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Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis

Titel: Die vergessenen Welten 11 - Kristall der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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Diebesgut und Liebesdienste. Die Paradiesgasse, diese Travestie der Kultur selbst, galt der Unterschicht als der Gipfel aller Genüsse. Hier konnte sich ein Bettler, wenn er an diesem Tag ein paar zusätzliche Münzen ergattert hatte, für ein paar kostbare Momente wie ein König fühlen. Er konnte sich mit parfümierten Damen umgeben und genug bewusstseinsverändernde Substanzen zu sich nehmen, dass er die Schwären vergaß, die seine schmutzverkrustete Haut überzogen. Hier konnte jemand wie der Junge, den Entreri in seinem alten Viertel bezahlt hatte, für ein paar Stunden das Leben von Pascha Basadoni führen.
    Natürlich war alles nur Täuschung, bunte Fassaden auf rattenverseuchten Gebäuden, aufreizende Kleider an verschreckten kleinen Mädchen oder Huren mit toten Augen, die heftig mit billigen Gerüchen parfümiert waren, um den Schweiß und Staub von Monaten ohne anständiges Bad zu verbergen. Doch selbst vorgetäuschter Luxus genügte den meisten der Leute von der Straße, deren ständiges Elend nur allzu wirklich war.
    Langsam schritt Entreri die Straße entlang, ließ von der in sich gekehrten Grübelei ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf seine Umgebung, nahm jede Einzelheit in sich auf. Er glaubte, mehr als eine der älteren, Mitleid erregenden Huren zu erkennen, doch tatsächlich hatte Entreri sich niemals auf solch ungesunde und billige Versuchungen eingelassen, wie man sie in der Paradiesgasse fand. Er hatte seinen fleischlichen Gelüsten selten nachgegeben (denn er empfand sie als Schwäche bei einem Mann, der danach strebte, der perfekte Kämpfer zu werden), und wenn, dann war dies in den Harems mächtiger Paschas gewesen, und Artemis Entreri hatte niemals etwas geduldet, das ihn auf irgendeine Weise berauscht und seinen scharfen Verstand benebelt und ihn verwundbar gemacht hätte. Dennoch war er oft in die Paradiesgasse gekommen, um andere zu finden, die zu schwach waren, um zu widerstehen. Die Huren hatten ihn nie gemocht, und er hatte sich nicht um sie geschert, obgleich er wie alle Paschas wusste, dass sie wertvolle Informationsquellen darstellen konnten. Entreri konnte sich einfach nicht dazu überwinden, einer Frau zu trauen, die sich ihren Lebensunterhalt in diesem Gewerbe verdiente.
    Und so verbrachte er jetzt noch mehr Zeit damit, die Halunken und Taschendiebe zu beobachten, und stellte amüsiert fest, dass einer der Diebe ihn interessiert musterte. Er verbarg sein Grinsen und änderte sogar seine Laufrichtung etwas, um dichter an den törichten jungen Mann heranzukommen.
    Und tatsächlich: Entreri war kaum zehn Schritte an dem Dieb vorbei, als dieser von hinten zu ihm aufschloss und im letzten Augenblick »stolperte«, um seinen Griff nach dem herabbaumelnden Geldbeutel des Mannes kaschieren.
    Einen Sekundenbruchteil später war der Möchtegern-Dieb aus dem Gleichgewicht gerissen, und Entreris Hand packte seine Finger mit einem Griff, der einen scharfen Schmerz im Arm seines Opfers hochzucken ließ. Der edelsteinbesetzte Dolch zuckte leise, aber blitzschnell heran, und seine Spitze bohrte ein winziges Loch in die Handfläche des Mannes, während Entreri seine Schulter dichter an ihn schob, um die Bewegung zu verdecken, und gleichzeitig seinen lähmenden Griff etwas lockerte.
    Offensichtlich verwirrt über das Nachlassen des Drucks an seinen schmerzenden Fingern, fuhr der Dieb mit der freien Hand an seinen eigenen Gürtel, schob den Mantel beiseite und griff nach einem langen Messer.
    Entreri starrte seinen Dolch hart und konzentriert an. Er befahl der Waffe, ihre unheimliche Arbeit zu tun und damit zu beginnen, dem dummen Dieb die Lebensenergie auszusaugen.
    Der Mann wurde schwächer, sein Dolch fiel harmlos auf die Straße.
    Seine Augen und der Mund öffneten sich weit in dem grauenerfüllten, schmerzgepeinigten und schlussendlich vergeblichen Versuch, einen Schrei auszustoßen.
    »Du spürst die Leere«, flüsterte Entreri ihm zu. »Die
Hoffnungslosigkeit. Du weißt, dass ich nicht nur dein Leben, sondern
auch deine Seele in meinen Händen halte.«
Der Mann bewegte sich nicht, konnte es nicht.
    »Spürst du es?«, drängte Entreri und erhielt von dem jetzt keuchenden Mann ein Nicken zur Antwort.
    »Sag mir«, befahl der Meuchelmörder, »sind heute Nacht irgendwelche Halblinge auf der Straße?« Er verlangsamte das Aussaugen der Lebenskraft, während er sprach, und der Gesichtsausdruck des Mannes veränderte sich kaum merklich und zeigte jetzt Verwirrung.
    »Halblinge«,

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