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Die verlorene Koenigin

Die verlorene Koenigin

Titel: Die verlorene Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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Bescheid zu geben, dass er sie heute nicht abzuholen brauchte. Die Mutter des Jungen, der Tybalt spielte, hatte angeboten, sie mitzunehmen.
    Im Flur ließ Tania ihre Schultasche fallen und ging ins Wohnzimmer. Ihre Eltern sahen gerade die Nachrichten.
    »Wie war die Probe?«, erkundigte sich ihr Vater.
    »So lala«, erwiderte Tania. »Mr s Wiseman hatte beinahe einen Herzinfarkt, als ein Stück vom Gitter auf Peter Cray gestürzt ist und ihn fast plattgemacht hätte, aber ansonsten war alles in Ordnung.«
    Sie hockte sich auf die Armlehne der Couch. »Sagt ma l …«, begann sie. »Ist vielleicht jemand hier gewesen und hat nach mir gefragt, währen d … während ich weg war?«
    Ihre Mutter zog eine Augenbraue hoch. »Du meinst, außer der Polizei und Freunden und Nachbarn?«, sagte sie. »Nein, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern.«
    »Doch, da war diese komische Sache mit dem Luxusschlitten«, warf Tanias Vater ein, der noch immer mit halbem Ohr an den Nachrichten hing.
    »Was für eine komische Sache?«, fragte Tania, die sich bemühte, trotz ihrer Aufregung ruhig zu klingen. »Was für ein Luxusschlitten?«
    Ihr Vater wandte den Blick vom Fernsehbildschirm ab. »Ein schwarzer Lexus mit getönten Scheiben«, erzählte er ihr. »Es war am Abend nach deinem Geburtstag. Deine Mutter hatte sich oben etwas hingelegt und Betty Howe von nebenan war gerade hier. Sie war es auch, die an die Tür ging. Ich habe nur schnell einen Blick aus dem Fenster geworfen. Der Typ, der klingelte, sah aus wie eine Art Chauffeu r – so mit grauer Uniform und Schirmmütze. Er sprach kurz mit Betty, dann ging er zum Wagen zurück. Hinten saß jemand drin, denn er klopfte an die Scheibe, und das Fenster wurde heruntergelassen.«
    »Hast du gesehen, wer drinnen saß?«, fragte Tania tonlos.
    »Nein, dafür war das Auto zu weit weg.«
    »Weißt du, was sie wollten?«, hakte Tania nach.
    »Betty meinte, der Chauffeur habe gefragt, ob du da seist. ›Ist Miss Anita Palmer zu Hause?‹, fragte er wohl ziemlich förmlich. Betty erzählte ihm, dass du am Vortag verschwunden seist und keiner wisse, wo du steckst. Und das war’s.«
    »Der Wagen ist also nicht noch mal gekommen?«
    »Soweit ich weiß, nicht. Hast du denn eine Ahnung, wer es war?«
    Tania schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
    »Woher dann das plötzliche Interesse?«
    »Ach, nur so«, sagte Tania und sprang von der Couch. »Ich sterbe vor Hunger.«
    »Im Kühlschrank sind noch Cannelloni«, rief ihre Mutter hinter ihr her, als Tania in Richtung Küche ging. »Zwei Minuten in der Mikrowelle sollten genügen.«
    »Danke«, rief Tania zurück. Doch ihre Gedanken galten nicht dem Essen. Jemand in einem echt teuren Wagen, jemand mit Chauffeur war also am Tag nach ihrem sechzehnten Geburtstag hier vorbeigekommen.
    Die Kellnerin in Richmond hatte gesagt, dass die Frau mit den roten Haaren und den grünen Augen Designerklamotten getragen hatte.
    War der Besitzer des Lexus identisch mit der Frau, die sich einen Espresso bestellt und dann eine Adresse auf einen großen gepolsterten Umschlag geschrieben hatte?
    War die Elfenkönigin in dieser Welt eine erfolgreiche Geschäftsfrau?

VIII
    A m Donnerstag trafen Tania, Edric und die anderen Schüler, die am Theaterstück mitwirkten, Mr s Wiseman am vorderen Schultor, um zusammen zum Globe Theatre zu fahren. Nachdem die Lehrerin sich vergewissert hatte, dass alle da waren, machten sie sich auf den Weg zur nächsten U-Bahn-Station. Eine halbe Stunde später erreichten sie Mansion House Station und überquerten auf der Southwark Bridge die Themse.
    Obwohl Tania ihr gesamtes Leben in London verbracht hatte, war sie noch nie im Globe Theatre am Südufer gewesen, und sie freute sich darauf, die moderne Rekonstruktion des berühmten »Hölzernen O’s« von William Shakespeare aus dem sechzehnten Jahrhundert zu besichtigen.
    Während Tania neben Edric über die Brücke ging, blickte sie auf das trübe Wasser der Themse hinunter. Sie war entsetzt, wie anders es aussah als das klare, blaue Wasser der Tamesis. Der Elfenfluss verlief in demselben Bett wie die Themse, allerdings mit dem Unterschied, dass sich der Fluss in der Welt der Sterblichen durch das lärmende, schmutzige Herz Londons schlängelte, während sich im Elfenreich am Nordufer der große Königspalast erstreckte und im Süden ein ausgedehnter grüner Wald lag.
    Der erste Anblick des Globe Theatre war beeindruckend. Das hohe, runde Gebäude aus Eichenbalken besaß ein Strohdach

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