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Die Verlorenen von New York

Die Verlorenen von New York

Titel: Die Verlorenen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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weggeschickt. Daran kannst du erkennen, ob dich jemand wirklich liebt. Wenn er dich gehen lässt.«
    Freitag, 18 . November
    Fünf Stunden hatten Alex, Kevin und Julie in der Lebensmittelschlange gestanden, und am Ende hatten sie gerade so viel bekommen, dass es für das Wochenende reichen würde, vielleicht auch für Montag. Alex brachte die Tüten in die Wohnung hinauf und steckte dann drei der Bierdosen seines Vaters ein und die letzte Flasche Scotch. Das Bier hatte er so lange wie möglich zurückgehalten, aber die Lage wurde langsam kritisch. Er hatte sich inzwischen daran gewöhnt, nur ein Mal am Tag zu essen, und auch Julie würde sich, wenn nötig, daran gewöhnen, aber für Bri mussten auf jeden Fall Lebensmittel im Haus sein.
    Er schaute kurz bei ihr hinein. Sie lag in ihrem Schlafsack, mit mehreren Decken zugedeckt, und lächelte ihm zu.
    »Ich kann leider nicht winken«, sagte sie. »Ich kriege hier kaum die Arme raus.«
    »Lass sie lieber drin«, erwiderte er. »Damit du warm bleibst. Ich muss kurz los, ich will noch ein paar Lebensmittel besorgen.«
    »Sei vorsichtig«, sagte sie. »Ich hab dich lieb, Alex.«
    »Ich dich auch«, antwortete er.
    Alex steckte Bier und Scotch in seinen Rucksack und zog den schweren Wollmantel über, den Greg oder Bob im Juni hiergelassen hatten, als noch keiner mit dieser Dauerkälte rechnen konnte. Er war froh, dass er ihn behalten hatte. Alle anderen Mäntel waren weg.
    Auf dem Weg zu Harvey war er nervöser als sonst, und er lachte kurz auf, als ihm einfiel, dass er sich ja mit den Bierdosen verteidigen könnte. Der Typ, der Julie überfallen hatte, hatte sich nicht mehr blickenlassen, was aber nicht heißen musste, dass er sich nicht noch irgendwo herumtrieb.
    Alex kam ohne Zwischenfälle bei Harvey an und stellte erleichtert fest, dass dieser im Lauf der Woche keine weiteren Zähne eingebüßt hatte.
    »Ich habe was richtig Feines mitgebracht«, sagte Alex, während er den Rucksack auspackte.
    Harvey nickte nachdenklich. »Auf dich ist immer Verlass, Alex«, sagte er. »Ich hab hier ein halbes Dutzend Dosen Mischgemüse, und hier – kennst du die noch? – vier Trinkpäckchen und eine schöne Packung Reis.«
    »Für den Anfang nicht schlecht«, sagte Alex und eröffnete das mittlerweile vertraut gewordene Ritual. »Vielleicht gebe ich den Scotch dafür her. Was haben Sie denn für das Bier zu bieten?«
    Harvey lachte. »Du bist echt ’ne Marke«, sagte er. »Okay, ich leg noch zwei Dosen feinsten Spinat mit drauf, und nur weil du’s bist, auch noch eine Dose Limabohnen.«
    »Ich mag keine Limabohnen«, sagte Alex und erinnerte sich an eine Zeit, in der er die um keinen Preis gegessen hätte.
    »Schade«, sagte Harvey. »Wie wär’s stattdessen mit Pilzen?«
    Limabohnen waren sättigender. »Ich nehm doch die Limabohnen«, sagte Alex. »Und was noch?«
    »Du treibst mich in den Ruin«, sagte Harvey. »Aber gut, für dich dann auch noch die letzte existierende Packung Cheerios .«
    »Abgemacht«, sagte Alex. Inklusive Reis und Cheerios sollten sie wohl eine Woche oder länger über die Runden kommen.
    »Moment, Moment«, sagte Harvey. »Ich möchte dir noch ein anderes Angebot machen.«
    »Was denn?«, fragte Alex, auch wenn nichts besser sein konnte als die Cheerios .
    »Letzten Freitag hab ich nichts gesagt, weil ich mich erst noch ein bisschen umhören wollte«, erklärte Harvey. »Ob’s irgendwas für dich und deine kranke Schwester gibt. Einen sicheren Ort, und gut zu erreichen sollte er sein, stimmt’s?«
    »Stimmt«, bestätigte Alex. »Sagen Sie bloß, Sie haben was gefunden.«
    »War nicht leicht«, sagte Harvey. »Aber ich hab schon alles in die Wege geleitet. Ein Lieferwagen holt euch ab und bringt euch direkt zu einem Ort in der Nähe von Gainesville in Florida. Eine von diesen gesicherten Städten für wichtige Leute und ihre Familien. Reichlich zu essen. Strom. Schulen. Sogar ein Krankenhaus. In so einem Laden würde ich auch gern mal landen.« Er spuckte verächtlich aus. »Aber ich sterbe immer noch lieber hier als in einem dieser Evak-Lager«, sagte er. »Schön, dass wenigstens ihr dieses Problem nicht mehr habt.«
    »Ich danke Ihnen, Harvey«, sagte Alex. »Wann kann’s denn losgehen?«
    Harvey lächelte. »Sobald du mir deine Schwester hier vorbeibringst. Dieses süße kleine Biest«, sagte er.
    »Könnte der Lieferwagen uns nicht auch zu Hause abholen?«, fragte Alex. »So weit kann Bri bestimmt nicht mehr laufen.«
    »Kein Problem«,

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