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Die Verlorene Kolonie

Die Verlorene Kolonie

Titel: Die Verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Vorschein. »Wir ziehen den Einsatz vor«, sagte er in das Mikro. »Öffnet das Pferd.«
    Soto war verwirrt.
    Wovon redete dieser Idiot? Pferde?
    »Wo haben Sie das Mikrofon her? Ist das aus dem Tresor? Es ist ausschließlich für offizielle Funksprüche vorgesehen.«
    Doch Minerva hatte die Anspielung auf die Ilias verstanden. Öffnet das Pferd konnte sich nur auf das hölzerne Pferd von Troja beziehen. Kong hatte Verräter bei ihnen eingeschleust.
    »Papa«, sagte sie drängend. »Wir müssen verschwinden.«
    »Verschwinden? Das hier ist mein Haus. Ich habe ja fast alles mitgemacht, was du von mir wolltest, chérie , aber das ist lächerlich...«
    Minerva sprang auf und lief um den Tisch. »Bitte, Papa. Wir sind in Gefahr.«
    »Ach wo«, sagte Soto beruhigend. »Mademoiselle ist keineswegs in Gefahr. Meine Männer beschützen Sie. Möglicherweise waren die Anstrengungen des Tages ein bisschen viel. Vielleicht sollten Sie sich ein wenig ausruhen.«
    Minerva runzelte frustriert die Stirn. »Sehen Sie denn nicht, was hier passiert? Mister Kong hat seinen Männern ein Zeichen gegeben. Womöglich haben sie schon das Ruder übernommen. Er hat sich wie ein Wolf im Schafspelz bei uns eingeschlichen.«
    Gaspard Paradizo vertraute der Intelligenz seiner Tochter. »Soto, könnte das sein?«
    »Unmöglich«, erwiderte Juan Soto, doch bei aller Zornesröte lag um seine Nase ein Hauch von Blässe. Etwas an Kongs grinsender Gelassenheit machte ihn nervös. Zudem war er nicht der erfahrene Kämpfer, den sein Lebenslauf vermuten ließ. Ja, er hatte ein Jahr bei der spanischen Friedenstruppe in Namibia verbracht, aber er war die ganze Zeit über einem Journalisten als Begleiter zugeteilt gewesen und hatte nie an irgendwelchen Gefechten teilgenommen. Bisher war er in seinem Job mit Prahlerei und rudimentären Kenntnissen von Waffen und Kampftaktiken durchgekommen, aber wenn er mit jemandem konfrontiert wäre, der wirklich wusste, was Sache war...
    Soto nahm sein Funkgerät vom Gürtel. »Unmöglich«, wiederholte er. »Aber um Sie zu beruhigen, werde ich die Wachen verdoppeln und meinen Leuten sagen, dass sie besonders wachsam sein sollen.« Er drückte auf den Sprechknopf. »Meldung machen. Paarweise. Die übliche Reihenfolge.«
    Soto ließ den Knopf los, doch als Antwort kam nur Rauschen. Der gleichförmige, endlose Ton klang in Sotos Ohren unheimlicher als Geistergeheul, und er bemühte sich, unbeschwert und selbstbewusst dreinzuschauen. Doch er verriet sich durch eine Schweißperle, die ihm über die Stirn rann. »Das Gerät muss kaputt sein«, stammelte er.
    Billy Kong schüttelte den Kopf. »Zwei Schüsse«, sagte er in das Mikro an seinem Revers.
    Kaum eine Sekunde später zerriss ein doppelter Knall die Stille.
    Kong grinste. »Damit wäre wohl geklärt, wer hier das Sagen hat.«
    Soto hatte sich oft gefragt, wie er im Angesicht einer echten Gefahr reagieren würde. Vorhin, als er dachte, sie würden belagert, war er leicht panisch geworden, hatte aber die üblichen Maßnahmen ergriffen. Das hier war anders.
    Soto griff nach seiner Waffe. Ein geübter Schütze konnte das, ohne hinzusehen, aber Soto war kein geübter Schütze. Während er noch den Blick zu seinem Pistolenhalfter senkte, war Kong bereits auf den Tisch gesprungen und schlug ihn bewusstlos.
    Mit einem leisen Seufzer kippte der Chef des Sicherheitsdienstes mitsamt seinem Stuhl hintenüber.
    Kong hockte auf dem Tisch, die Ellbogen auf die Knie gestützt. »Ich will diesen Dämon wiederhaben«, sagte er und zog beiläufig einen Dolch aus einer geheimen Tasche im Ärmel seines Jacketts. »Wie kriegen wir ihn zurück?«
    Gaspard Paradizo schlang die Arme um seine Tochter und drückte sie schützend an sich. »Wenn Sie ihr wehtun, Kong...«
    Billy Kong verdrehte die Augen. »Für Verhandlungen habe ich keine Zeit, Doc.« Er ließ den Dolch zwischen den Fingern kreisen, dann schleuderte er ihn mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk auf Gaspard. Der Dolchgriff schlug gegen die Stirn des Chirurgen, und er fiel von Minerva weg wie ein abgelegter Mantel.
    Minerva sank auf die Knie und umfasste den Kopf ihres Vaters. »Papa? Wach auf, Papa!« Einen Moment lang war sie wie ein kleines Mädchen, dann schaltete sich ihr Verstand wieder ein. Sie tastete nach dem Puls ihres Vaters und berührte die Aufprallstelle mit den Fingerspitzen. »Sie können von Glück sagen, dass Sie sich keine Mordanklage eingehandelt haben, Kong.«
    Kong zuckte die Achseln und zog einen

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