Die Vergessenen. Thriller (German Edition)
ausfindig zu machen. Kimski läuft es bei dem Gedanken kalt den Rücken herunter.
Er klingelt. Es dauert einen Moment, bis ihm geöffnet wird. Vor ihm steht eine Dame, etwa im selben Alter wie Maria Kampowski, und mustert ihn irritiert.
»Ja, bitte?«
»Kimski, guten Abend. Ich suche Frau Kampowski.«
Die Hausherrin wirkt nicht sonderlich glücklich über seinen Besuch.
»Woher wissen Sie überhaupt, dass sie ...«
»Ist schon gut«, ertönt eine Stimme aus dem Hintergrund und es ist Maria, die jetzt in den Flur tritt. »Lass den Mann herein, Gundel.«
Kriminaloberrat Benesch ist einer der ersten Beamten, die am Tatort eintreffen. Heute sollte sein großer Tag sein, denn er wollte sich endlich gemeinsam mit seiner Frau einen schönen Abend in der Oper machen. Das hat zumindest so lange ganz gut funktioniert, bis sein Handy mitten im Dritten Akt klingelte. Das wiederum wäre nur halb so peinlich gewesen, wenn er nicht die Titelmelodie von Derrick als Klingelton eingestellt gehabt hätte. Er hätte das Handy auch einfach mal ausschalten können, so müsste er jetzt nicht im Nebel auf einem Hügel stehen und versuchen, ein sinnvolles Gespräch mit einer heulenden Haushälterin zu führen.
»Also noch mal: Sie sagten, Ihr Chef hätte Sie weggeschickt, weil er Besuch erwartete, und dass er bei dem Treffen allein sein wollte?«
»Genau.«
Lisa schluchzt.
»Und wissen Sie, worum es bei dem Besuch gehen sollte?«
»Nein, das weiß ich nicht. Aber Herr Kampowski war sehr aufgebracht.«
»Aufgebracht? Warum denn das?«
»Das weiß ich nicht.«
»Was war denn das für ein Treffen? Wissen Sie vielleicht, wer der Besucher war?«
»Nicht genau.« Lisa schnäuzt sich und spricht mit deutlich klarerer Stimme weiter. »Ich, ich habe ihn aber schon mal gesehen. Es ist ein Privatdetektiv.«
»Ein Privatdetektiv?«
»Ja. Frau Kampowski hat ihn engagiert. Aber ich weiß nicht weswegen.«
»Und Herrn Kampowski hat das nicht gepasst?«
»Nein. Ich glaube, er war dagegen, weshalb er doch im Vorfeld seine Frau weggeschickt hat, nachdem er gehört hatte, dass der Detektiv kommt.«
»Hm, gut«, murmelt der Kommissar, verwirrter als vorher. »Wissen Sie noch den Namen des Privatdetektivs?«
»Au Backe, da fragen Sie was. Mit Namen hab ich es nicht so, aber ich glaube, er fängt mit K an.«
»Köhler, Kohlhammer, Kleinschmidt ...«, schlägt Benesch vor.
»Nein, er klang irgendwie osteuropäisch. Irgendwas mit ski am Ende.«
»Wie wär’s mit Kowalski?«
»Ne, eher so was wie Schmimski, Bimski nur halt ...«
»... mit K am Anfang«, bringt er ihren Satz zu Ende.
»Genau!«
Benesch schließt die Augen und denkt nach. Bimski mit K am Anfang, das wäre dann ja – »Kimski!«, ruft er laut aus und Lisa zuckt zusammen.
»Ja, das war es. Kennen Sie den?«
Benesch grummelt vor sich hin und macht ein paar Schritte zur Seite. Er holt sein Handy aus der Tasche und sucht in seinem Telefonbuch die Nummer des Mannheimer Kollegen, mit dem er im letzten Jahr regelmäßig Informationen wegen eines Falles austauschen musste.
Nach dem neunten Klingeln quält sich ein lang gezogenes »Ja?« aus dem Hörer.
»Benesch hier, vom Revier Heidelberg. Sie wissen noch, wer ich bin?«
»Benesch?«
»Ja. Guten Abend, Vollmer.«
»Geht es wieder um diese Mafia-Geschichte? Die Spaghettifresser können sich doch bestimmt bis morgen gedulden. Ich gucke hier gerade eine Tatort -Wiederholung und ...«
»Keine Angst, ich habe erst mal nur eine kurze Frage.«
»Schießen Sie los.«
»Ihr hattet doch mal einen Kollegen, der jetzt als Privatdetektiv arbeitet, oder?«
Die Nachricht, dass der Polizist, der den Oberbürgermeister Mannheims aus der Hand eines größenwahnsinnigen Entführers befreit hatte, bei der Polizei kündigte und sich selbstständig machte, hatte sich letzten Sommer in Polizeikreisen ziemlich schnell verbreitet. Sogar bis nach Heidelberg.
»Dieser Kimski, oder?«
»Kimski! Was hat der jetzt schon wieder angestellt?«
»Wie kommen Sie darauf, er könnte was angestellt haben? Bis jetzt ist er, so wie es aussieht, der letzte Zeuge, der einen Ermordeten lebend gesehen haben könnte.«
»Nicht schon wieder!«
»Bitte?«
»Ach, nichts. Passen Sie auf, Benesch. Machen Sie sich keinen Stress, sobald Kimski nach Mannheim kommt, schnappe ich ihn mir.«
»Und der Tatort ?«
»Das echte Leben ist spannender als jeder Tatort .«
Maria sitzt ihm in einem modernen schwarzen Ledersessel gegenüber. Sie sind allein in dem
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