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Die verlorene Kolonie

Die verlorene Kolonie

Titel: Die verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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hatten über zwei Stunden geschlafen! Mann, was waren wir für Schlaffies!
    Ich lehnte mich vor und strich verträumt über Addys Haare. Sie fühlten sich weich wie Seide an. Dann rüttelte ich an Bens Schulter. „He, wacht auf! Ihr könnt daheim in eurem Bett weiterpennen!“
    Ben öffnete die Augen und sah genauso überrascht aus der Wäsche wie ich wenige Minuten zuvor. Auch Addy begann sich zu regen und setzte sich stöhnend auf.
    „Was ist los?“, fragte sie.
    „Kollektive Schlappheit würde ich sagen“, erwiderte ich lachend. „Wir können eben nichts mehr ab!“
    Ben gähnte, stand auf und streckte seine Glieder. Dabei rutschte sein T-Shirt hoch und entblößte seinen Bauch. Ich kam nicht umhin, bewundernd auf sein wohlgeformtes Sixpack zu starren. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass es Addy genauso erging, und fühlte einen Stich irgendwo zwischen meinem Magen und meinem Herzen. Vielleicht sollte ich mal ins Fitnessstudio gehen, um wenigstens meine Figur für die Frauenwelt attraktiver zu gestalten? Bei diesem abwegigen Gedanken musste ich still in mich hineinlachen. Jerry Benchley in einer Muckibude, das war wie Mickey Mouse in Gotham City.
    Ich erhob mich ebenfalls. Ben und Addy sammelten ihre Jacken ein und ich begleitete sie nach unten zur Haustür.
    „Morgen hab ich leider viel zu tun“, sagte Addy. „Hab erst nach fünf wieder Zeit.“
    „Dann lasst uns doch um halb sechs in der Bibliothek am College treffen. Bis dahin hast du doch bestimmt das Ergebnis der Altersdatierung, Jerry, oder?“, schlug Ben vor. „Wenn das Ding tatsächlich echt ist, dann ist das eine Sensation! Und wir müssen uns einen Plan machen, wie wir weiter vorgehen wollen.“
    „Okay, ich geb euch Bescheid“, sagte ich und verabschiedete mich. Von der Haustür aus sah ich den beiden nach, wie sie in Bens alten Chevy-Van stiegen und losfuhren. Wir machten immer Witze über die Kiste, weil sie aussah wie das typische Serienkiller-Modell. Es war ein alter Hybrid, der noch mit Benzin fahren konnte – fast schon eine Antiquität. Leider war Benzin unbezahlbar und nur noch an wenigen, speziellen Tankstellen zu haben. Heute bewegte sich der Homo sapiens ökologisch korrekt und ausschließlich emissionslos fort, Abgase und Luftverschmutzung gehörten der Vergangenheit an.
    Ich wollte die Tür schließen, da erblickte ich erneut die schwarze Limousine auf der anderen Straßenseite. Die Matthaus hatten aber lange Besuch. Mein Blick glitt über die Hausfassade und die Fenster der Nachbarn. Komisch, bei den Matthaus brannte gar kein Licht mehr. Tja, dann gehörte das Auto wahrscheinlich jemanden anderem in der Straße. Vielleicht hatten die Slidells von nebenan im Lotto gewonnen. Ich schloss die Tür und schleppte mich erschöpft in mein Zimmer. Es war höchste Zeit, an der Matratze zu horchen.

- 5 -

    Am nächsten Morgen weckte mich mein iD. Eine Nachricht von Selma blinkte aus dem Display.
    „Aufgewacht, Herzchen, Frühstück ist fertig!“, las ich und quälte mich aus dem Bett. Ich hatte traumlos bis zum Morgen durchgeschlafen, beinahe wie in einer dumpfen Bewusstlosigkeit. Was war gestern Abend nur mit uns losgewesen? So schlapp hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Und dabei hatten wir noch nicht einmal was getrunken, das auch nur annähernd mit Alkohol zu tun hatte.
    Nachdem ich mich im Bad einigermaßen wiederhergestellt hatte, begab ich mich nach unten und traf in der Küche auf Selma und Dad. Mein Vater saß am Tisch und trank Kaffee, während unsere Haushälterin am Herd hantierte. Der Duft von frischgebackenen Pancakes wehte mir verführerisch um die Nase.
    „Guten Morgen“, sagte ich und setzte mich neben meinen Dad.
    „Gutem Morgen, mein Herzchen“, flötete Selma und ließ einen Pfannkuchen auf meinen Teller gleiten. „Lass es dir schmecken.“
    „Danke.“ Ich goss mir mindestens die halbe Flasche Sirup über den Pfannkuchen und begann genüsslich zu essen.
    „Ihr habt gestern aber lange gemacht“, brummte mein Dad.
    Ich sah auf und bemerkte, dass sein Gesicht eingefallen und müde wirkte. Auch stachen die OP-Narben an seinem Kopf ungewöhnlich weiß aus seinem kurzen, noch immer dunklen Haar hervor. Ich fragte mich, ob er zu viel arbeitete und zu wenig schlief.
    „Wir mussten etwas besprechen fürs College“, entschuldigte ich mich. „Es tut mir leid, falls wir dich gestört haben.“
    „Schon gut. Wie geht’s denn mit deiner Bachelor-Arbeit voran?“
    „So, lala. Ich habe vor ein paar

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