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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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eine Art Absicherung, falls das Herz aussetzt – so wie man vielleicht einen Generator benützt, falls der Strom ausfällt. Oder …« Der Sprecher hielt um der Wirkung willen einen Moment lang inne. »… oder es könnte sich um eine unabhängige Stromversorgung handeln.«
    »Und wozu soll die nützlich sein?«, meldete sich eine weibliche Stimme zu Wort. Julian versuchte, den Kopf zu drehen, was ihm aber nicht gelang. Er konnte auch seine Augen nicht öffnen. Wirre Bilder stiegen in ihm auf. Pulsierende Lichter, stampfende Musik, Schreie.
    »Ich weiß es nicht. Es ist mysteriös. Aber nachdem dieses Tier …«, Julian spürte, dass ihn jemand am Rückgrat berührte, »… das mit der Identifikationsnummer TS -4187 ausgezeichnet wurde, so schwer verletzt ist, wurde er für Tierversuche ausgewählt. Vielleicht erfahren wir so mehr. Wie Sie gesehen haben, geht es den anderen beiden Panthern wesentlich besser. Die Tests an ihnen werden beginnen, sobald Dr. Panassus eingetroffen ist.«
    Tierversuche. Julian bemühte sich, trotz seines benebelten Gehirns herauszufinden, was das Wort »Versuche« bedeutete. Um ihn stand eine Gruppe von sechs oder auch zehn Leuten, die immer wieder Worte wie »Unglaublich«, »Durchbruch« und »Entdeckung« murmelten. Versuche bedeuteten …
    Sezierung. Zergliederung. Aufschneiden.
    Bei lebendigem Leib.
    Der Zorn, der in ihm aufstieg, verlieh ihm die nötige Kraft, die er brauchte. Er hob den Kopf, öffnete die Augen und sah sich um.
    Er befand sich in einem riesigen, sterilen Raum mit weißen Wänden, weißem Boden und schimmernden Metallinstrumenten, die auf einem polierten Stahlregal lagen, das sich an der Wand befand. Die Instrumente sahen wie Schmuckstücke in einem Museum aus. Julian lag in Tiergestalt auf der Seite auf einem langen Metalltisch. Aus seiner Vorderpfote ragte ein Röhrchen, wobei man ihm etwas Fell wegrasiert hatte, um es in die Vene schieben zu können. Die Gruppe der Ärzte in weißen Kitteln hatte sich vor einem Röntgenbild versammelt, das vor einem Lichtkasten an der Wand hing. Die Ärzte starrten auf die Schwarz-Weiß-Aufnahme und unterhielten sich leise.
    Als Julian einen ohrenbetäubenden Schrei ausstieß, der die Metallinstrumente zum Vibrieren brachte und wie ein Kanonenschuss durch den Raum hallte, zuckten alle zusammen und starrten ihn fassungslos an. Die Augen traten ihnen aus den Höhlen, und sie rissen die Münder auf.
    »Mein Gott!«, rief einer von ihnen und stürzte auf eine Konsole zu, die an der Wand neben der Tür angebracht war. »Die Betäubung lässt bereits nach!« Er schlug mit der Hand gegen die Konsole, die daraufhin aufging. Darunter befanden sich mehrere Knöpfe. Panisch hämmerte er mit einem Finger auf einen dieser Knöpfe, und Julian spürte, dass das Röhrchen etwas Heißes durch seine Venen jagte.
    Er blickte nach unten und erstarrte – schockiert und entsetzt von dem, was er sah – oder vielmehr von dem, das er nicht mehr sah. Seine Beine – seine beiden Hinterbeine – waren verschwunden.
    Morgan stand still und nachdenklich vor dem beschlagenen Spiegel im Badezimmer. Sie starrte auf die Kette und das schwere Medaillon, das golden schimmernd in ihrer Hand lag. Sie kannte das Symbol auf dem Medaillon, und allein der Anblick des großen, ägyptischen Auges ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
    Es war dasselbe Symbol, das die fremden Ikati im Hotel auf ihre riesigen Schultern tätowiert hatten.
    Sie hatte die Kette und das Medaillon entdeckt, als sie nach der Dusche in ihrer Kommode nach etwas gesucht hatte, das sie tragen konnte. Der Großteil ihres Gepäcks war im Hotel zurückgeblieben, als man Xander so schnell hierhergebracht hatte. Doch Mateo hatte ihr erlaubt, zwei Taschen mitzunehmen. Der Inhalt der beiden Taschen war sorgfältig in die Schublade der Kommode geräumt und in den Schrank gehängt worden. Wahrscheinlich hatte Xander das getan, während sie schlief.
    Der Gedanke an seine großen Hände, die sorgfältig ihre Kleidung weggeräumt hatten, ließen ihr Tränen in die Augen steigen. Wütend wischte sie sie mit dem Handrücken fort.
    Bescheuert. Sich in einen Killer zu verlieben. In ihren Killer. Unglaublich bescheuert.
    Sie schüttelte den Kopf, holte tief Luft und konzentrierte sich wieder auf die Kette.
    Sie hatte in einer Ecke der Schublade gelegen, verborgen unter dem schimmernden Seidenstoff einer roten Bluse. Xander musste sie dem Mann in Weiß an jenem Tag weggenommen haben, als er ihn in der Sackgasse

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