Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels
zurück und dann noch einen zusätzlichen, nur um sicherzugehen. Dann schoß sie nach vorn, sobald die schwerfällige Waffe an ihr vorbeigeschwungen war, und suchte nach einer Möglichkeit, einen Treffer am Arm des Barbaren zu landen. Berkthgar war jedoch zu flink und hatte das Schwert so schnell wieder erhoben, daß Catti-brie ihren Angriff abbrechen und hastig zurücksetzen mußte, um der Klinge auszuweichen.
Dennoch war sie der Ansicht, diesen Durchgang gewonnen zu haben, denn sie hatte dadurch eine bessere Einschätzung von Berkthgars Reichweite erhalten. Und ihrer Meinung nach geriet jeder verstreichende Moment zu ihrem Vorteil, denn sie sah, wie sich auf der Stirn des betrunkenen Barbaren Schweißperlen bildeten und daß sich seine mächtige Brust ein wenig stärker hob und senkte als zuvor.
»Wenn du bei anderen Dingen ebenso ungeschickt bist wie beim Kämpfen, bin ich wirklich froh, daß ich diesen Wettkampf gewählt habe«, sagte Catti-brie und erreichte mit dieser Stichelei, daß der stolze Berkthgar einen weiteren wildschwingenden Angriff unternahm.
Sie wich aus und zog sich zurück, als Bankenfuere die Luft mit mehreren titanischen, aber letztlich vergeblichen Hieben zerteilte. Erneut zischte das Schwert heran, die Wut des Barbaren hatte sich noch lange nicht ausgetobt, und Catti-brie sprang abermals nach hinten. Die Klinge fuhr wieder herum und nach oben, während Berkthgar vorstürmte, und Catti-brie wich weit zur Seite aus, just als das große Schwert herabzuckte.
»Ich werde dich schon noch früh genug erwischen!« versprach Berkthgar, während er sich wieder auf die junge Frau ausrichtete und sein mächtiges Schwert in einem Bogen von links nach rechts in seine Ruheposition neben seiner rechten Schulter zurückfliegen ließ.
Catti-brie hatte nur gewartet, bis der Hieb an ihr vorbei war, und jetzt machte sie mit dem rechten Fuß einen raschen Schritt nach vorn und streckte ihren Schwertarm nach Berkthgars vorgeschobener Hüfte aus. Sie trat jedoch mit ihrem linken Fuß fest auf und hatte überhaupt nicht vor, diese Bewegung fortzusetzen. Sobald Bankenfuere heransauste, um ihr Schwert abzuwehren, sprang Catti-brie zurück, drehte sich auf ihrem Standbein einmal im Kreis und stürmte hinter dem Hieb wieder vor, um sich statt dessen auf Berkthgars rechte Hüfte zu stürzen, an der sie einen häßlichen, beißenden Treffer landete.
Der Barbar knurrte und wirbelte so hastig herum, daß er fast das Gleichgewicht verloren hätte.
Catti-brie stand ein paar Fuß entfernt in gespannter Kampfbereitschaft da und wartete ab. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, daß das Schwingen der schweren Waffe allmählich an dem Mann zehrte, vor allem, nachdem er dem Met so großzügig zugesprochen hatte.
»Noch ein paar Durchgänge«, flüsterte Catti-brie und zwang sich zur Geduld.
Und so spielte sie mit ihm, während die Minuten vergingen und Berkthgars Atem allmählich so laut wurde wie der klagende Wind. Bei jedem Angriff nutzte Cattibrie jenen neuesten Kniff, den sie gelernt hatte und der aus dem Umstand seinen Vorteil zog, daß Berkthgars riesige Klinge und seine dicken Arme ein perfektes Sichthindernis für ihn waren.
* * *
Drizzt litt in dieser halben Stunde voller rüder Bemerkungen.
»Noch nie hat es bei ihm so lange gedauert!« meinte einer der Barbaren.
»Berkthgar der Brauzene!« rief ein anderer das Wort der Barbaren für Ausdauer.
»Brauzen!« riefen die rüpelhaften Männer und rissen dabei die Becher salutierend empor. Ein paar Frauen, die im Hintergrund standen, kicherten über das rüde Benehmen, aber die meisten schauten eher säuerlich.
»Brauzen!« flüsterte der Drow und fand, daß dieses Wort perfekt paßte, um damit seine eigene Geduld während jener unerträglich langen Minuten zu beschreiben. So zornig er auch über die Zoten auf Cattibries Kosten war, fürchtete er doch viel mehr, daß Berkthgar sie verletzen mochte, daß er sie vielleicht in dem Kampf besiegte und diesen Vorteil dann auf andere Weise ausnutzte.
Drizzt kämpfte hart darum, seine Vorstellungskraft im Zaum zu halten. Trotz all seiner Prahlereien, trotz aller Prahlereien seines Volkes war Berkthgar doch ein ehrenhafter Mann. Aber er war betrunken...
Ich werde ihn töten, entschied Drizzt.
Soweit kam es jedoch nicht, denn Berkthgar und Catti-brie traten wieder in das Zelt. Sie sahen ein wenig zerzaust aus, der strubbelige Bart des Barbaren war an einer Stelle von etwas Blut dunkel gefärbt, aber ansonsten waren sie
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