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Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Titel: Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckart Klessmann
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Überfall entgangen war. Ein armer Jude brachte sie »für geringes Geld« nach einigen Stunden auf die vorgesehene Militärstraße. Nachts im Wald sah man ein Feuer und traf zur großen Überraschung die drei Glogauer Juden wieder. »Es mag ihnen wohlgetan haben, daß ich sie nie etwas von den Vorurteilen fühlen ließ, die man im allgemeinen in der Gesellschaft gegen die Juden hegt.«
    In Minsk legte die Reisegruppe mehrere Tage Rast ein. Da die Avantgarde Tschitschagows sich schon bedrohlich der Stadt näherte, konnte Adam die Reise nicht wie geplant über Grodno und Warschau fortsetzen, sondern mußte den Umweg über Wilna nach Königsberg nehmen. In Wilna verabschiedete er seinen Diener (der ihn drei Jahre später in München besuchen sollte) und kam mit seinen Reisegefährten am 5. November in Tilsit an. Hier befand man sich nun auf preußischem Boden, und es drohte keine Gefahr mehr, auch wenn man der dunkelgrünen Uniform eines italienischen Offiziers, die Adam trug, mit spürbarem Mißtrauen und demonstrativer Zurückhaltung begegnete, denn der Haß auf Napoleon und seine Alliierten war außerordentlich, doch Adam gab sich als guter Deutscher zu erkennen.
    Eine Heimkehr, wie sie der junge Zeichner erlebte, stets im Wagen und bei guter Ernährung, ist sonst keinem aus der Grande Armée vergönnt gewesen, wie noch zu erzählen sein wird. Napoleons Hauptarmee befand sich am 6. November, als Adam in Königsberg eintraf, noch unter den beschriebenen Umständen in Smolensk. Beim Weitermarsch nach dem 123 Kilometer entfernten Orscha stießen Napoleons Truppen am 17. November bei Krasnoje, 40 Kilometer südwestlich vonSmolensk, auf die russische Armee, die dem Kaiser den Weg abzuschneiden suchte. Ein ähnliches Manöver hatte, wie geschildert, am 14. August Marschall Ney versucht, als er den sich auf Smolensk zurückziehenden Russen den Weg nach Moskau verlegen wollte, was dann fehlgeschlagen war. Jetzt freilich sahen die Kräfteverhältnisse ganz anders aus. Napoleon verfügte nur noch über 49 000 einsatzfähige Soldaten, denen 60 000 Russen gegenüberstanden. Doch nicht diese leichte Überlegenheit war entscheidend. Die russischen Soldaten waren in besserer Verfassung, die Einheiten der Grande Armée unterernährt und erschöpft. Der entscheidende Vorteil der Russen war ihre enorme Überlegenheit an Artillerie, während die meisten Geschütze der napoleonischen Armee mangels fehlender Pferde nicht mehr bewegt werden konnten und unterwegs liegengeblieben waren. Hinzu kam die Zersplitterung der Kräfte, über die Napoleon gebot. Denn als die Kämpfe begannen, waren das 1., 3. und 4. Armeekorps noch von Smolensk her im Anmarsch, wobei der Name »Armeekorps« einen falschen Eindruck vermittelt. Denn das 1. Armeekorps unter Marschall Davout verfügte nur noch über 8000 Soldaten, das 3. unter Marschall Ney und das 4. unter Eugène de Beauharnais nur noch über jeweils 5000 einsatzfähige Soldaten. Die Kämpfe bei Krasnoje dauerten drei Tage und endeten, wie nicht anders zu erwarten, mit einem Sieg Kutusows. Die Grande Armée verlor 10 000 Mann an Toten und Verwundeten, 20 000 Soldaten wurden gefangengenommen und 200 Kanonen waren kampfunfähig, die Russen hatten etwa 2000 Soldaten, tot oder verwundet, eingebüßt. Neys 3. Korps war zeitweise sogar eingeschlossen, konnte aber ausbrechen.
    Daß diese Schlacht von Krasnoje nicht zur völligen Vernichtung Napoleons führte, lag zum einen an der ungeminderten Schlagkraft der französischen Garde, die trotz schwerer Verluste durch Krankheit, Frost und Erschöpfung immer noch 14 000 Soldaten zählte, das Rückgrat dieser Restarmeebildete und den völligen Zusammenbruch verhinderte. Hier zeigte sich, wie richtig Napoleon gehandelt hatte, als er am Abend der Schlacht von Borodino den Einsatz der Garde verweigert hatte; ohne diese Eliten wäre er jetzt verloren gewesen. Der Kaiser war nicht mehr zu Pferd, sondern marschierte mitten unter seinen Grenadieren. »Seine Nähe, die Ruhe seiner Gesichtszüge und Bewegungen richteten jeden von uns auf«, schreibt der westphälische Hauptmann Johann von Borcke, »der Gedanke, er könne das unmöglich Scheinende möglich machen, nahm selbst den Verzagtesten ein und erfüllte alle mit neuem Mut und mit Begeisterung.« Als die Musik der Garde das populäre Soldatenlied Ou peut en être mieux qu’au sein de sa famille? (Wo kann man besser sein als im Schoß seiner Familie?), fuhr er dazwischen: »Spielt lieber Veillons au salut de

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