Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
war wenigstens
    beruhigend. Irgendwann, und das hoffentlich bald, würden wir
    zum Fort Challenger zurückkehren und den Kontakt mit dem
    Schwarzen wieder aufnehmen können. Er hatte fest
    versprochen, zu bleiben wo er war, und keiner zweifelte an
    seinen Worten.
    §
    Am frühen Nachmittag brachen wir auf. Der junge
    Häuptling ging voran und zeigte uns den Weg. Er hatte es
    kategorisch abgelehnt, irgendwelche Lasten zu tragen. Hinter
    ihm kamen die beiden anderen überlebenden Indianer mit
    unseren spärlichen Habseligkeiten auf dem Rücken. Wir vier
    Weißen gingen mit geladenen und schußbereiten Gewehren
    als letzte. Bei unserem Aufbruch erhob sich in den dichten
    Wäldern hinter uns plötzlich ein lautes Geheul, das ebensogut
    Triumphgeschrei wie Hohngelächter über unsere Flucht sein
    mochte. Als wir uns umblickten, sahen wir nur die dichte
    Wand der Bäume. Aber dieses Gebrüll sagte uns deutlich
    genug, wie viele unserer Feinde dahinter lauerten. Die Affen
    machten jedoch keine Anstalten, uns zu verfolgen, und wir
    waren bald im freien Gelände und außerhalb ihres
    Machtbereichs.
    Während ich so als letzter von uns vieren dahintrottete,
    konnte ich ein Lächeln über die äußere Erscheinung meiner drei
    Gefährten nicht unterdrücken. War das der elegante Lord
    Roxton, der mir an jenem Abend inmitten seiner persischen
    Teppiche und Gemälde im gedämpften Licht seiner luxuriösen
    Wohnung im Albany gegenübergesessen hatte? Und war das
    der gebieterische Professor, der hinter dem großen
    Schreibtisch in seinem riesigen Arbeitszimmer in Enmore-Park
    gethront hatte? Und schließlich: War das die ehrwürdige
    Gestalt, die vor die Versammlung im Zoologischen Institut
    getreten war? Zu Hause in England hätte man lange suchen
    müssen, bis man drei ähnlich zerlumpte Landstreicher
    aufgetrieben hätte. Dabei befanden wir uns erst seit etwa einer
    Woche auf dem Plateau. Aber all unsere zusätzlichen
    Kleidungsstücke waren im Lager geblieben. Meine drei
    Freunde hatten ihre Hüte verloren und sich statt dessen
    Taschentücher um den Kopf gebunden. Ihre Kleidung hing in
    Fetzen herunter, und ihre unrasierten, verschmierten Gesichter
    waren kaum noch zu erkennen. Sowohl Summerlee als auch
    Challenger hinkten stark, und ich schleifte meine Füße nur
    mühsam über den Boden, immer noch von dem Schock am
    Morgen geschwächt. Mein Nacken fühlte sich von dem
    mörderischen Griff noch steif an wie ein Holzklotz. Wir waren
    wirklich ein trauriger Haufen. Es wunderte mich gar nicht, daß
    unsere indianischen Begleiter sich gelegentlich verwundert nach
    uns umblickten.
    §
    Am Spätnachmittag erreichten wir den See. Als wir aus dem
    Gebüsch hervortraten und die Wasserfläche vor uns liegen
    sahen, stießen die Indianer einen schrillen Freudenschrei aus
    und zeigten aufgeregt nach vorn. Dort bot sich uns ein
    wundervoller Anblick. Leicht über die glasige Oberfläche
    dahingleitend, kam eine ganze Flotte von Kanus geradewegs
    auf unser Ufer zu. Sie waren noch einige Meilen entfernt,
    kamen aber mit großer Geschwindigkeit näher, und bald
    konnten die Ruderer uns sehen. Sofort erhob sich bei ihnen ein
    lautes Freudengeheul. Sie standen von ihren Sitzen auf und
    schwangen Paddel und Speere. Dann machten sie sich wieder
    ans Werk, flogen über die Wasserfläche dahin, zogen ihre
    Boote auf den flachen Sand hinauf und liefen auf uns zu. Mit
    lauten Begrüßungsrufen warfen sie sich vor ihrem jungen
    Häuptling zu Boden. Ein älterer Mann mit einer Halskette,
    einem Armband aus funkelnden Perlen und einem schönen
    bernsteinfarbenen Fell über den Schultern ging auf den
    Jüngling zu und umarmte ihn. Er deutete auf uns und stellte
    ein paar Fragen, dann kam er würdevoll näher und umarmte
    der Reihe nach jeden von uns. Anschließend mußte sich auf
    seinen Befehl der ganze Stamm vor uns zu Boden werfen. Mir
    war diese sklavische Verehrung reichlich peinlich. Lord John
    und Summerlee schien es nicht anders zu gehen. Bloß
    Challenger blühte auf wie eine Blume im Sonnenschein.
    »Sie mögen unterentwickelt sein«, sagte er, strich sich den
    Bart und blickte auf sie herab. »Aber ihr Benehmen gegenüber
    Höhergestellten könnte so manchem unserer Europäer als
    Beispiel dienen. Sonderbar, wie unfehlbar doch die Instinkte
    des Naturmenschen sind!«
    Die Eingeborenen befanden sich offenbar auf Kriegspfad,
    denn jeder Mann war mit einem Speer – einem langen
    Bambusstab mit Knochenspitze –, Pfeil und Bogen und einer
    Art

Weitere Kostenlose Bücher