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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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gerade hin. Gib dir ein bisschen Mühe.«
    Alle anderen in der Klasse lachen, eine Spur zu laut, in der Hoffnung, dass Miss Bright sie dann mag. Mein Gesicht brennt. Mit herunterhängenden Haaren schaue ich nach unten auf meinen Schoß.
    » Wie heißt du denn, du Schlafmütze?«
    » Sarah Barnes«, antworte ich rasch.
    Einen Moment lang steht Miss Bright schweigend da. Dann tätschelt sie mir den Arm. » Ist schon gut. Versuch einfach nur, aufmerksam zu sein, einverstanden?«
    Ich schaue auf und sehe sie wieder nach vorn gehen. Sie ist ganz rot im Gesicht, als würde sie sich schämen. Zuerst weiß ich nicht weshalb, aber dann begreife ich es. Sie hat gesagt bekommen, dass sie nett zu mir sein soll wegen Charlie.
    Ich bin nicht mehr wie die anderen. Ich bin anders.
    In der Pause frage ich, ob ich im Zimmer bleiben kann. Ich sage Miss Bright, dass ich mich nicht wohlfühle, und sie erlaubt es mir. Ich bleibe auf meinem Platz sitzen und lege den Kopf auf die Arme, während alle anderen hinaus zum Spielen gehen. Mit meinem Atem mache ich Wolken auf der glänzenden Tischoberfläche. Im Klassenzimmer ist es ganz still, man hört nur die Wanduhr ticken. Auch in der Mittagspause bleibe ich drinnen. Alle anderen gehen in den Speiseraum zum Essen und hinterher nach draußen. Ich höre sie lachen und lärmen.
    Als es zum Schulschluss klingelt, stehe ich auf und stelle mich mit den anderen vor der Tür an. Ich spüre, wie alle mich anstarren. Ich schaue zu Boden und halte den Griff meiner neuen Schultasche fest umklammert, bis Miss Bright endlich die Tür öffnet.
    Mum ist noch nicht da. Andere Eltern sind ebenfalls unpünktlich, und um mich herum spielen die anderen Kinder Fangen, springen lachend herum und schreien aus voller Kehle. Ich schaue unaufhörlich zum Schultor, wo eigentlich Mum stehen sollte. Jedes Mal, wenn ich einen dunklen Haarschopf sehe, schlägt mein Herz höher, aber es ist immer jemand anders. Schließlich laufe ich zum Tor, damit ich besser auf die Straße schauen kann, und gehe dann hinaus. Auf dem Schulhof ist es viel zu laut, und mir tut der Kopf weh.
    Als ich draußen stehe, wird mir klar, dass das ein Fehler war. Kinder, darunter auch einige meiner Mitschüler, umringen mich, ohne dass es ein Erwachsener merkt. Denise kommt mit Karen im Schlepptau auf mich zu. Ich kann weder zurück auf den Schulhof noch weglaufen, denn dazu ist es zu spät. Denise kommt jetzt ganz nahe an mich heran und sagt halblaut: » Du hältst dich wohl für was Besonderes, oder?«
    Ich schüttle den Kopf.
    » Wegen dir haben wir alle Post von der Schule bekommen. Da steht drin, dass wir nett zu dir sein sollen.« Denise sieht mich böse an und kneift die Augen zusammen. » Hast du geheult, als dein Bruder weggerannt ist?«
    Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. » Ja«, sagte ich schließlich.
    » Heulsuse«, zischt Denise, und Karen fängt an zu lachen.
    » Nein, hab ich gar nicht«, rufe ich und bin total verzweifelt. » Ich habe nicht geheult, jedenfalls nicht richtig.«
    » Ist dir denn dein Bruder so egal?« Diesmal war es Karen. » Fehlt er dir überhaupt nicht?«
    Ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen, aber vor denen werde ich nicht weinen, ganz bestimmt nicht.
    Denise kommt noch näher heran. » Meine Mutter sagt, dein Dad weiß, wo er ist. Sie meint, deine Eltern verheimlichen, was mit ihm passiert ist. Sie tun nur so, als ob er weggelaufen ist. Mein Vater sagt, dass er wahrscheinlich tot ist.«
    Inzwischen haben sich noch mehr Kinder um uns herum versammelt. Jemand rempelt mich von hinten an, und alle lachen. Ich drehe mich um und will sehen, wer es war. Michael Brooker steht am nächsten. Vor Aufregung ist er knallrot im Gesicht, aber seine Miene ist ausdruckslos. Ich weiß, dass er es war, denn alle Blicke wandern zwischen ihm und mir hin und her.
    » Du hast mich geschubst«, sage ich vorwurfsvoll, woraufhin er weit die Augen aufreißt.
    » Ich? Wieso ich? Ich war’s nicht, ich schwöre. Und wie meinst du das überhaupt, geschubst? Ich hab gar nichts gemacht.«
    Ersticktes Gelächter. Jemand stößt mich von der anderen Seite an. Ich drehe mich wieder um und gerate langsam in Panik, weil es so viele sind. In ihren Gesichtern lese ich nichts als Gehässigkeit. Ehe ich überlegen kann, was ich tun soll, schiebt sich ein langer Arm durch die Menge und ergreift mich.
    » Verpisst euch, allesamt«, droht eine raue Stimme, und ich erkenne Danny, Charlies besten Freund. Danny geht auf die

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