Die Vergessenen. Thriller (German Edition)
anfängt.
»Wissen Sie, dass es noch eine Kopie von Jonathan Lautenbachs Doktorarbeit gibt?«
Sebastian schweigt einen Moment.
»Wo ist die Kopie?«, fragt er schließlich.
»An einem sicheren Ort.«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen alle Beweise mitbringen!«
»Sie haben Eva doch auch nicht mitgebracht.«
Sebastian sieht zu Boden und Kimski beobachtet ihn dabei. Sein Gegenüber scheint ihn jetzt nicht mehr wahrzunehmen, gänzlich in Gedanken versunken. Worüber grübelt Sebastian nach? Darüber, wie er Kimski zum Schweigen bringen kann? Ändert er gerade seine Strategie? Das würde zu ihm passen, denn Kimski hatte schon in den letzten Tagen den Eindruck, dass der Mörder nicht nach einem festgelegten Plan vorgeht, sondern sich von den aktuellen Ereignissen leiten lässt.
Auch auf den Namen Lautenbach hat er reagiert. Damit fügt sich ein weiteres Puzzleteil ins Bild. Sebastian könnte also Kampowski umgebracht haben, um seine Mutter zu rächen. Lautenbach musste dran glauben, weil er in seiner Doktorarbeit den Namen der Mutter erwähnt hat und Eugen – er hatte doch mal was mit Klara.
Auch Rache? Und Eva und Kimski sind ihm einfach dazwischengekommen. Nein, das ist alles Quatsch und ergibt keinen Sinn. Immerhin war Lautenbach das erste Opfer und außerdem erklärt das nicht den Anschlag auf Walter. Was hat er denn verbrochen? Irgendwie muss er Sebastian dazu bringen, ihm die Wahrheit zu sagen.
»Setzen wir uns«, sagt dieser plötzlich. Er wirkt, als hätte er sich wieder gefangen. »Haben Sie schon gefrühstückt?«
Er deutet auf ein Straßencafé und läuft los. Mit der Widerstandszeitung wedelt er sich Luft zu.
»Heiß heute, nicht?«
Kimski trottet ihm hinterher, die Hände in den Taschen vergraben. Sie setzen sich an einen runden Tisch, von dem sie einen guten Blick auf das bunte Treiben haben.
»Es ist doch so«, sagt Sebastian. »Sie wollen Eva wiederhaben und ich will die Kopie der Doktorarbeit. Also müssen wir irgendwie ins Geschäft kommen.«
»Das sehe ich auch so. Aber wie habe ich Gewissheit, dass Eva nichts passiert, wenn ich Ihnen die Unterlagen zukommen lasse?«
»Die Gewissheit können Sie sich nur selbst verschaffen, indem Sie auf mein Ehrenwort vertrauen.«
»Nehmen wir also an, Sie lassen Eva frei. Wieso sollten Sie das tun? Sie würde Sie wiedererkennen.«
»Sie weiß nicht, wer sie entführt hat. Das Ganze ging in einer Nacht- und Nebelaktion vonstatten und genau so könnte es auch wieder rückgängig gemacht werden. Wenn Sie ihr nicht erzählen, dass ich sie entführt habe, wird sie es nie erfahren. Ursprünglich brach ich nur bei ihr ein, weil ich die Unterlagen zurück wollte, die Kampowski Ihnen gegeben hat. Die Entführung war eher ein Kollateralschaden. Aber wie Sie sehen, ist sie jetzt doch ein sehr nützliches Druckmittel, nicht wahr?«
»Was, wenn ich aber der Polizei von der Entführung erzähle?«
»Dann steht Ihr Wort gegen meins. Sie werden sowieso schon wegen Mordes gesucht. Und dass meine Mutter etwas mit Widerstandskämpfern zu tun hatte, wird sich schwerlich beweisen lassen ohne die Doktorarbeit. Ich werde Ihre Aussage als üble Verschwörungstheorie gegen mich auslegen.«
Eine Bedienung kommt an ihren Tisch und Kimski bestellt sich einen doppelten Espresso. Sebastian ordert ein Croissant und einen Milchkaffee. Was dieser ihm erzählt, ergibt immer noch keinen Sinn, denn für Sebastian wäre das alles viel zu riskant.
Warum hat er Kimski nicht einfach an einen verlassenen Ort bestellt und versucht, ihn ebenfalls umzubringen? Er scheint sehr darauf versessen zu sein, dass die Polizei Kimski für den Täter hält.
»Ich möchte noch mal auf die Unterlagen vom alten Kampowski zu sprechen kommen. Es ist sehr interessant, dass Sie dieses Thema vorhin überhaupt angesprochen haben. Ich muss zugeben, dass ich zwar nachweisen kann, dass Sie etwas mit den Morden zu schaffen haben. Aber warum haben Sie das alles getan? Erklären Sie es mir.«
»Warum sollte ich ausgerechnet Ihnen alles erzählen?«
»Weil ich das zur Bedingung mache. Ich will die ganze Wahrheit von Ihnen hören, sonst bekommen Sie Ihre Unterlagen nicht.«
»Sie können mir nicht drohen. Dafür wünschen Sie sich viel zu sehr, dass Eva diese Sache unbeschadet übersteht.« Er lacht.
Die Kellnerin kommt mit der Bestellung. Als sie weg ist, beißt Sebastian genüsslich in sein Gebäckstück. Dann lehnt er sich zurück.
»Also gut. Ich erzähle Ihnen alles, warum auch nicht? Was wollen
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