Die verlorene Koenigin
Tasche gesteckt haben, als sie im Flur zusammengestoßen waren. Sie hörte den doppelten Piepston, der eine SMS ankündigte. Während sie sich weiter mit der Rose über die Lippen strich und den betörenden Duft einatmete, zog sie ihr Handy aus der Tasche. Die SMS kam von Edric und bestand nur aus drei Worten.
Tut mir leid.
Tania stieß einen Seufzer aus. Ihr Herz schmolz, als sie auf das Display starrte; Wut und Gekränktheit waren verraucht.
»Du Idiot!«, murmelte sie tonlos, nicht sicher, ob sie damit sich selbst meinte oder Edric. Ihre Finger eilten über die Tasten.
Mir auch. Lass uns morgen sprechen.
Sie drückte auf ›Senden‹ und rollte sich auf den Rücken, noch immer die Rose an den Lippen. Manchmal waren es die kleinen Dinge, die einen großen Unterschied machten. Manchmal bedurfte es nur einer einzigen weißen Rose aus dem Elfenreich und einer kurzen SMS.
Am nächsten Tag saßen Tania und Edric in der Mittagspause zusammen auf einer Bank in einem ruhigen Teil des Schulgeländes.
»Wie wäre es, wenn wir uns versprechen, nie wieder zu streiten?«, sagte Tania, als sie beide mit ihren Plastikgabeln in einem Becher Thunfisch-Mais-Salat herumstocherten.
»Ist mir recht«, erwiderte Edric.
»Gut, also abgemacht.« Sie sah ihn an. »Du weißt doch, dass ich niemals die Suche nach Titania aufgeben wollte, oder?«
»Ja, natürlich«, sagte er. »Ich habe keine Ahnung, warum ich so wütend auf dich war. Vermutlich habe ich mich so aufgeregt, weil du mir von der Wahrsagerin erzählt hast; da gab eins das andere und am Schluss hat sich die Sache hochgeschaukelt.«
»Glaubst du, dass ich Gabriel dadurch einen Zugang zu dieser Welt geschaffen habe?«, fragte sie ruhig. »Seit er mich nach Ynis Maw hinübergezogen hat, habe ich jedes Mal Todesangst, wenn ich schlafen gehe, aber ich habe nicht mehr von ihm geträumt.«
»Ich glaube, du hast ihm die Tür nur einen winzigen Spaltbreit geöffnet«, sagte Edric. »Aber am Ende hast du ihn ja besiegt und ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Das war gut so.«
»Ich bin ihm mit knapper Not entronnen, meinst du«, antwortete Tania mit einem schiefen Lächeln. »Das nächste Mal habe ich vielleicht nicht so viel Glück.«
»Dann müssen wir uns eben vorsehen, dass es kein nächstes Mal geben wird«, betonte Edric. »Wir sind ja zu zweit. Wir sorgen dafür, dass du vor Drake sicher bist, und wir werden auch die Königin finden.«
Sie lächelte und legte den Kopf an seine Schulter. »Und du hast wirklich nichts dagegen, dass ich für vierzehn Tage nach Florida fahre?«
Er schüttelte den Kopf. »Es wird dir guttun, mal hier rauszukommen.«
»Sobald ich zurück bin, machen wir uns auf die Suche. Bestimmt haben wir ihre Adresse und Telefonnummer innerhalb einer Woche raus.«
»Versprochen?«
»Na klar«, sagte sie und führte eine Gabel voll Salat zum Mund. Der beiläufig gesprochene Satz flackerte in ihrem Kopf wie eine Neonreklame: Bestimmt haben wir ihre Adresse und Telefonnummer innerhalb einer Woche raus.
Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Sie setzte sich kerzengerade hin und starrte in die Ferne. »Oh Gott, das haben wir völlig übersehen«, sagte sie atemlos. »Titania hat mir doch das Seelenbuch geschickt.«
»Ja, wir können davon ausgehen, dass sie es war.«
»Also weiß sie, wo ich wohne.«
Edric machte große Augen. »Warum hat sie also nicht einfach an deine Tür geklopft und nach dir gefragt?«
»Genau!«, sagte Tania. »Sie hat die letzten fünfhundert Jahre versucht, auf meiner Spur zu bleiben und zum sechzehnten Geburtstag schickt sie mir mein Seelenbuc h – und dann? Nichts! Das ist doch merkwürdig, oder?«
»Dafür muss es einen Grund geben. Ist denn in der Zeit, als du im Krankenhaus lagst, jemand bei euch zu Hause vorbeigekommen? Irgendjemand, den deine Eltern nicht kannten?«
Tania zuckte die Achseln. »Sie haben jedenfalls niemanden erwähnt.«
»Hast du sie mal gefragt?«
»Na j a … nei n …«
»Vielleicht solltest du das tun.«
Tania sah ihn an. »Ja, vielleicht.«
Nach der Schule hatten sie Kostümprobe. Alle waren nervös. Die Amme blieb im Text hängen. Mercutio stolperte über sein Schwert, ein Teil des Bühnenbilds fiel um und stürzte auf einen der Darsteller.
Davon abgesehe n – und abgesehen von dem Umstand, dass Tania darauf brannte, es möge endlich vorbei sein, damit sie nach Hause und ihren Eltern die alles entscheidende Frage stellen konnt e – lief alles gut.
Tania rief zu Hause an, um ihrem Vater
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