Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
konnten.
Erneut gab es eine lange Pause, so als müsse der Kapitän einige Dinge erst im Geiste klären, bevor er sie offen zugeben konnte.
»Wir nehmen westlichen Kurs auf Mintarn«, sagte Deudermont.
Catti-brie starrte ihn erstaunt an.
»Ein freier Hafen«, warnte Drizzt. Die Inseln von Mintarn hatten einen wohlverdienten Ruf als Hafen für Piraten und Flüchtlinge, ein rauher und gefährlicher Ort. Wie würde die Seekobold, ein Vertreter des Gesetzes, in einem solchen Hafen wohl aufgenommen werden?
»Ein freier Hafen«, bestätigte Deudermont. »Frei für Piraten und frei für die Seekobold, die auf der Suche nach Informationen ist.«
Drizzt stellte den Kapitän nicht offen in Frage, aber sein zweifelnder Gesichtsausdruck sprach Bände.
»Die Fürsten von Tiefwasser haben mir die S eekobold vollständig übergeben«, sagte Deudermont ein wenig harsch. »Sie ist mein Schiff und untersteht mir alleine. Ich kann sie nach Mintarn bringen, zu den Mondscheininseln, den ganzen Weg bis nach Ruathym, wenn es mir so gefällt, und niemand darf meine Entscheidung in Frage stellen!«
Drizzt lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Die harten Worte hatten ihn verletzt, und er war überrascht, daß Deudermont, der behauptet hatte, sein Freund zu sein, ihn wie einen Untergebenen behandelte.
Der Kapitän zuckte sichtlich zusammen, als er die Enttäuschung des Drow bemerkte. »Es tut mir leid«, sagte er leise.
Drizzt beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch, um näher zu Deudermont zu gelangen. »Caerwich?« fragte er.
Deudermont blickte ihm in die Augen. »Der Doppelgänger hat von Caerwich gesprochen, und daher muß ich nach Caerwich gehen.«
»Und du befürchtest nicht, daß du direkt in die Falle segelst?« warf Catti brie ein. »Du fährst genau dorthin, wo sie dich haben wollen?«
»Wer?« fragte Deudermont.
»Wer immer den Doppelgänger geschickt hat.«
»Wer?« fragte Deudermont erneut.
Catti-brie zuckte die Schultern. »Pinochet?« riet sie. »Oder könnte es ein anderer Pirat sein, der genug von der S eekobold hat?«
Deudermont lehnte sich zurück, was Drizzt ebenfalls tat, und alle drei saßen eine Zeitlang schweigend da. »Ich kann nicht einfach weiterhin die Schwertküste entlangsegeln, als sei nichts geschehen, und ich glaube auch nicht, daß ihr es könnt«, erklärte der Kapitän. Drizzt schloß die lavendelfarbenen Augen. Er hatte diese Antwort erwartet und stimmte mit ihrer Logik überein. »Jemand Mächtiges – denn Doppelgänger sind weder leicht noch billig anzuwerben – will mein Verderben und das Ende der Seekobold, u nd ich habe vor herauszufinden, wer dieser Jemand ist. Ich bin niemals vor einem Kampf davongelaufen, und das hat auch meine Mannschaft nie getan, und wer nicht bereit ist, nach Caerwich mitzusegeln, kann in Mintarn von Bord gehen und auf meine Kosten eine Passage zurück nach Tiefwasser buchen.«
»Kein einziger wird gehen«, sagte Catti-brie.
»Doch wir wissen nicht einmal, ob Caerwich wirklich existiert«, meinte Drizzt. »Viele behaupten, dort gewesen zu sein, aber das sind Seemannsgeschichten, die oft nur von zuviel Alkohol oder Angeberei genährt werden.«
»Also müssen wir es herausfinden«, sagte Deudermont entschlossen. Weder Drizzt noch Catti-brie, die beide bereit waren, jedem möglichen Ärger die Stirn zu bieten, äußerten ein Wort des Widerspruchs. »Vielleicht ist es keine so schlechte Sache, daß euer Zaubererfreund angekommen ist«, fuhr der Kapitän fort. »Ein zweiter Zauberer, der in den mystischen Künsten beschlagen ist, könnte uns helfen, dieses Rätsel zu lösen.«
Catti-brie und Drizzt tauschten zweifelnde Blicke aus; Kapitän Deudermont kannte Harkle Harpell nicht! Sie sprachen jedoch nicht weiter darüber, sondern redeten während des Rests der Mahlzeit von unverfänglicheren Dingen. Deudermont wollte nach Mintarn fahren, also würden Drizzt und Catti-brie ihm folgen.
Nach dem Essen schlenderten die beiden Freunde über das fast leere Deck des Schoners unter einem Baldachin aus hell leuchtenden Sternen.
»Du warst erleichtert über die Geschichte des Kapitäns«, meinte Cattibrie.
Nach einem Moment der Überraschung nickte Drizzt.
»Du dachtest, der Angriff in Tiefwasser hätte etwas mit dir zu tun und nicht mit Deudermont oder der Seekobold «, fuhr Catti-brie fort.
Der Drow stand einfach nur da und hörte zu, denn wie gewöhnlich hatte die aufmerksame junge Frau genau seine Gefühle erkannt und in ihm gelesen wie in einem
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