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Die Vermessung der Lust (German Edition)

Die Vermessung der Lust (German Edition)

Titel: Die Vermessung der Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catrin Alpach
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auffordern. Das war...«
    »...animalisch«, ergänzte Lars und nickte. »Sind Sie in diesem Moment... erregt worden?«
    Madeleine Vulpius dachte einige Sekunden nach. »Ja, so könnte man es sagen. Ich bekam dieses vaginale Ziehen, verstehen Sie?«
    Nun, davon hatte Lars noch nichts gehört. Vaginales Ziehen, interessant.
    »Wie muss man sich das vorstellen? Wie.... bei Männern? Wenn es, nun ja, da unten zu jucken beginnt?«
    Die Professorin nickte. »Ja, so ungefähr. Es ist nicht unangenehm, ich kannte das Phänomen bisher nur aus der Literatur, Hopkins 1987.«
    Lars beschloss, die entsprechende Stelle bei Hopkins nachzuschlagen. Er hatte seinen Laptop im Wagen, entschied sich aber nach kurzer Überlegung dagegen, ihn zu holen.
    »Und glauben Sie«, fragte er stattdessen, »dass Sie eher die devote Situation gereizt hat? Haustier...« Jetzt spürte er das genitale Ziehen noch deutlicher.
    Madeleine Vulpius wiegte den Kopf unschlüssig hin und her. »Mag sein. Er hat dann seine Hand auf mein Knie gelegt und irgendwelche idiotischen Dinge gesagt. Wie geil ich ihn mache und ich sei seine kleine Edelnutte. Das Wort Edelnutte hat irgendetwas in mir ausgelöst, ja.«
    »Seine Hand...«, sagte Lars und stockte sofort. Dieses trockene Gefühl, das sich plötzlich in seinem Mund breitmachte, sehr unangenehm. Er schluckte. »Seine Hand ging dann weiter? Unter Ihren Rock?«
    So sei es gekommen, bestätigte die Frau. »Er hat an meinen Oberschenkeln gerieben. Mit der Hand, meine ich jetzt... Es war... anders.« Sie konnte es wirklich nicht genau beschreiben. »Jedenfalls, als er seine Hand auf meinen Slip legte... Ich musste mich einfach ausziehen, verstehen Sie? Ich wollte ihn haben, JETZT.«
    »Und dann?« Lars befürchtete zu wissen, was kommen würde.
    »Oral«, informierte Madeleine kurz und versuchte, das sofort entstehende Bild aus ihrem Kopf zu verbannen. Es gelang nicht.
    »Oral«, wiederholte Lars und fügte hinzu: »Penisneid?«
    Madeleine Vulpius lachte auf. »Ach, vergessen Sie Freud! Wenn eine Frau einem Mann einen lutscht« - mein Gott, wie ordinär sprach sie auf einmal? - »hat das nichts mit Penisneid zu tun. Auch nicht mit den Erinnerungen an frühkindliche Rituale will Milchsäugen, Finger- oder Lolli-Lutschen. Er hat es halt gewollt und ich konnte mich dem nicht entziehen. Eine Art Zwang, verstehen Sie?«
    Lars verstand nicht, nickte aber. Er versuchte sich an vergleichbare Fälle an der Literatur zu erinnern, das Phänomen an sich war nicht neu. Gutsituierte, kultivierte, überdurchschnittlich gebildete Frauen, die sich vulgären und zumeist hässlichen Männern hingaben, in Extremfällen sogar für sie anschaffen gingen.
    »Hatten Sie Prostitutionsphantasien?«, fragte er deshalb.
    Die habe sie immer noch, gab die Professorin zu. Der Gedanke, wie ein Stück Fleisch gehandelt zu werden, errege sie.
    »Aber Sie werden...«
    »Nein, nein«, wehrte sie sogleich ab. »Ich denke mal, das wird nachlassen. Es ist auch völlig ausgeschlossen, dass ich das Experiment wiederhole.« Und setzte nach einigem Zögern hinzu: »Jedenfalls nicht mit IHM.«
    In diesem Moment tat Lars etwas, das er nicht tun wollte, unter keinen Umständen. Er legte seine Hand auf Madeleine Vulpius' Knie.

    *

    Simone, die sich hinter einem Baum versteckt hielt, verstand kein Wort von dem, was die beiden sagten. Sie sah nur, wie Lars eine Hand auf das Knie der Professorin legte. Das müsste man fotografieren, ging natürlich nicht, viel zu dunkel, der Blitz würde sich automatisch einschalten.
    Blödsinn. Und was macht man mit solchen Bildern? Rumzeigen, Leute erpressen? Außerdem hätte Simone jetzt sowieso keinen Nerv gehabt, an ihrem Handy rumzuspielen. Sie schaute gebannt auf die Szenerie.
    Frau Professor ließ es geschehen. Simone schien es sogar, als lächele sie, aber das war gewiss nur Einbildung. Obwohl Frauen, die eine Lars-Hand auf ihrem Knie spüren, sicher zwangsläufig selig lächeln mussten. Trotzdem: Mein Gott, was für eine Schlampe, wenngleich Simone zugeben musste, dass Frau Professor logisch handelte, wie auch nicht anders zu erwarten. Zuerst einen hässlichen Gnom und jetzt zum Ausgleich einen hübschen jungen Mann, besser als umgekehrt. Wenn man zwei belegte Brote hat, eines mit Käse und eines mit Wurst und man mag keinen Käse, dann ist, man das zuerst, weil anschließend das mit Wurst noch besser schmeckt.
    Simone stammte aus einer armen Familie, Proletarierstammbaum bis zum Dreißigjährigen Krieg, für sie war

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