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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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wieder auf die Straße.
    »Arbeiten die Expurgari nicht eng mit der Kirche zusammen? Warum würde einer von uns auch nur in die Nähe des Vatikans gehen? Weiß er das denn nicht?«
    Morgan lehnte sich noch weiter zu ihm herüber. Sie war ihm jetzt so nahe, dass er roch, wo genau sie sich etwas Parfüm an den Hals getupft hatte. Zu seinem großen Entsetzen begann ihm das Wasser im Mund zusammenzulaufen.
    »Setzen Sie sich gerade hin«, fuhr er sie finster an. »Und hören Sie auf, so verdammt viele Fragen zu stellen.«
    Sie starrte ihn kühl und mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sein Wutausbruch beeindruckte sie nicht im Geringsten.
    Na großartig, sie hatte noch nicht einmal Angst vor ihm. Er hatte ihr erklärt, wie er sie genau umbringen würde, und selbst das erzeugte keine Furcht in ihr. Eher hatte er den Eindruck, als ob es sie glücklich gemacht hätte.
    Warum musste er nach all den Deserteuren, Verbrechern und Verrätern, die er in seinem Leben bereits zur Strecke gebracht hatte, jetzt zwei Wochen lang mit einer störrischen, erotischen, klugen und furchtlosen Frau, die so schön war, dass alle naselang die Männer auf der Straße stehen blieben, in Rom ein Hotelzimmer teilen? Verdammt.
    Sie lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und erklärte ruhig: »Also gut. Wenn Sie nicht daran interessiert sind, was ich zu dem Ganzen zu sagen habe, dann sollte ich Ihnen vermutlich auch gar nicht verraten, dass unser neuer Freund eine telepathische Begabung hat.«
    Das Taxi fuhr holpernd durch die schmalen Straßen. Amerikanische Rockmusik dudelte blechern aus dem Radio. Die Sonne schien durch die Fenster und ließ Morgans Haare in einem kupferbraunen Metallton schimmern. Xander hatte das Gefühl, als ob ihm das Blut in den Adern stocken würde.
    In ihrer Spezies gab es keine telepathische Begabung. Er hatte viele Begabungen kennengelernt – Nebel, Einflüsterung, Blicke in die Zukunft, das Durchdringen von Wänden und viele andere –, doch nie jemanden mit telepathischen Fähigkeiten erlebt. Selbst die seherische Gabe der neuen Königin war beschränkt auf Berührungen. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, als er sich vorstellte, was mit einer solchen Begabung alles möglich war.
    »Und woher wissen Sie das?«
    Aus ihm unerklärlichen Gründen lief sie rot an. Sie senkte den Blick und betrachtete ihre makellos gepflegten Hände mit großem Interesse.
    »Morgan«, sagte er ungeduldig. Sie sah zu ihm auf.
    »Verraten Sie mir, was er Ihnen gesagt hat.«
    Er konnte es sich vorstellen. Die Rötung ihrer Wangen und die Art und Weise, wie sie seinem durchdringenden Blick auszuweichen versuchte, ließen ihn ahnen, was es war.
    »Er hat Ihnen doch nicht gedroht?«
    »Nein«, sagte sie zu laut, räusperte sich dann und wandte den Blick ab. Ihre Stimme wurde leiser. »Nein, er hat mir nicht gedroht.«
    Xanders Stimme klang nun tonlos und anklagend. »Er weiß, dass Sie keinen Mann haben.«
    Die Röte ihrer Wangen wurde noch intensiver und breitete sich über ihren Hals aus. Sie nickte kurz, und am liebsten hätte Xander jetzt etwas kaputt gemacht.
    Es war der Geruch, der sie verraten hatte. Frauen ohne Mann strömten einen anderen Duft aus – wilder, urtümlicher – als die anderen Frauen ihrer Spezies. Wenn man mit jemandem verbunden war, wandelte sich der Duft und wurde weicher und eindeutiger, während das Parfüm einer unverbundenen Ikati sinnlich wie der Gesang einer Sirene wirkte.
    Einer unverbundenen Ikati wie Morgan.
    Er hatte Jahre gebraucht, um immun gegen diesen Duft zu werden – genauso immun wie gegen Schmerzen, gegen Angst oder gegen Begabungen wie die Einflüsterung. Ein Soldat kann es sich nicht leisten, abgelenkt zu werden, hatte sein Capoeira-Meister zu ihm gesagt, als Xander noch sehr jung gewesen war. Er hatte diesen Satz immer wiederholt, selbst als er von der gefährlichsten Ablenkung von allen in Bann gezogen wurde – einer Ablenkung, gegen die man ihn gar nicht immun gemacht hatte, weil sie niemand für möglich hielt.
    »Das ist zu gefährlich für Sie. Sie fahren jetzt zum Hotel zurück«, sagte er durch zusammengebissene Zähne. Morgan richtete sich kerzengerade auf und packte seinen Arm, als er sich gerade gegen die Plastikscheibe der Trennwand lehnen und dem Taxifahrer die entsprechenden Anweisungen geben wollte. Ihre Finger vergruben sich so tief in seinem Bizeps, dass er glaubte, schon jetzt spüren zu können, wie sich dort ein blauer Fleck bildete.
    »Es geht hier um

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