulter, hockte sich so
    auf den Baumstamm, daß links und rechts ein Bein
    herunterbaumelte, und hoppelte in dieser Stellung über die
    Brücke.
    Auf der anderen Seite angekommen, warf er die Arme in die
    Luft.
    »Endlich!« rief er zu uns herüber. »Endlich ist es soweit.«
    Besorgt sah ich zu ihm hinüber. Ich hatte Angst, daß sich
    jeden Augenblick etwas Furchtbares aus dem grünen Vorhang
    lösen und auf ihn stürzen könnte. Aber alles blieb ruhig. Nur
    ein sonderbarer buntschillernder Vogel flog vom Boden auf
    und verschwand in den Bäumen.
    Summerlee ging als zweiter. Die zähe Energie in seinem
    zerbrechlichen Körper war bewundernswert. Er bestand darauf,
    sich zwei Gewehre umzuhängen. So waren beide Professoren
    bewaffnet, als er drüben ankam. Der nächste war ich. Ich gab
    mir große Mühe, nicht nach unten in die schreckliche Tiefe zu
    blicken. Summerlee hielt mir seinen Gewehrkolben hin, und
    einen Augenblick später ergriff ich seine ausgestreckte Hand.
    Dann kam Lord John. Er ging hinüber – aufrecht, ohne jede
    Stütze! Er muß Nerven aus Stahl haben.
    Nun waren wir alle vier im Traumland angelangt, in der
    verschollenen Welt des Maple White. Wir alle empfanden dies
    als den Augenblick größten Triumphes. Wer hätte vermutet,
    daß er der Auftakt zu unserem tiefsten Unglück war?
    §
    Wir hatten uns vom Rande entfernt und waren etwa fünfzig
    Meter weit durch dichtes Gebüsch vorgedrungen, als wir hinter
    uns ein fürchterliches Krachen hörten. Wie ein Mann stürzten
    wir an unseren Ausgangspunkt zurück. Die Brücke war nicht
    mehr da!
    Ich beugte mich vor und sah weit unten, am Fuß der
    Klippen, eine Masse von Ästen und zersplittertem Holz. Das
    war unsere Buche! War der Rand der Plattform abgebröckelt
    und hatte den Baum abrutschen lassen? Für einen Augenblick
    schien uns dies die einzig mögliche Erklärung. Aber dann
    schob sich an der uns abgewandten Seite des Felsenturms ein
    dunkelhäutiges Gesicht hervor: das Gesicht von Gomez, dem
    Mestizen. Ja, es war Gomez. Aber nicht mehr der Gomez mit
    dem beflissenen Lächeln und dem

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