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Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Titel: Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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nutzen, solche Sprüche auswendig zu lernen, kehrte er durch seine Dimensionstore zu der Kapelle zurück. Die Priester waren noch immer fieberhaft bei der Arbeit, und die alte Kräuterfrau war ebenfalls anwesend und rieb eine cremige, weiße Salbe auf Deudermonts schweißnasse Brust.
    Robillard bereitete seine Zaubermittel vor – eine Phiole mit dem Blut eines Eistrolls, ein Stück Fell des großen weißen Bären – und entrollte das Pergament, das er auf einem kleinen Tisch ausbreitete. Er wandte den Blick von dem sterbenden Deudermont ab und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Mit der Disziplin, die nur ein Zauberer aufzubringen vermochte, ging er methodisch ans Werk, sang leise vor sich hin und begann komplexe Gesten mit den Händen zu vollführen. Er goss das Eistrollblut auf seinen Daumen und Zeigefinger, ergriff damit das Fell und blies dreimal darauf, bevor er es an einer kahlen Wand des Raumes entlangwarf. Dort begann ein Prasseln, als Hagel auf den Boden prallte, das immer lauter wurde, während die Körner an Größe zunahmen, bis Kapitän Deudermont innerhalb von Sekunden auf einem neuen Bett lag, das aus einem Eisblock bestand.
    »Dies ist die kritische Stunde«, erklärte Camerbunne. »Sein Fieber ist viel zu hoch, und ich befürchte, dass er daran stirbt. Aus seinen Körperöffnungen strömt Blut, das so dünn ist wie Wasser. Es stehen weitere Priester bereit, um einzuspringen, wenn diese Gruppe ihre Heilkräfte erschöpft hat, und ich habe Boten zu mehreren anderen Orden gesandt, selbst zu solchen von rivalisierenden Göttern, und um Hilfe gebeten.« Camerbunne lächelte, als er den überraschten Gesichtsausdruck des Zauberers sah. »Sie werden kommen«, versicherte er Robillard. »Sie alle.«
    Robillard war kein religiöser Mann, hauptsächlich, weil ihn in jenen Tagen, als er versucht hatte, einen Gott zu finden, der ihm zusagte, das ständige Gezanke und die Rivalitäten der vielen verschiedenen Kirchen abgestoßen hatten. Daher verstand er, welch großes Kompliment Camerbunne dem Kapitän gerade erwiesen hatte. Deudermont musste sich einen wahrhaft guten Ruf bei der ehrlichen Bevölkerung der nördlichen Schwertküste erworben haben, wenn alle Rivalitäten und Streitigkeiten beiseite gelegt wurden, um ihm mit vereinten Kräften zu helfen.
    Und sie kamen, wie Camerbunne versprochen hatte. Priester fast jeder Glaubensrichtung, die in Luskan vertreten war, strömten in Sechsergruppen herein, um nacheinander ihre heilenden Kräfte über dem dahinsiechenden Kapitän zu wirken.
    Deudermonts Fieber sank gegen Mitternacht. Er öffnete ein erschöpftes Auge und erblickte Robillard, der an seiner Seite schlief. Der Kopf des Zauberers ruhte auf seinen verschränkten Armen, die neben dem Kapitän auf dem schmalen Bett lagen.
    »Wie viele Tage?«, fragte der geschwächte Deudermont, denn er erkannte, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war – so als wäre er gerade aus einem langen und schrecklichen Albtraum erwacht. Außerdem wusste er, obwohl er in eine Decke gewickelt war, dass er sich nicht in einem normalen Bett befand, denn es war zu hart, und sein Rücken war nass.
    Robillard fuhr bei dem Klang der Stimme hoch und riss die Augen weit auf. Er legte die Hand auf Deudermonts Stirn, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er spürte, dass die Haut sich kühl anfühlte.
    »Camerbunne!«, rief er und erntete dafür einen fragenden Blick von dem verwirrten Kapitän.
    Es war der schönste Anblick, den Robillard jemals gesehen hatte.
    »Drei Umkreisungen«, erklang die näselnde Stimme von Jharkheld, dem Magistrat, einem dürren alten Kerl, dem seine Aufgabe für Moriks Geschmack viel zu viel Vergnügen bereitete.
    Jeden Tag wanderte der Mann durch die Kerkerhöhlen und nannte jene, deren Zeit für den Sträflingskarneval gekommen war. Anschließend verkündete er, entsprechend der Schwere des Verbrechens oder vielleicht auch nur nach seiner momentanen Stimmung, die Vorbereitungszeit jedes Einzelnen. Eine »Umkreisung« war laut dem Wärter, der Morik regelmäßig schlug, die Zeit, die es dauerte, einmal langsam um den Platz herumzugehen, auf dem der Sträflingskarneval abgehalten wurde – etwa zehn Minuten. Der Mann, dem Jharkheld gerade drei Umkreisungen zugewiesen hatte, würde demnach etwa eine halbe Stunde auf verschiedene, nichttödliche Weise gefoltert werden, bevor der Magistrat mit der öffentlichen Anhörung beginnen würde. Es wurde getan, um die Menge anzuheizen, wie

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