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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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erschien in der Terrassentür und sprach ruhig in ein Walkie-Talkie. Ihr Vater ging neben ihr, den quengelnden Beau an der Hand. Als Letzter tauchte Billy Kong auf, leicht gebeugt unter dem Gewicht der großen Golftasche.
    »Da sind Sie, Holly. Alles bereit?«
    »Artemis! Ich leite hier den Einsatz«, kam die gereizte Antwort. »Halte dich aus meiner Frequenz raus, solange du nichts Wesentliches beizutragen hast.«
    »Ich dachte nur...«
    »Und ich denke, du bist ein elender Kontrollfreak.«
    Artemis sah Butler an, der neben ihm am Rand des Abhangs lag und den Wortwechsel zwangsläufig mitgehört hatte. »Kontrollfreak? Wie kommt sie nur darauf?«
    »Kann ich mir nicht erklären«, erwiderte der Leibwächter, ohne den Blick vom Herrenhaus zu wenden.
    Links von ihnen begann eine Stelle des Erdreichs zu vibrieren. Dann schoss eine Fontäne aus Erde, Gras und Insekten hoch, gefolgt von zwei Köpfen: ein Zwerg und ein Wichtel.
    Doodah kletterte von Mulchs Schultern und ließ sich auf den Boden fallen. »Ihr seid ja alle wahnsinnig«, keuchte er und pflückte einen Käfer von der Hemdtasche. »Dafür hätte ich mehr verdient als Straferlass. Zum Beispiel eine Pension.«
    »Still, kleiner Mann«, sagte Butler ernst. »Jetzt beginnt Phase zwei des Plans, und die möchte ich nicht Ihretwegen verpassen.«
    Doodah erbleichte. »Ich... ich auch nicht. Das heißt, ich möchte auch nicht, dass Sie die verpassen. Schon gar nicht meinetwegen.«
    Drüben bei den Garagen öffnete Billy Kong den Kofferraum eines der BMWs und hievte die Golftasche hinein. Es war der Wagen mit den getönten Scheiben.
    Artemis öffnete den Mund, um einen Befehl auszusprechen, schloss ihn jedoch wieder. Vermutlich wusste Holly, was sie zu tun hatte.
    Sie wusste es. Die Fahrertür öffnete sich einen Spalt, augenscheinlich von allein, und schloss sich wieder. Bevor Billy oder Minerva wussten, wie ihnen geschah, heulte der Motor des Geländewagens auf und schoss mit quietschenden Reifen Richtung Haupttor davon.
    »Perfekt«, murmelte Artemis. »Jetzt wollen wir doch mal sehen, wie klug dieses vermeintliche Verbrechergenie wirklich ist. Ich jedenfalls wüsste, was ich in dieser Situation tun würde.«
    Minerva Paradizos Reaktion war nicht ganz so, wie man es von einem Kind erwarten würde, dem gerade das Lieblingsspielzeug gestohlen wurde. Kein wütendes Geheule und kein Fußstampfen. Auch Billy Kong enttäuschte die Erwartungen. Er zog nicht mal seine Waffe. Stattdessen ging er in die Hocke, fuhr sich mit der Hand durch die Manga-Frisur und zündete sich eine Zigarette an, die Minerva ihm prompt aus dem Mund riss und mit dem Fuß zertrat.
    Derweil jagte der Geländewagen auf das Tor zu. Vielleicht war Minerva überzeugt, dass das verstärkte Stahlgitter den BMW schon zum Halten bringen würde. Doch da irrte sie. Holly hatte die Riegel bereits mit ihrer Neutrino angeschmort. Ein leichter Druck der Stoßstange würde ausreichen, um das Tor auffliegen zu lassen - falls der Wagen so weit kam. Was er nicht tat.
    Nachdem Minerva Kongs Zigarette zertreten hatte, nahm sie eine Fernbedienung aus der Tasche, tippte einen kurzen Code ein und drückte auf Senden. Im Belüftungssystem des BMWs detonierte eine kleine Sprengladung, die eine Wolke Sevofluran freisetzte, ein starkes Betäubungsgas. Sekunden später begann der Wagen zu schlingern, durchbrach die Büsche entlang der Einfahrt und pflügte eine Schneise in den manikürten Rasen.
    »Das sieht nicht gut aus«, sagte Butler.
    »Hmm«, sagte Artemis. »Ein Gas, nehme ich an. Schnell wirkend. Wahrscheinlich Cyclopropan oder Sevofluran.«
    Butler erhob sich auf die Knie und zog die Waffe. »Soll ich rübergehen und sie mir schnappen?«
    »Nein, sollen Sie nicht.«
    Der BMW hüpfte jetzt wild über das unebene Gelände. Er verwüstete eine Minigolfanlage, zerstörte eine Gartenlaube und enthauptete die Statue eines Zentauren.
    Ein paar Tausend Kilometer tiefer verzog Foaly schmerzlich das Gesicht.
    Schließlich kam der Wagen auf dem Dach in einem Lavendelbeet zum Halten. Die Hinterräder rotierten weiter, dass Lehmbrocken und Blütenrispen wie Geschosse durch die Luft flogen.
    Echt filmreif , dachte Mulch, behielt es jedoch für sich. Jetzt war vielleicht nicht der richtige Moment, um Butlers Geduld zu strapazieren.
    Alles in Butler drängte danach, loszulaufen. Die Pistole lag in seiner Hand, und sämtliche Sehnen an seinem Hals waren gespannt, doch Artemis legte ihm sanft die Hand auf den Arm.
    »Nein«, sagte er.

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