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Die verlorene Kolonie

Die verlorene Kolonie

Titel: Die verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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sah sie mir an. Die Kopie einer Karte von 1860 zeigte eine dreieckige Insel an der Mündung des Flusses. Bingo! Ich hatte die Bucht also eindeutig identifiziert. Zufrieden rollte ich die Karten zusammen und steckte sie zurück. Danach zückte ich mein iD und sah nach, was meine Freunde gerade taten. Es war halb drei. Addy war noch im Geschichtsforum und Ben im Fitnessraum. Wenn Batman in Gotham City ist, dann ist das okay , dachte ich amüsiert. Nächsten Montag hatte Bens Team ein wichtiges Spiel und dafür musste er fit sein.
    Mein Magen knurrte und ich verließ die Bibliothek. Da ich wenig Lust hatte, in die Cafeteria auf dem Campus zu gehen und dort womöglich Mike Catrell zu begegnen, fuhr ich mit dem Rad zum Diner an der Auffahrt zum Expressway und bestellte mir ein Chicken-Sandwich und einen Kaffee. Ich zahlte mit dem iD und setzte mich an einen Tisch am Fenster. Da ich erst um vier bei Charles Dudley auftauchen musste, gab ich erneut ‚Olympic Regent Hotel‘ in die Suchmaschine ein, um die Zeit zu überbrücken. Die drei Einträge erschienen, und ich öffnete das Bild am Ende.
    Die Worte meines Vaters kamen mir in den Sinn, während ich das Foto betrachtete: ‚ Jerry! Nein! Nicht die Rutsche runterrutschen! Geh da weg. Ich muss zurück zum Hotel. Ich muss ihn finden! Das Olympic Regent. Dort ist es … dort ist es! ‘
    Es ließ mich einfach nicht los. Wo war mein Dad vor dem Unfall gewesen? Und was war dort geschehen? Das mit der Keksdose konnte kein Zufall sein. Selma und Dad waren an demselben Ort gewesen, im Olympic Regent Hotel! Davon war ich mittlerweile felsenfest überzeugt.
    Ich vergrößerte das Bild, so weit die Auflösung es zuließ, und ergründete jeden Quadrat-Zoll der Aufnahme. Die pompös vergoldete Einrichtung der abgebildeten Lobby, den Teppich, die Kübelpflanzen, den Tresen der Rezeption, die Wand dahinter und die Dame im Kostüm. Ihre blonden Haare waren zu einem strengen Pferdeschwanz zurückgebunden und ihr starrer Blick hypnotisierte mich regelrecht. Die Frau trug ein Namensschildchen am Revers, doch das war zu klein, um es lesen zu können. Frustriert biss ich mir auf die Lippe. Irgendwo musste es doch Informationen über das Hotel geben, einen Eintrag im Hotelbranchenregister, alte Reisekataloge … irgendetwas!
    Ich gab den Namen in die Suchmaske eines weltweiten Reiseveranstalters ein. Wie erwartet konnte man nirgendwo einen Aufenthalt in einem Olympic Regent Hotel buchen. Ich suchte die Nummer des amerikanischen Hotel-Verbandes heraus und wählte sie.
    „American Hotel & Lodging Association, Joan Kelly. Was kann ich für Sie tun?“, meldete sich eine Frau am anderen Ende. Ich hatte den Modus „normale Telefonie“ gewählt und so konnte ich den anderen Teilnehmer nur hören und nicht sehen, denn ich wollte nicht, dass jemand das Gespräch mithörte.
    „Äh, ja, guten Tag“, sagte ich, „mein Name ist Jerry Benchley. Ist es möglich, zu erfahren, ob ein bestimmtes Hotel bei Ihnen registriert ist oder war?“
    „Natürlich. Um welches Hotel geht es denn?“
    „Das Olympic Regent.“
    „In welchem Bundesstaat und welcher Stadt?“
    „Das weiß ich leider nicht. Können Sie nicht staatenübergreifend nachschauen?“ Ich hörte ein Seufzen am anderen Ende.
    „Okay, aber nur, weil Sie so nett klingen. Warten Sie bitte.“ Die Melodie einer Warteschleife ertönte. Es war ein Ausschnitt aus Carmina Burana. Ich summte leise mit. Als der Loop zum dritten Mal startete, verlor ich langsam die Geduld und sah auf die Uhr. Kurz nach vier! Ich musste schnellstens zur St. Johns Universität und das Ergebnis der Datierung abholen. Das Telefonat konnte warten. Ich wollte gerade auflegen, da war Mrs. Kelly wieder am Apparat.
    „Hören Sie, Mr. Benchley?“
    „Ja?“
    „Es gibt kein Olympic Regent in den Staaten, noch war jemals ein Hotel dieses Namens hier registriert.“
    Obwohl ich es bereits geahnt hatte, war ich enttäuscht. „Könnte es sein, dass es nicht in Ihrem Register steht, aber trotzdem in Betrieb ist, sozusagen schwarz?“
    „Alle Hotels, Lodges und ähnliche Unterkünfte müssen bei uns angemeldet sein, das ist Vorschrift. Sicherlich gibt es immer wieder schwarze Schafe, aber unsere Kontrollen sind sehr scharf. Sind Sie sicher, dass es ein Hotel in den USA ist?“
    „Nein, bin ich nicht“, erwiderte ich matt, „aber haben Sie vielen Dank für Ihre Mühen. Auf Wiederhören.“
    „Moment noch …“
    Ich hob das iD wieder an mein Ohr. „Ja, bitte?“
    „In einer

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