Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verlassenen

Die Verlassenen

Titel: Die Verlassenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
Vom Netzwerk:
Geister, deren einziges Ziel es ist, sich in unserer Welt zu halten, indem sie von unserer Wärme und von unserer Energie zehren.“
    Es verstörte Ree sehr, dass er dieses Mal nicht zu scherzen schien. „Und wie wird man sie los?“
    „Man kann sie nicht loswerden. Die werden dich los, indem sie dir langsam den Lebenssaft aussaugen.“
    Sie schlang die Arme noch fester um den Körper. „Damit Sie’s genau wissen ... ich glaube immer noch nicht an Geister. Falls Sie mir allerdings Angst einjagen wollen, dann machen Sie das ganz gut.“
    „Gut. Denn solange Sie nicht wissen, mit was für einer Art von Geistwesen Sie es zu tun haben, müssen Sie sehr vorsichtig sein. Im günstigsten Fall hat dieser Geist eine bestimmte Absicht. In dem Fall müssten Sie nur herausfinden, was sie will.“
    „So einfach ist das also.“
    „Mit Geistern umzugehen ist nie einfach“, warnte er sie. „Regel Nummer eins: Hoffen Sie immer das Beste und machen Sie sich auf das Schlimmste gefasst.“
    „Und Regel Nummer zwei?“
    Er zögerte einen Moment. „Damit befassen wir uns, wenn es so weit ist”, sagte er dann.
    „Wir?“
    „Ich bin Geisterjäger, und Sie werden von einem Geist verfolgt. Eine Beziehung, die im Himmel geschlossen wurde. Oder in der Hölle – je nachdem.“
    Als sie am nächsten Morgen die Ereignisse Revue passieren ließ, wollte Ree am liebsten glauben, die Episode auf dem Friedhof sei ein Teil ihres „Ilsa“-Traums gewesen, denn die Alternative wäre zu peinlich gewesen. Irgendwann in der Nacht war sie aus dem Bett geklettert, hatte – nur mit ihrem Schlafanzug bekleidet – ihre Wohnung verlassen und war den ganzen Weg über den Campus und durch die Wälder getrabt, um irgendwie über die Mauer eines verlassenen Friedhofs zu klettern und dann zu versuchen, einen wildfremden Mann zu verführen. Bei der Vorstellung, was alles hätte passieren können, wenn statt Hayden ein anderer Kerl auf diesem Friedhof gewesen wäre, wurde ihr übel.
    Aber Hayden hatte sich wie ein Gentleman verhalten. Er hatte sie nicht nur sicher nach Hause gebracht, er hatte ihr auch seine Handynummer gegeben für den Fall, dass sie wieder in eine kompromittierende Notlage geriet. Jedenfalls war er so nett gewesen, dass Ree sich verpflichtet gefühlt hatte, ihm auch ihre Telefonnummer zu geben. Na ja ... verpflichtet war vielleicht nicht das richtige Wort. In Wahrheit hatte sie es ihm leicht machen wollen, sich bei ihr zu melden, denn er war nach einer Ewigkeit der erste Mann, zu dem sie sich hingezogen fühlte.
    Seit er sie letzte Nacht zu Hause abgesetzt hatte, verbrachte Ree ungebührlich viel Zeit damit, an ihn zu denken. Ihre Masterarbeit war in einer entscheidenden Phase, sodass sie eigentlich Tag und Nacht daran hätte weiterschreiben müssen. Aber nein. Obwohl sie überhaupt nicht müde gewesen war, hatte sie sich ins Bett gelegt und darüber nachgedacht, wie alt er wohl war, wo er wohl herkam und ob er wohl eine Frau oder eine Verlobte oder eine Freundin hatte.
    Es war ihr unbegreiflich, dass sie so besessen sein konnte, nach dem, was ihr sonst noch passiert war. Und dann war er ausgerechnet Geisterjäger. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass sie sich einmal zu einem Menschen hingezogen fühlen würde, der so anders war. Aber vielleicht machte ja genau das seine Anziehungskraft aus. Er war das genaue Gegenteil von ihr.
    Ree dachte immer noch an ihn, während sie sich auf ihre Vorlesung vorbereitete. Der Fernsehapparat lief so leise, dass es ihr leichtfiel, ihre Gedanken schweifen zu lassen, und die bewegten sich in eine äußerst faszinierende Richtung – sie und Hayden, eingesponnen in einen im Nebel liegenden Friedhof. Allein und vergessen, so als hätte sich die Welt jenseits der Mauern einfach aufgelöst. So viel zum Thema unterschwellige Bedeutung.
    Sie packte gerade einen Stapel Recherchematerial in ihre Umhängetasche, als ein Foto auf dem Bildschirm aufblitzte und sie Hayden auf der Stelle vergaß. Ree schnappte nach Luft und griff nach der Fernbedienung, um den Ton lauter zu stellen.
    Jared Tisdale, der Mann, den sie aus Dr. Farrantes Büro hatte kommen sehen, war am frühen Morgen tot aufgefunden worden. Man hatte ihn erschossen. Die Polizei hatte keine Verdächtigen, keine Zeugen und anscheinend kein Motiv.
    Keine Verdächtigen ... kein Motiv ...
    Ree ließ sich auf das Sofa fallen. Vor noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden hatte sie mitangehört, wie Jared Tisdale versucht hatte, Nicholas Farrante zu

Weitere Kostenlose Bücher