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Die Vermessung des Körpers

Die Vermessung des Körpers

Titel: Die Vermessung des Körpers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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Kombination winziger Energiedosen von diesen Molekülen bewirkt, dass sich unsere Muskeln jedes Mal bewegen, wenn wir einen Finger heben oder eine andere Handlung ausführen. Nur damit Sie diesem Text folgen können, brechen überall ATP-Brücken.
Wo sich fremde Gene in uns tummeln
    Mitochondrien sind nicht die einzigen Eindringlinge, die sich vollständig in unseren Körper integriert haben. Menschliche DNS enthält die Gene von mindestens acht sogenannten Retroviren. Diese sind eine Virusart, die sich die DNS-Codierungsmechanismen der Zelle zunutze macht, um eine Zelle zu erobern (AIDS etwa wird durch einen solchen Virus ausgelöst). Inzwischen übernehmen die viralen Gene in Ihrer DNS wichtige Funktionen bei der Reproduktion, trotzdem aber sind sie der menschlichen DNS vollkommen fremd.
    Obwohl die Mitochondrien einst Bakterien waren, sind sie mittlerweile fester Bestandteil unserer Zellen. Sie treten zwar in den einfacheren, einzelligen Kreaturen nicht auf, sind jedoch in beinahe allen Organismen vertreten, deren Zellen einen Kern besitzen. Offenbar fand die Invasion der Mitochondrien zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Entwicklung höherer Lebensformen auf der Erde statt. Sie sind aber keinesfalls die einzigen Bakterien in Ihrem Körper.
Billionen winziger blinder Passagiere
    Wenn Sie das nächste Mal in den Spiegel schauen, denken Sie an Folgendes: An der reinen Zellenanzahl gemessen, gibt es in Ihnen mehr bakterielles Leben als menschliches. Ihr Körper besteht aus beinahe zehn Billionen eigener Zellen – aber aus zehnmal mehr Bakterien.
    Viele der Bakterien, die in Ihnen »zu Hause« sind, sind freundlich in dem Sinne, dass sie keinen Schaden anrichten. Manche sind sogar von Vorteil. Sie sind in unser System nicht so fest integriert wie die Mitochondrien, also ist es möglich, auch ohne sie zu leben, aber ihr Verlust würde uns das Leben schwerer machen. Ende der 1920er-Jahre beschloss ein amerikanischer Ingenieur zu untersuchen, ob Tiere ohne jegliche Bakterien lebensfähig seien – in der Hoffnung, dass eine bakterienfreie Welt auch eine gesunde Welt wäre. James Reyniers machte es zu seiner Lebensaufgabe, Umgebungen zu schaffen, in denen Meerschweinchen und andere Versuchstiere von Geburt an bakterienfrei aufgezogen werden konnten.
    Das Resultat war eindeutig: Ein Leben ohne Bakterien war möglich. Man konnte die ganzen lästigen Bakterien entfernen, und die Tiere lebten trotzdem. Da in einer bakterienfreien Welt die Gefahr von Erkrankungen deutlich geringer wäre, stieg durch Reyniers’ Forschungsergebnisse der Gebrauch von antibakteriellen Reinigungsmitteln und Antibiotika sprunghaft an.
    Ohne jeden Zweifel richten manche Bakterien riesigen Schaden an. Es stellte sich jedoch heraus, dass Reyniers’ Studie irreführend war. Zwar schaffte er es, dass ein paar seiner Versuchstiere ohne Bakterien überlebten, doch viele starben. Diejenigen, die überlebten, mussten mit Spezialfutter ernährt werden. Das lag daran, dass Bakterien dem Darm bei der Verdauung helfen, was besonders wichtig für Tiere ist, die sich von zellulosereichen Pflanzen wie Gräsern und Holz ernähren. Hier lassen sich die Nährstoffe nur schwer aufspalten, daher können Tiere mit einer solchen Diät ohne die hilfreichen Bakterien nicht überleben.
    Sie als Mensch könnten ohne Ihre Bakterien leben – aber ohne die Hilfe der von Ihren Darmbakterien produzierten Enzyme müssten Sie viel nährstoffreichere Nahrung zu sich nehmen als gewöhnlich.Das trifft insbesondere auf Vegetarier zu, da Pflanzenfasern gegen unsere körpereigenen Enzyme besonders resistent sind. Nur dank der breiten Palette von Chemikalien, die Bakterien produzieren, kommen wir auch mit pflanzlicher Nahrung gut hin.
    Das ist etwas, was man im Kopf behalten muss, wenn man über eine bestimmte Zeit Antibiotika schluckt. Obwohl jedes Antibiotikum immer nur einen Teil der Bakterien tötet, macht es keinen Unterschied zwischen »guten« und »bösen« Bakterien. Antibiotika schlagen einfach eine Schneise in die Bakterien in Ihrem Darm. Deshalb müssen Sie sich vielleicht eine Zeitlang reichhaltiger ernähren und vorsichtig sein, dass Sie sich keine Infektion einfangen – denn Ihre Darmbakterien helfen Ihnen auch dabei, unerwünschte Eindringlinge zu vertreiben. Wenn Sie die Ortsansässigen also mit Antibiotika außer Gefecht setzen, ist es für einen neuen und möglicherweise schädlichen Bakterienstamm wesentlich leichter, sich anzusiedeln.
    Andersherum gilt, was

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