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Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verlorene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Martin
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versuchte sich an das zu erinnern, was er noch wusste.
    Das traurige Haus, so hatte man es genannt, das Haus der Schwestern. Tom runzelte die Stirn. Aber warum traurig?
    In den nächsten Tagen stellte Lea immer wieder fest, dass es Spaß machen konnte, einem Mann bei der Arbeit zuzusehen. Nach Toms Hintern waren ihr als Nächstes seine Hände aufgefallen. Er hatte schlanke, aber kräftige Finger. Zuletzt hatte er die Dielen im großen oberen Zimmer neu verlegt und schaffte es nun, das Parkett in der unteren Stube mit einer Geschwindigkeit aufzulegen, die ihr vollkommen abging. Manchmal wünschte sie sich, er würde langsamer arbeiten. In kürzester Zeit schon war das kleine Zimmer fertiggestellt, das vielleicht einmal ein Gästezimmer werden würde.
    Oder ein Kinderzimmer.
    Lea schluckte. Hatte sie sich tatsächlich gerade vorge stellt, hier einmal mit ihrem Kind zu wohnen? Nun ja, sie hatte schon öfter davon geträumt, gemeinsam mit ihrer Familie auf einem romantischen Gutshof zu wohnen. Claires Weingut hatte durchaus das Zeug dazu.
    Genauso, wie es Lea genoss, gemeinsam mit Tom zu arbeiten oder ihm einfach dabei zuzusehen, genauso genoss sie die gemeinsamen Pausen in der Küche. Heute war sie zehn Minuten früher dorthin gegangen, hatte Kaffee gekocht und den Kuchen bereitgestellt, den sie am Vortag gebacken hatte.
    Punkt 15 Uhr, wie verabredet, hörte sie irgendwo im Haus das Werkzeug zu Boden poltern. Dann konnte sie Tom im Flur hören, erkannte die charakteristischen Laute, die die Bewegungen begleiteten, mit denen er sich den Staub von der Hose klopfte. Die Tür war nur angelehnt. Er stieß sie auf, war eben im Begriff gewesen, sich mit allen zehn Fingern durch die Haare zu fahren, und verharrte nun in dieser Position.
    Lea meinte zu spüren, wie sie errötete, drehte sich rasch zur Kaffeekanne hin und schenkte einen Becher voll. Gott, sie benahm sich ja wie ein Teenie.
    »Kuchen?«, fragte sie und hoffte, dass wenigstens ihre Stimme nicht zitterte.
    »Gerne.« Tom stand jetzt neben ihr, und Lea konnte doch nur mit Mühe ein Zusammenzucken unterdrücken. Gott sei Dank sah er nicht zu ihr hin. Mit den Fingern fuhr er stattdessen über das Holz der schweren Anrichte, bewegte die Tür hin und her, untersuchte dann die Scharniere.
    »Ein wirklich schönes Stück.«
    »Das Küchenbuffet habe ich als Erstes ausgeräumt, geputzt und dann mit Politur behandelt.«
    »Gut gemacht, sieht fast wie neu aus.« Tom lachte sie an. »Ich würde sagen, das ist ein Buffet aus der Gründerzeit, eher einfach, aber gut erhalten.«
    »Danke.« Lea nickte zum Tisch hin. »Setzen wir uns?«
    Himmel, was war nur los mit ihr? Sie zitterte ja schon wieder, dabei arbeiteten sie beide doch nun schon mehr als einen Tag Seite an Seite. Sie schob Tom den Teller mit dem Kuchen hin.
    »Hm, gut«, murmelte er nach den ersten Bissen. Wieder wanderte sein Blick zum Buffet. »Ob es hier früher noch mehr solcher Schätze gegeben hat?«
    Lea zuckte die Achseln. »Bis auf die Küche waren alle Räume leer. Ich habe nur noch Kleinkram gefunden. Fotos in den Schubladen dort, Briefe unter den Dielen.«
    Eine Puppe, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Briefe unter den Dielen?« Tom schaute sie interessiert an.
    »Ja. Interessiert dich das?«
    »Dich nicht? Wie sind die da wohl hingekommen?«
    »Doch, das interessiert mich schon«, musste sie zugeben, »es ist nur nicht so leicht, sie zu lesen. Ich hab’s versucht. Bisher bin ich nicht weit gekommen.«
    Und ich weiß ja auch nicht, was diese Briefe mit heute zu tun haben sollten, mit mir oder mit Claire oder mit meinen ganzen Fragen, dachte sie bei sich
    »Kann ich mal einen Blick darauf werfen? Ich wollte mal Geschichte studieren.« Tom lachte fast entschuldigend. »Bei altem Kram werde ich einfach neugierig, weißt du …«
    »Ach, und dann Weinbau?«
    »Ja, richtig. Jedenfalls ein paar Semester lang.« Tom bohrte die Gabel so heftig in den Kuchen, dass das Besteck über das Porzellan quietschte. Lea bekam eine Gänsehaut.
    »Und warum hast du es nicht gemacht?«, hörte sie sich fragen.
    »Was?« Es klang undeutlich, denn er hatte den Mund voll.
    »Na, Geschichte studiert.«
    Tom runzelte die Augenbrauen, als müsse er darüber nachdenken, aß unterdessen weiter und pickte bald schon die letzten Krümel auf, bevor er den Teller von sich schob.
    »Warum? Gute Frage. Weil ich mich nicht getraut habe, wahrscheinlich. Ich war der Erste von uns, der studieren sollte, und dann so etwas Brotloses wie

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