Die Verraeterin
mir ganz sicher, Lix. Da ist irgendetwas Komisches zwischen Dominus und diesem Servus Silas. Ich bin mir nicht sicher und weiß auch nicht, was es ist.« Er schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Aber irgendetwas stimmt da nicht.«
Er hatte immer wieder davon geträumt. Seltsame Versatzstücke und unzusammenhängende Details hatten auf hinterhältige Machenschaften und gut gehütete Geheimnisse hingewiesen. Doch er war bisher nicht in der Lage gewesen, einen Sinn darin zu erkennen. Bis zu diesem Morgen, als er einen Traum gehabt hatte, der eine ganze Geschichte erzählte, die er allerdings nicht so berichtete, wie er sie geträumt hatte, auch wenn er wusste, dass man ihn töten würde, wenn jemand von diesem Geheimnis erfuhr. In dem Traum hatte er gesehen, wie die Vollblut-Ikati und ihr bernsteinäugiger Alpha in Rom eingetroffen waren. Außerdem hatte er Hinweise auf die vergangenen Monate erhalten. Vielleicht sogar auf die vergangenen Jahre. Es war schwer, das genau zu sagen.
»Wenn du so redest, bringst du dich in Gefahr. Das weißt du, D. Du solltest das lieber keinem der Legiones gegenüber erwähnen. Die warten doch nur darauf, uns einen Kopf kürzer zu machen. Sie wurden nur einfache Soldaten, weil sie nicht begabt genug waren, um zu den Bellatorum gehören zu dürfen. Aber dumm sind sie nicht. Einer von denen wird dich verraten, nur um einen freien Tag zu bekommen.«
»Stell dir vor, was sie tun würden, wenn sie herausfinden, dass ich ihm folge«, entgegnete D trocken.
Lix starrte ihn fassungslos an. »Das würdest du nicht tun. So blöd kannst du nicht sein. Er wird dich erwischen!«
D hatte bereits seit Monaten den König und Silas heimlich ausspioniert. Er hatte versucht, irgendeine Information zu bekommen, um das quälende Gefühl zu bestätigen, dass die beiden etwas miteinander ausheckten. Doch ein Blick in Lix’ entsetzte Miene zeigte D, dass er besser nichts weiter sagte. Er hatte sowieso nicht vor, mit dem Spionieren aufzuhören.
Obwohl er allmählich daran hätte gewöhnt sein müssen, hasste er es, sich wie eine Schachfigur zu fühlen, wie ein Rädchen im Getriebe des Königs. Er plante, so lange weiterzusuchen, bis er eine Antwort hatte.
Zu seinem Bruder sagte er einfach: »Du hast recht. So blöd bin ich nicht. Schlechter Witz.«
Es war für Lix sowieso besser, nichts zu wissen. Auf diese Weise geriet er nicht in Gefahr.
Lix machte es sich wieder auf der weißen Ledercouch bequem und bedeutete der wartenden Kellnerin, sein Tequila-Glas wieder aufzufüllen. »Mein Gott. Jag mir nicht solche Angst ein, du Idiot.«
Die Kellnerin schoss aus ihrer Ecke bei der Bar, von der aus sie die beiden beobachtet hatte, und beugte sich über Lix. Eine Mähne roter Haare fiel ihr über die Schultern, und ihre großen Brüste schienen beinahe aus dem tief ausgeschnittenen Top herauszufallen.
» Si, signore? «, hauchte sie und klimperte mit den Wimpern.
D rollte mit den Augen. Eine weitere menschliche Frau, die sich einem Krieger zu Füßen werfen wollte.
Die Bellatorum waren größer, anders und wesentlich gefährlicher als ihre menschlichen männlichen Pendants. Sie strahlten eine animalische Urkraft aus, die dazu führte, dass die Leute automatisch beiseitetraten, wenn sie vorübergingen. Ihnen war egal, wer sie anstarrte. Auch Dominus war das egal. Der König verlangte von ihnen nur, dass sie niemandem verrieten, wo sie sich gerade aufhielten. Doch was das Verwandeln oder das Auffallen in einer Menge betraf …
»Die Menschen sind so dumm, dass sie das nicht sehen, was direkt unter ihrer Nase geschieht«, erklärte der König gern. »Und falls es doch mal jemand tut, dann wird er von den anderen für verrückt gehalten.«
Nur ungern gab D zu, dass der König recht hatte. Es gab seit Jahrhunderten Gerüchte über Werwölfe, die jedoch allesamt falsch waren. Sie stammten von einem Griechen aus der Antike, der gesehen hatte, wie ein Ikati seine Gestalt verwandelt hatte. Es war absurd: Als ob ein einfacher Hund in der Lage sein könnte, sein Aussehen zu verändern.
D war es schon lange leid, ständig von den Menschen angestarrt zu werden. Doch die anderen Bellatorum hatten nichts dagegen, deswegen war er in diesen Unterwelt-Spielplatz mitgekommen und beobachtete, wie die Dinge wie üblich ihren Lauf nahmen.
Lix schenkte der Kellnerin ein gefährliches Lächeln. Seine Augen richteten sich auf ihr Dekolleté, und er leckte sich die Lippen. » Alium «, sagte er leise. Sie runzelte verwirrt
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