Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
Frauen, die dir die Meinung sagen, nicht sonderlich grün bist.«
Hackenholt ergriff schnell das Wort, da er wusste, dass Wünnenberg jetzt etwas Unüberlegtes sagen würde, wenn man ihn zu Wort kommen ließ. »Wir werden auf alle Fälle Frau Rhoms Alibi gründlich überprüfen und auch die anderen Hausbewohner, denn sie stehen natürlich ganz oben auf unserer Liste. Aber jetzt lasst Christian mal erzählen, was wir bei Herrn Degel erfahren haben.«
Christian schlug sein Notizbuch auf und erzählte, dass sie von Günther Degel genau das Gegenteil zu hören bekommen hatten, was die Leute in Sieberts Haus über ihn erzählten. Anschließend berichtete Hackenholt, was er von Herr Müller erfahren hatte.
»Jetzt können wir den Tatabend schon relativ genau rekonstruieren. Siebert ist kurz nach neun im Fürther Stadtpark angekommen. Er hat das Motorrad am Westausgang geparkt und lief das letzte Stück zu Fuß zu seinem Freitagsstammtisch im Biergarten. Ungefähr um Viertel vor eins verabschiedete er sich von den anderen beiden, die mit ihm als Letzte gingen. Vermutlich ist er dann auf direktem Weg nach Hause gefahren. Vom Fürther Stadtpark zu seiner Wohnung dürfte er höchstens eine Viertelstunde gebraucht haben. Nachts um eins sind die Ampeln nur noch auf den Hauptstraßen in Betrieb, er konnte also zügig fahren. Um halb zwei hat Dominik Schwartz ihn im Treppenhaus gefunden. Das bedeutet, wir können den Tatzeitpunkt auf den Zeitraum zwischen eins und halb zwei eingrenzen.«
Alle nickten. Das war ein erster Erfolg in einem sehr frühen Ermittlungsstadium. Ob es ihnen weiterhalf, würde sich jedoch erst noch zeigen müssen.
»Ich weiß ja nicht, ob euch das auch aufgefallen ist«, meldete sich Christine Mur zu Wort, »aber wann immer ihr von einer Frau erzählt habt, war sie wütend auf Siebert, nur die Männer kamen mit ihm klar.«
»Da hast du etwas Wichtiges erkannt«, stimmte Hackenholt der Kollegin zu. »Gibt es schon etwas Neues vom Labor?«
Mur schüttelte den Kopf: »Die Kollegen vom LKA arbeiten daran, aber es sind so viele Proben, die wir ihnen geschickt haben. Es wird wohl Anfang der Woche werden, bis wir etwas erfahren.«
Als Hackenholt und Wünnenberg in ihr Zimmer zurückkehrten, fand letzterer auf seinem Schreibtisch eine Notiz, dass Frau Sunders angerufen und nach ihm gefragt hatte. Eine Rückrufnummer hatte sie jedoch nicht hinterlassen, sie werde es am Sonntag nochmals versuchen.
Wünnenberg wählte erneut ihre Handynummer. Diesmal bekam er aber nur die weibliche Ansagestimme zu hören, die ihm ins Ohr hauchte, er möge es zu einem späteren Zeitpunkt nochmals versuchen, da der Anschluss vorübergehend nicht zu erreichen sei. Verärgert warf Wünnenberg den Zettel in den Abfall. Er hatte doch ausdrücklich um eine Rückrufnummer gebeten!
Es war schon einige Zeit lang dunkel, bis sich auch endlich Hackenholt von seinem Schreibtisch loseisen konnte und auf den Heimweg machte. Ihm war eingefallen, dass er noch einkaufen gehen musste, wenn er in den kommenden Tagen etwas essen wollte.
Allein um den Altstadtring zu erreichen, benötigte er fast eine Viertelstunde. In der gesamten Innenstadt war Stau. Hackenolts Gedanken schweiften zurück zur gestrigen Essenseinladung. Er beneidete die Möllenhäußers, die heute Abend sicherlich die Reste des Festmahls verspeisten. Bei der Erinnerung an den zarten Rehrücken lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Aber es war nicht nur das leckere Essen, das er vermisste, sondern auch die angenehmen Tischgespräche und das ganze Ambiente.
Irritiert fragte er sich, warum er jetzt schon wieder daran dachte. Ging es allen Männern so, die vierzig wurden? Machte man da automatisch eine Bestandsaufnahme? Überlegte, was man erreicht hatte und, vor allem, was nicht? Oder waren das noch die Nachwirkungen des nächtlichen Gesprächs mit Wünnenberg, die ihn innerlich so aufwühlten. Das hatte er doch die letzten Jahre in den Griff bekommen und akzeptiert. Es schien nun mal sein Schicksal zu sein, das Leben allein zu verbringen.
Lila – 3
Nachdem sie sich geduscht und angezogen hatte, widmete sie sich wieder ihren Bildern.
Nicht nur ihr Leben hatte sich verändert. Auch ihre Bilder waren anders geworden. Die fröhlichen Farben waren zunächst schreienden Orange- und Türkistönen gewichen. Dann hatte Rot ihre Kompositionen beherrscht, in die sich nach einer Weile immer häufiger auch Schwarz geschlichen hatte. Zunächst nur vereinzelt und unauffällig,
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