Die Verlockung des Glücks (German Edition)
meinem erfolgreichen Konzept aus Arbeit und Verdrängung von gestern festzuhalten und konzentriere mich wieder auf meine Übersetzung. Auch heute ignoriere ich wieder sowohl das Telefon als auch die Türklingel und arbeite, beinahe ohne Pause, bis 19:30 Uhr durch. Trotz der drückenden Hitze komme ich auch heute wieder gut und schnell voran. Gegen Abend sind die Übersetzung fertiggestellt. Statt des erwarteten Gefühls von Erleichterung stellt sich plötzlich eine gewisse Leere ein, die mich ärgert.
Nach einer lauwarmen Dusche ziehe ich mir ein leichtes, cremefarbenes Sommerkleid und frische Wäsche an. Aber auch nach der Dusche fühle ich mich nicht wirklich besser.
Ich überlege mir, ob die Leere meiner Gefühle vielleicht verschwindet, wenn ich die Leere in meinem Magen fülle, also gehe ich in die Küche und koche mir Pasta mit Blattspinat und gerösteten Mandelblättchen.
Das Essen nehme ich mit auf meine Terrasse. Es ist ein warmer Sommerabend. Es sind Sommerferien und die Luft ist erfüllt mit dem Geruch von Gegrilltem, frisch gemähtem Gras und Sommerblumen. In der Ferne ist ein leises Donnergrollen zu hören und mit einem Blick auf den Himmel regt sich in mir die Hoffnung, dass es heute vielleicht noch Regen geben wird und sich die Luft erfrischt und abkühlt. Ich lehne mich seufzend in meinem Stuhl zurück und will mir gerade ein Glas Wein einschenken, als ich nebenan aus dem Garten ein Geräusch höre. Der Garten neben meinem ist Bettys Garten. Und wenn das Bettys Garten ist … dann ist es im Moment auch Matthews Garten!
Verdammt, das habe ich nicht bedacht!
Wenn ich mich tot stellen will, ist es vielleicht nicht gerade günstig, auf der Terrasse zu essen, während derjenige, vor dem ich mich verstecken will, im Garten nebenan sitzt. Vorsichtig nehme ich meinen Teller vom Tisch hoch, um ihn leise zurück ins Haus zu tragen, als ich mit dem rechten Fuß an der Türschwelle hängen bleibe. Mit einem lauten Scheppern rutscht mir mein Messer aus der Hand und landet auf dem Granitpflaster meiner Terrasse.
Scheiße!
Ich bleibe ganz still stehen, als wäre ich zu einer Salzsäule erstarrt und schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass mich nebenan niemand gehört hat.
Kapitel 11
Es dauert keine zehn Sekunden, bis ein Geräu sch an dem hohen, blickdichten Holzzaun zu hören ist, der Bettys und meinen Garten voneinander trennt. Und es dauert keine weiteren zehn Sekunden, bis Matthew auftaucht, der in all seiner Pracht über den Zaun klettert.
Ich bin mir nicht ganz sicher, um wen ich mir am meisten Sorgen mache: Um Matt, der gerade den höchsten Punkt des Zauns erreicht hat und nun akut absturzgefährdet aussieht. Oder um den Zaun, der unter Matthews Last verdächtige Geräusche von sich zu geben beginnt und anfängt zu wackeln. Oder um mich selbst, die ihren Teller fest umklammernd, kurz vor einem Herzanfall steht.
Als Matt sicher auf meiner Seite des Gartens ankommt, bleibt er kurz stehen, um sich Schmutz und Efeuranken abzuklopfen, die der Zaun auf ihm hinterlassen hat.
Oh verdammt, er ist so umwerfend attraktiv!
Seine Haare fallen ihm in die Stirn und er trägt sommerliche Shorts und ein schlichtes, graues T-Shirt. Und er sieht … wütend aus. Ich muss gestehen, dass er wütend wirklich ziemlich beeindruckend ist. Er kommt auf mich zu und es kostet mich all meine Willenskraft, mir nicht die Blöße zu geben, vor ihm zurückzuweichen und wie ein kreischendes, kleines Mädchen ins Haus zu flüchten. Parallel dazu regt sich etwas in mir, das sich so sehr zu ihm hingezogen fühlt, dass mir fast schwindelig davon wird.
Ich atme einmal tief durch und mache einen vorsichtigen Schritt nach vorne, um meinen vollen Teller wieder auf den Gartentisch zu stellen. Dann verschränke ich die Arme schützend vor meiner Brust.
„Guten Abend, Matthew!“ Es gelingt mir tatsächlich, meine Stimme so klingen zu lassen, als wäre mir irgendein Bekannter zufällig irgendwo auf der Straße begegnet. Meine Handflächen beginnen trotzdem zu schwitzen, aber zum Glück kann er das ja nicht sehen. Ich wische sie unauffällig an meinem Kleid ab.
„ Sophie!“ Seine Stimme ist ein leises Zischen, als wäre er eine Schlange, die kurz davor ist, die Zähne in ihre Beute zu schlagen. „Kannst du mir mal bitte erzählen, was der ganze Scheiß soll?“
„Von welchem Scheiß bitte sprichst du denn?“ Natürlich weiß ich ganz genau, was er meint, aber sich dumm zustellen ist
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