Die Vermessung des Körpers
wissenschaftlichen Gesichtspunkten – mit ein paar interessanten Ergebnissen.
Jillian Clarke nahm Proben von den Fußböden der Universität, darunter auch aus hoch frequentierten Bereichen. Sie stellte fest, dass die Böden überraschend frei von Bakterien waren. Die Doktoranden, die ihr bei der Studie halfen, konnten nicht einmal eine zählbare Menge Bakterien finden. Außerdem stellten sie fest, dass die Menschen eher Süßigkeiten und Kekse vom Fußboden aufhoben und aßen als Brokkoli und Blumenkohl – auch wenn das vielleicht nicht ganz so überraschend war. Die wohl wichtigste Feststellung jedoch war, dass bei einer mit Kolibakterien verseuchten Oberflächedie Nahrungsmittel diese in weniger als fünf Sekunden aufnahmen – in diesem Fall versagte die alte Regel also.
Willkommene Würmer
Bakterien sind die am häufigsten vorkommende fremde Lebensform in und auf dem Körper, aber bei Weitem nicht die einzige. Manche Menschen haben noch andere ungebetene Gäste. Läuse etwa (siehe S. 30) oder Flöhe, ganz zu schweigen von Würmern. Würmer sind faszinierend: Wir glauben, sie wären nichts als unerwünschte Parasiten, doch es verdichten sich die Hinweise darauf, dass die richtigen Würmer unter den richtigen Umständen durchaus nützlich sein können.
Das klingt grotesk. Aber obwohl uns Würmer noch nicht so lange begleiten wie die für uns so wichtigen Bakterien, leben die Menschen schon lange genug mit Würmern, dass sich unser Körper an sie gewöhnt hat. Zwar gibt es noch nicht besonders viele Untersuchungen (vermutlich deshalb, weil Würmer solchen Ekel erregen), doch gibt es inzwischen recht eindeutige Hinweise darauf, dass manche Würmer einen nützlichen Effekt auf den Körper haben können: Manche unserer inneren Systeme erwarten ihre Anwesenheit geradezu und geraten ohne sie aus dem Lot. Man nimmt an, dass bestimmte Krankheitszustände mit der Ausrottung von Würmern häufiger auftreten und eine gezielte Wurmtherapie in solchen Fällen Besserung verspricht.
Edle Egel
Ein anderer Parasit mit einer positiven Seite ist der Blutegel. Blutegel sind jahrhundertelang in der Medizin eingesetzt worden, doch ging die traditionelle Anwendung von einer völlig falschen Annahme aus – die Medizin insgesamt ist erst vor kurzem zur Wissenschaft geworden. Lange Zeit hing sie einer Vorstellung an, die das medizinische Äquivalent der altgriechischen vier Elemente war, nämlich der Lehre von den vier Körperflüssigkeiten. Diese besagte, dass derKörper vier Flüssigkeiten enthalte, durch welche sein Äquilibrium gewahrt werde: Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle.
Diese Flüssigkeiten mussten im Gleichgewicht gehalten werden. Wenn beispielsweise vermutet wurde, man hätte zu viel Blut (man wäre also »sanguinisch«), wurde durch Blutung ein wenig davon entfernt. Dieser Aderlass war eine weit verbreitete Behandlungsmethode, allerdings schwächte er die Patienten oftmals signifikant und verringerte ihre Abwehrkräfte gegen Infektionen deutlich. Häufig wurde das Blut direkt per Einstich abgezapft, doch manchmal verwendete man auch Blutegel als bequemere Methode zum Aderlass.
Obwohl die moderne Medizin die Schädlichkeit des Aderlasses glücklicherweise erkannt hat, greift man inzwischen auf Blutegel als Hilfsmittel bei bestimmten postoperativen Problemen zurück. Eine blutsaugende Kreatur wie ein Blutegel will, dass das Blut stetig fließ, ohne zu klumpen. Um dies zu gewährleisten, bringt der Egel beim Saugen ein natürliches Antigerinnungsmittel in die Wunde ein. Operationen führen manchmal zu einem Blutandrang, bei dem sich in einigen Körperregionen Blut bildet, andere aber nicht erreicht werden. Der sorgsame Einsatz von Blutegeln kann dabei helfen, diese sogenannten Kongestionen zu lösen, damit das Blut besser in jene Gewebepartien fließt, die nicht so gut versorgt sind.
Zaungäste auf den Wimpern
Abhängig von Ihrem Alter ist es ziemlich wahrscheinlich, dass Sie noch andere Fremdlinge an Bord haben. Es gibt winzige Geschöpfe, die sich von alten Hautzellen und dem natürlichen Öl oder auch Talg ernähren, das der menschliche Haarfollikel produziert: die Haarbalgmilben. Im Gegensatz zu Läusen ernähren sich diese Milben nur an der Oberfläche und richten keinen Schaden an, wenngleich sie bei manchen Menschen eine allergische Reaktion hervorrufen können. Sie sind sehr klein – typischerweise ein Drittel Millimeter im ausgewachsenen Zustand – und so gut wie durchsichtig, sodass man sie mit
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