Die Vergessenen. Thriller (German Edition)
nachdem eine große Menge Adrenalin im Körper ausgeschüttet wurde? Er verglich das Gefühl mit dem bei einem Drogenentzug oder so ähnlich.
Sie muss sich zusammenreißen, da sie nicht einmal weiß, wo sie momentan ist.Was genau ist in ihrer Wohnung passiert? Der Angreifer – sie hat ihn doch ausgeschaltet, oder nicht? Sie kann sich nicht genau erinnern. Nachdem sie ihm eins mit dem Elektroschocker verpasst hat, ist sie sofort aufgesprungen und in den Flur gerannt. Der Maskierte ist liegen geblieben, bloß wie lange?
Panisch und aufgeputscht zugleich rannte sie weiter, Hauptsache weg. Allerdings nicht, ohne vorher ihre Handtasche zu schnappen, die neben dem Schuhregal im Flur stand.
Ihre Handtasche, sehr gut!
Eva öffnet ihren Reißverschluss und sieht hinein. Erst jetzt fällt ihr auf, dass sie den Elektroschocker noch immer fest umklammert in der rechten Hand hält. Sie steckt ihn in die Handtasche und holt ihr Handy raus. Aber wen soll sie nur anrufen?
Sie sucht Kimskis Handynummer im Telefonbuch heraus und drückt die grüne Wahltaste. Doch sie erreicht ihn wieder nicht, da sein Mobiltelefon nach wie vor offenbar nicht eingeschaltet ist. Eva will seine Festnetznummer heraussuchen, aber dann fällt ihr ein, dass sie diese nicht in ihrem Handy gespeichert hat.
Cazzo! Auswendig weiß sie die Nummer nämlich nicht.
Vielleicht sollte sie die Polizei rufen? Nein, das bringt auch nichts und in ihre Wohnung zurück kann sie erst recht nicht. Mittlerweile ist der Maskierte mit Sicherheit wieder auf den Beinen. Sie rauft sich die Haare und sieht an sich herab. Ihr kurzes Kleid, das eigentlich viel zu leicht für diese Jahreszeit ist, hängt total verknittert an ihr herab. Sie trägt immer noch die hochhackigen Stiefel. Sie muss fürchterlich aussehen und hofft, in nächster Zeit nicht in einen Spiegel sehen zu müssen.
Sie verschränkt die Arme und reibt sich mit den Händen die Oberarme. Immerhin nimmt sie zumindest wahr, dass sie friert. Anscheinend lässt ihr Adrenalin-Turkey langsam nach. Dennoch sollte sie so schnell wie möglich von der Straße verschwinden. Eva sieht noch einmal in ihrer Handtasche nach, findet den Zettel mit Lukas’ Telefonnummer und ruft ihn an.
»Ich bin überfallen worden.«
»Was? Wo? Wie?« Er ist total verwirrt. »Hast du die Polizei verständigt?«
»Nein. Kannst du mich abholen? Ich brauche jemanden, der bei mir ist.«
»Wo bist du?«
Sie sieht sich um, entdeckt ein Straßenschild und sagt ihm, wo er sie finden kann. Es dauert nicht lange, vielleicht zwei oder drei Minuten, und sie sieht ihn hinter dem Steuer eines alten Mercedes herannahen.
»Wie siehst du denn aus?«, fragt er erschrocken, nachdem er das Fenster an der Fahrerseite heruntergekurbelt hat. »Steig ein.«
Sie antwortet nicht, läuft auf die Beifahrerseite und öffnet die Tür.
»Schönes Auto«, murmelt sie abwesend, als sie sich hinsetzt und zurücklehnt.
Ihre Augen fallen zu. Sie würde jetzt am liebsten einfach einschlafen.
»Soll ich dich zur Polizei bringen? Du siehst nicht gut aus.«
»Nein.«
»Oder zu einem Arzt?«
»Nein.«
»Was ist denn eigentlich passiert?« Seine Stimme klingt besorgt.
»Ich weiß es nicht«, antwortet Eva.
Das ist nicht mal gelogen, denn so genau weiß sie es wirklich nicht.
»Kannst du mich nach Mannheim fahren?«
Es ist zwar mitten in der Nacht, aber sie sollte versuchen, Kimski aus dem Bett zu schmeißen, und ihm erzählen, was passiert ist. Und ihm vor allem davon berichten, was sie über Franz herausgefunden hat.
»Na gut.« Lukas startet den Wagen.
»Ich sage dir dann, wo es lang geht, wenn wir von der Autobahn kommen. Weck mich einfach, falls ich einschlafen sollte.«
Sie lässt ihre Augen wieder zufallen und atmet durch. Lukas fährt los und das Vibrieren des Fahrgestells beruhigt sie. Nach der Anspannung fühlt sie sich auf einmal ganz leicht.
»Gar nicht so schlecht, dieses Adrenalinzeug«, denkt sie noch und döst vor sich hin.
Nach ein paar Kurven öffnet sie noch einmal ihre Augen für eine Sekunde.
»Sag mal«, murmelt sie. »Hättest du nicht links abbiegen müssen, um zur Autobahn zu kommen?«
Als sie keine Antwort erhält, öffnet sie ihre Augen erneut und sieht zum Fahrersitz hinüber.
»Lukas?«
Der zeigt keine Regung und starrt stur gerade aus.
»Wo fährst du hin?«
Erneut erwidert er nichts. Stattdessen greift er mit der linken Hand zu dem Knauf, der die Zentralverriegelung in Gang setzt, und drückt ihn herunter. Eva hört das
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