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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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Unruhe, und Marianne meinte mehrmals das Wort »Francfort« zu hören, und doch konnte sie sich in diesen Augenblicken des ziellosen Schlenderns fast einreden, es sei wie früher, und sie müsse sich um nichts Gedanken machen.
    Nachdem sie die Einkäufe getätigt hatten, schickte sie die Magd mit Namen Lilli voraus und versprach, sehr bald zu folgen. Da einer der Franzosen der Magd schöne Augen machte, rechnete Marianne damit, dass das Mädchen den kurzen Moment der Freiheit gerne für ein Stelldichein mit ihrem Liebsten ausnutzen wollte. Und sie behielt recht. Lilli zeigte sich nur kurz beunruhigt und packte den Einkaufskorb dann entschlossen beim Henkel.
    Auch Marianne genoss es, für einen Moment alleine zu sein. Sie hielt gerade eine blau-weiß-rote Kokarde in der Hand, als etwas ihren sorgsam ausbalancierten Seelenfrieden störte. Es war nur eine aus den Augenwinkeln wahrgenommene Bewegung, doch ihr Atem stockte.
    Gianluca.
    Und während sie sich noch fragte, ob er sie bereits gesehen hatte oder ob sie noch fortlaufen sollte, kam er schon auf sie zu.
    »Signorina Stein, da sind Sie ja!« Er riss seinen Dreispitz vom Kopf und verbeugte sich. Es war seltsam, ihn so reden zu hören, wo sie einander doch schon ihre Namen wie Liebkosungen ins Ohr geflüstert hatten. Gianluca. Marianne. Gianluca. Marianne. Mein Herz. Meine Seele. Sternenstaub.
    Ich darf ihn nicht so ansehen. Ich darf es nicht, sagte eine Stimme in Mariannes Kopf, während es schon aus ihr herausbrach, »Wie hast du mich gefunden?«, nicht im Mindesten daran zweifelnd, dass er nach ihr gesucht hatte.
    Gianluca lächelte. »Deine Tante Juliane sagte mir, wo du sein müsstest.«
    So wie er den Namen aussprach, klang es wie »Tschuliane«. Jetzt blickte er sich um.
    »Allerdings sagte sie auch, eine Magd sei in deiner Begleitung und ich könne euch helfen, die Einkäufe nach Hause zu tragen.«
    Marianne sah zu Boden. »Ich habe das Mädchen vorausgeschickt.« Sie hob den Blick. »Ich wollte nur kurz alleine sein.«
    Wenn er diese Bemerkung auf sich bezog, so zeigte er es zumindest nicht. Marianne schluckte heftig, bevor sie den nächsten Satz sagte: »Wer schickt dich?«
    »Dein Vater.«
    »Mein Vater schickt dich? «
    Gianluca zuckte die Achseln. »Er war mit meiner Arbeit zufrieden, wie du weißt, und er hat mich in letzter Zeit öfter gebeten, von meiner Heimat zu erzählen. Jetzt, wo der Winter kommt, ist es manchmal sehr still.« Er zögerte, rieb sich dann über die Arme. »Und kalt.«
    »Meinem Vater hat wohl gefallen, was du erzählt hast.«
    »Seit wir mehr Zeit haben, hat er mich fast jeden Abend zu sich rufen lassen. Ich habe ihm von unserem Wein erzählt …«
    »Er liebt es, über Wein zu sprechen«, murmelte Marianne, um dann lauter fortzufahren: »Er vertraut dir, ja?«
    Als sie die Worte ausgesprochen hatte, wusste sie, dass sie sich ungehörig anhörten, wie ein Vorwurf.
    »Warum sollte er nicht?«
    »Weil du, weil du mich …«
    Sie brach ab. Nein, sie hatte nicht das Recht, ihm Vorwürfe zu machen. Sie hatte damals eine Entscheidung getroffen. Sie hatte sich von der Liebe in seinen Worten, seinen Augen, später auch seinen Berührungen angezogen gefühlt. Sie räusperte sich, konnte ihn für einen Moment nicht ansehen, hatte Angst vor dem, was er ihr antworten mochte.
    »Weswegen hat er dich geschickt?«, fragte sie dann und wusste die Antwort doch schon.
    »Deine Eltern wollen, dass du nach Hause kommst. Die Zeiten sind zu unruhig. Man weiß nicht, was als Nächstes geschieht. Es gehen Gerüchte von einer drohenden Belagerung.«
    »Und Christoph?«
    »Er soll bleiben. Dein Onkel und deine Tante brauchen Unterstützung …«
    »Dann bleibe ich auch.«
    »Aber Marianne, du musst deinen Eltern gehorchen.«
    Jeden anderen hätte sie ob dieser Worte angefahren, ihn nicht. Er hatte recht. Wieder einmal. Und sie konnte auch nicht weiter davonlaufen, hatte sie sich das nicht schon oft selbst gesagt?
    »Und wenn ich mich weigere?«, fragte sie trotzdem störrisch.
    Langsam schüttelte Gianluca den Kopf. »Deine Tante lässt deine Sachen schon packen. Ich glaube«, er zögerte, »ich glaube, sie hat erwartet, dass jemand kommt.«
    Hatte Mama doch noch einmal geschrieben, und hatte Tante Juliane es ihr verschwiegen? Marianne biss sich auf die Lippen. Aber, wollte sie aufbegehren, das geht nicht, das geht doch nicht. Ich will nicht zurück, noch nicht. Ich weiß ja noch gar nicht, was aus mir werden soll … und aus dem Kind und …
    Es war

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