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Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Titel: Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckart Klessmann
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Sympathien konnte er im Herzogtum Warschau und in Litauen erwarten, aber nachdem man diese Landstriche gründlich ausgeplündert hatte, war es mit dem Glück vorbei, wie sich in den nächsten Kapitelnzeigen wird, vor allem, wieviel »Liebe« und »Wohltaten« die nun zurückflutende Armee erwarten durfte. Napoleon war offensichtlich jedes Gefühl für Realität abhanden gekommen, wie dieser Tagesbefehl zeigt.
    Schon am Nachmittag des 18. Oktober hatte das 1. und 4. Armeekorps seinen Rückzug aus Moskau begonnen, Napoleon selbst folgte am nächsten Tag mit seiner Garde und den noch verbliebenen Truppen, zum Teil auch mit den Verwundeten aus den Moskauer Lazaretten. Eine Nachhut von 8500 Soldaten unter dem Kommando von Marschall Mortier blieb zur Deckung des Rückzugs in Moskau zurück. Murat, der sich allzu vertrauensselig in einem Waffenstillstand zu befinden glaubte, weil es seit zwei Wochen zu keinerlei Kämpfen mit den Russen gekommen war, war sehr unsanft aus seinen Träumen gerissen worden, als ihn General Bennigsen bei Tagesanbruch in seiner Stellung unweit Tarutino mit weit überlegenen Kräften angegriffen hatte und seine Truppen wie schon bei Winkowo erneut geschlagen wurden. Murat hatte es nicht einmal für nötig gehalten, die Bewegungen der Russen beobachten zu lassen, weswegen ihm deren Verstärkungen auch nicht aufgefallen waren, geschweige denn die Vorbereitungen zum Angriff. Von seinen 20 000 Soldaten und 187 Kanonen verlor er 2000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen sowie 36 Geschütze, dazu sein ganzes persönliches Gepäck. In seiner Küche fanden die Russen angeekelt »zubereitetes Pferdefleisch und abgezogene gespickte Katzen«, berichtet Major Woldemar von Löwenstern; man habe die Katzen »voll Grauen Hunden hingeworfen«.
    Mit Murats gerupften Truppen, den Westphalen bei Moshaisk und einigen anderen Vorposten verfügte Napoleon in und um Moskau noch über 108 000 Soldaten und 569 Kanonen. Der Abzug des Kaisers am 19. Oktober gab einen Vorgeschmack auf das Kommende, wie die Aufzeichnungen von Leutnant von Martens, Leutnant von Kurz und Oberleutnant Christoph Ludwig von Yelin, alle Württemberger vom 3. Armeekorps,bezeugen. »Der ungeheure Troß von Fuhrwerken aller Art, selbst sehr elegante Reisewagen, alle mit Beute beladen, mit Militärbeamten, Dienern, Weibern und selbst Kindern«, schreibt Martens, »folgte in unermeßlichem Zuge dem zahlreichen Geschütze und den Munitionswagen, das Gedränge war so groß, daß wir erst mit Sonnenaufgang die äußerste Barriere erreichen konnten. Die verschiedenen Korps kreuzten sich in den Straßen der Stadt, die Masse von Fuhrwerken hemmte oft das Vorrücken durch ihre schlechte Bespannung.« Leutnant von Kurz berichtet: »Außer dem Geschütz, Pulverwagen und Fourgons (Gepäckwagen) war das übrige zahllose Fuhrwerk mit Lebensmitteln aller Art, Wein, Branntwein, Zucker, Kaffee, Tee, Tabak, Pökelfleisch, gedörrten Fischen usw. in Menge beladen. Auf anderen Wagen lag reiche Beute an Gold, Silber, Edelsteinen und Pelzwerk der kostbarsten Art. Die meisten Offiziere hatten eigene Wagen, die Generale zu halben Dutzenden. Verpflegungsbeamte und Schauspieler, Kinder und Weiber, Krüppel, Verwundete und Kranke fuhren dazwischen auf Kibitken (leichten Wagen) und Droschken einher; unzählige Bediente und Mägde, Marketender u. dgl. begleiteten diese Züge.«
    Christoph Ludwig von Yelin sah sogar den Kaiser in diesem Getümmel: »Der Troß glich einem Gesindel, das, wie aus einem fremden, unbekannten Lande kommend, auf einmal zu uns gestoßen wäre, mit allen erdenklichen Kleidungsstücken angetan, jetzt schon eine Maskerade bildete. Diese waren die ersten beim Abmarsch, wodurch der geordnete Marsch immer unterbrochen wurde, sie wollten ihre in Moskau erbeuteten Sachen aller Art je bälder je lieber und immer vor der Armee in Sicherheit wissen; da aber schon hier, in den zum Teil engen, zum Teil durch Trümmer von eingestürzten Häusern verengten Straßen, der Troß seine mit Beute beladenen Wagen, Karren, Kaleschen, schöne und schlechte Karossen, kurz, alle nur erdenklichen Gefährte, in der ängstlichen Eile alles ineinanderfuhr und nur nach und nach wieder durchAufsicht und Ordnung auseinandergewickelt werden konnte, so ward diesen befohlen, so lange zu warten, bis die noch geordneten Truppen passiert seien, wodurch wir schon jetzt den fürchterlichsten Durcheinander sahen, der später öfters beim kleinsten Defilee (Engpaß) entstand. Napoleon

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