Die vergessenen Welten 08 - Nacht ohne Sterne
waren aufs äußerste angespannt.
Sie wollte schreien, wollte ihren Wärtern aber doch wieder diese Befriedigung nicht zuteil werden lassen.
Jarlaxle stieß ein Wort hervor, das Catti-brie nicht verstand, und der Raum war plötzlich in ein sanftes blaues Licht getaucht.
»Hier drinnen könnt Ihr sehen«, sagte Jarlaxle. »Dort draußen, hinter dieser Tür, gibt es nur Dunkelheit.« Er hielt das Diadem neckend vor Catti-bries verlangend blickende Augen und ließ es dann in eine Hosentasche gleiten.
»Vergebt mir«, sagte er zu der jungen Frau so sanft, daß sie überrascht war. »Ich möchte Euch nicht quälen, aber ich muß an meine Sicherheit denken. Oberin Baenre möchte Euch haben - und zwar ziemlich dringend, nehme ich an, da sie Drizzt in Gefangenschaft hat -, und sie sieht in Euch eine gute
Möglichkeit, seinen eisernen Willen zu schwächen.«
Catti-brie verbarg ihre Aufregung nicht, ihre leise Hoffnung, als sie hörte, daß Drizzt noch am Leben war.
»Natürlich haben sie ihn nicht getötet«, fuhr der Söldner fort, und Entreri stellte fest, daß Jarlaxles Worte ebenso ihm galten wie Catti-brie. »Er ist ein wertvoller Gefangener, ein Quell von Informationen, wie man auf der Oberfläche sagt.«
»Sie werden ihn töten«, meinte Entreri - ein wenig zornig, wie Catti-brie fand.
»Am Ende schon«, erwiderte Jarlaxle und lachte leise. »Aber zu diesem Zeitpunkt werde Ihr beide bereits lange an Altersschwäche gestorben sein, und Eure Kinder wahrscheinlich ebenso. Sofern sie nicht Halbdrow sind«, fügte er verschmitzt hinzu und zwinkerte Catti-brie zu.
Sie widerstand dem Drang, ihm ins Gesicht zu schlagen.
»Es ist wirklich zu schade, daß die Ereignisse solch eine
Entwicklung genommen haben«, fuhr Jarlaxle fort. »Ich habe mir so gewünscht, mit dem legendären Drizzt Do'Urden sprechen zu können, bevor Baenre ihn bekommt. Wenn ich noch die Spinnenmaske hätte, würde ich noch in dieser Nacht zum Anwesen des Hauses Baenre gehen und mich hineinschleichen, um ihn sprechen zu können, während die Hohepriesterinnen beim Hohen Ritual sind. Natürlich zu Beginn des Rituals, für den Fall, daß Oberin Baenre beschließen sollte, ihn heute bereits zu opfern. Ach ja.« Er schloß mit einem Seufzer und einem Schulterzucken und fuhr noch ein letztes Mal mit seinen sanften Fingern durch Cattibries volles Haar, bevor er sich zur Tür wandte.
»Ich könnte sowieso nicht dorthin gehen«, sagte er zu Entreri. »Ich muß mich mit Oberin Kerl Horlbar treffen, um die Kosten für eine Nachforschung auszuhandeln.«
Als Antwort auf die bewußt bösartige Bemerkung lächelte Entreri nur. Er erhob sich, als der Söldner an ihm vorbeischritt, und schloß sich ihm an. Dann hielt er plötzlich inne und blickte zu Catti-brie zurück.
»Ich glaube, ich sollte lieber noch bleiben und mit ihr
sprechen«, sagte der Meuchelmörder.
»Wie Ihr wünscht«, erwiderte der Söldner, »aber tut ihr nicht weh. Oder falls Ihr das tut«, berichtigte er sich mit einem leisen Lachen, »so verletzt wenigstens nicht ihr wunderschönes Gesicht.«
Jarlaxle verließ den Raum und schloß die Tür hinter sich. Danach trat er mit seinen Stiefeln bewußt laut auf, um Entreri davon zu überzeugen, daß er weg war. Er griff in seine Tasche, während er weiterging, und ein breites Lächeln trat auf sein Gesicht, als er entdeckte, daß das Diadem verschwunden war. Überrascht war er allerdings nicht.
Jarlaxle hatte die Saat für das Chaos gesät; jetzt konnte er sich zurücklehnen und dabei zusehen, wie die Früchte seiner Arbeit heranwuchsen.
Die ersten Schleier werden gelüftet
Catti-brie und Entreri starrten sich in dem kleinen Raum im Versteck von Bregan D'aerthe lange Zeit an. Sie waren das erste Mal seit ihrer Gefangennahme allein. Aus Entreris Gesichtsausdruck schloß Catti-brie, daß er etwas plante.
Er hob seine Hand, bewegte seine Finger, und dabei fiel das
Katzenauge herab und baumelte am Ende seiner Silberkette.
Catti-brie war sich über die Absichten des Meuchelmörders
noch im unklaren und starrte den Edelstein einfach nur neugierig an. Er hatte ihn natürlich aus Jarlaxles Tasche entwendet, aber warum hatte er es gewagt, einen so gefährlichen Dunkelelfen zu bestehlen?
»Du bist hier ebenso ein Gefangener wie ich«, bemerkte sie schließlich. »Er hat dich hierhergebracht, damit du ihm zu Diensten bist.«
»Ich mag dieses Wort nicht«, erwiderte Entreri, »Gefangener. Das deutet auf einen Zustand der Hilflosigkeit hin, und
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