Die Vermessung der Lust (German Edition)
Nymphomanin? Nichts gebracht der Typ eben? Jetzt mal schnell von einem Freier tüchtig rannehmen lassen? Mein Gott, ich kapiers einfach nicht. Sie hält an. Sie steigt aus. Sie... geht in den Park! Ist doch gefährlich! Da lauern doch irgendwelche Perversen! Typen, die nur Mäntel tragen! Verdammt, sie ist immerhin meine Chefin! Sie behandelt mich gut! Sie ist halt so wie sie ist, als Psychologe muss ich das doch verstehen! Es ist bestimmt ein frühkindliches Trauma, sie muss irgendetwas verarbeiten und das gelingt ihr nur, wenn sie mit abstoßenden Männern schläft. Findet sich da was bei Freud oder ist das mehr... keine Ahnung. Aber interessant. - Wo ist sie jetzt hin? Mal stehenbleiben und hören. Aha, dort hinten Geräusche. Ich geh mal... »Oh, guten Abend, Frau...«
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Und wenn sie mich verlässt? Nein, das ist undenkbar. Aber was undenkbar ist, ist nicht unmöglich, es übersteigt nur mein Vorstellungsvermögen. So wie ich bis heute nicht begreife, warum sie sich mit mir eingelassen hat. Sie war ein hübsches Mädchen und ich vom ersten Moment an in sie verliebt. Hoffnungslos, wie man so sagt, ein Vierteljahrhundert älter. Aber sie weiß ja auch nicht, warum sie ausgerechnet mich geheiratet hat. Deshalb forscht sie jetzt über die Attraktivität von Männern auf Frauen, weil sie herausfinden will, warum sie mich genommen hat. Das ist, als hättest du einen Geschenkgutschein für eine Luxusboutique und dann kaufst du dir deine Klamotten doch bei C & A. Na gut; ich nehm ihr das nicht übel, es war überfällig. Sie hat Nachholbedarf und das Recht, ihn zu befriedigen. Ich weiß nur nicht, wie sie mir nachher in die Augen schauen wird, ob sie mir jemals noch wird in die Augen schauen können. Vielleicht hält sie es nicht aus und erzählt mir alles. Bitte keine Einzelheiten, ich mag das nicht hören. Andererseits muss es vielleicht raus aus ihr, also werde ich zuhören und nicken und sagen, ich hätte für alles Verständnis und keine Schuldgefühle und so. Hoffentlich schmeckt ihr das Essen. Nach Sex hat man Hunger. Und die Schweinelende ist wirklich gelungen, den Rosenkohl habe ich nur gedünstet, er ist noch nicht ganz so weich, wie er sein sollte, das wird er dann, wenn ich ihn nachher noch einmal aufwärme. Die Kartoffeln machen mir Sorgen. Kartoffeln kann man meiner Erfahrung nach nur ganz schlecht aufwärmen, sie verlieren immer dabei. Aber wird schon klappen. Wann sie wohl kommt? Der Albtraum wäre, wenn sie bei ihm übernachtet. Bei IHM. Selbst wenn ich seinen Namen erfahren sollte, werde ich ihn immer nur ER nennen, einen namen- und gesichtlosen Mann, nichts weiter als ein Körper, an dem ein Penis hängt. Ein Erfüllungsgehilfe, haha. Etwas, das man sich mieten kann. Ob sie etwa einen Callboy... nein, das tut sie nicht, dafür hat sie viel zu viel Niveau. Wahrscheinlich ist es dieser Schönling aus ihrem Labor, dieser Doktorand. Jüngere Männer fühlen sich manchmal zu älteren Frauen hingezogen, das weiß man ja. Nicht viele, aber ich hab halt das Pech, dass es mich trifft. Na, Hauptsache, sie hat ihren Spaß gehabt. Wir fahren ja auch nicht mehr in Urlaub, irgendwie muss sie mal von der Arbeit abschalten. Mein Gott, was reden die da? Diese eine Schauspielerin, natürlich hält sie »ihr Buch« in die Kamera, »Meine Männer« heißt es, sind natürlich alles Berühmtheiten und sie tut so, als hätte sie irgendetwas Hintergründiges zu Papier gebracht, aber sie redet nur Scheiße. Pardon, ist nun mal so. Ich sollte ins Bett gehen. Aber ich kann eh nicht schlafen. Besser diesen Mist gucken als wie ein Geist durch die Wohnung zu wandern. Sie müsste doch bald kommen, oder? Sie wird nicht bei ihm übernachten, nein, nein, das tut sie mir nicht an. Sie weiß genau, ich muss wissen, dass es ihr gutgeht, ich muss sie HIER wissen, in meiner Nähe, unter meinem Schutz. Außerdem wird sie Hunger haben. Sie liebt Rosenkohl. Er wird nicht zerkocht sein, dafür sorge ich schon. Oh, ich glaube, es kommen noch einmal Nachrichten.
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Also diese Kleine heute Nachmittag, wie heißt sie noch mal? Christiana. Hübscher Lockenkopf, macht sie glatt fünf Jahre jünger. Sie ist höchstens zweiundzwanzig, also... Ich muss sie nächste Woche mal spätabends ins Labor bestellen, die stellt sich hoffentlich nicht so dämlich an wie diese Simone und lässt die Ratten entwischen. Hübscher Body, doch, doch. Und hat mich in der Vorlesung ganz frech angeschaut. Und nach der Vorlesung: Herr Professor, könnten Sie mir
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