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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Bewegungen.
    »Das stimmt«, meldet sich Milan zu Wort. »Ich habe die Leiche gesehen. Lag bäuchlings im Schnee, mit eingeschlagenem Schädel. Ich dachte, das hätte einer von uns getan.«
    »Nein, wir waren das.« Ich sehe dabei Sandor in die Augen. Obwohl Andris viel älter ist, habe ich den Eindruck, dass unser Schicksal nicht von ihm abhängen wird, sondern von dem, was hinter Sandors gerunzelter Stirn beschlossen wird.
    »Ich gestehe es ganz offen: Wir wissen nicht mehr, was wir tun sollen«, fahre ich fort. »Wir haben nichts bei uns, wir wissen nicht einmal, wo wir sind. Aber wir haben die beste Ausbildung bekommen, die man sich vorstellen kann. Wir könnten für euch nützlich sein.«
    Ja, als Abendessen, wird gleich einer sagen, die anderen werden ihm zustimmen und das war es dann. Wir werden sterben, ohne zu erfahren, was der Sphärenbund uns vorwirft. Alle Fragen, alle Antworten werden in schwarzem Nichts versinken, ausgelöscht.
    Sandor stellt sich so dicht vor mich, dass ich die bronzenen Sprenkel in seiner Iris sehen kann. Ich weiche nicht zurück. Immerhin dreht sein Geruch mir nicht den Magen um – er ist scharf und wild, aber erträglich.
    »Was hast du gelernt, das für uns von Nutzen sein könnte?«
    Dass er ausgerechnet mich fragt und nicht Fleming, Tycho oder Tomma, macht die Sache schwieriger. Dass er von meiner besten Disziplin, Umstimmung und Überredung, gerade eine Kostprobe erhält, kann ich ihm schlecht sagen.
    »Tycho, der blonde Junge im Nebenraum, ist ein hochbegabter Techniker«, beginne ich. »Er kann Altes reparieren und Neues entwickeln. Fleming wartet ebenfalls draußen, ihr erkennt ihn daran, dass er groß und sehr dünn ist. Sein Spezialgebiet ist die Medizin, ich würde ihn an eurer Stelle bitten, sich Milans Wunde anzusehen. Tomma ist Botanikerin, sie bringt Pflanzen dazu, auch dann zu wachsen, wenn die Bedingungen sehr ungünstig sind.« Das waren meine stärksten Trümpfe. Aber Sandors Frage habe ich noch nicht beantwortet. Mit einem Nicken fordert er mich zum Weiterreden auf.
    »Dantorian, der Dunkelhaarige, der von einem Wolf verletzt wurde: Er kann großartig zeichnen, besser als jeder andere, den ich kenne. Und Aureljo hier ist der beste Student an unserer Akademie.« War, hallt es in meinem Kopf, war. »Er hat Taktik und Organisation gelernt, er überblickt die kompliziertesten Zusammenhänge und kann sie jedem begreiflich machen.« Dass er zum Anführer ausgebildet wurde, der die Menschen begeistern und in Massen um sich scharen kann, behalte ich für mich. Leicht möglich, dass die Prims das nicht so begrüßenswert finden.
    »Und du?« Sandor lässt nicht von seiner Frage ab. »Was ist dein Nutzen für uns?«
    Ich weiß es nicht. Mein Gehirn bastelt blitzartig Dutzende Halbwahrheiten zusammen und verwirft sie wieder. Ich glaube nicht, dass diese Prims irgendwelches Training bekommen haben, außer an den Waffen, sie können wahrscheinlich nicht mal lesen, aber ich bin mir sicher, dass sie eine Lüge riechen können.
    Dann, mit einem Schlag, weiß ich die Antwort. Die einzig richtige in dieser Situation.
    »Ich habe die Sphärenmenschen studiert. Ich weiß, wie sie denken und was sie sich wünschen. Ich kann ihnen ihre Absichten von den Augen ablesen. Ich weiß, wann sie die Wahrheit sagen und wann sie lügen. Und ich kann sie glauben machen, was mir beliebt.«
    Das raue Lachen von Andris hallt durch den Raum. »Drollig. Du hast die Lieblinge studiert. Und was soll uns das bringen?«
    Ich drehe mich zu ihm um. »Ich weiß, was es uns gebracht hat. Es hat uns geholfen, den Exekutoren zu entkommen.«
    In Andris’ wegwerfender Handbewegung liegt etwas Gönnerhaftes. Er streckt sich, richtet sich zu seiner vollen Größe auf. Wolfsgott, denke ich wieder.
    »Klingt alles sehr nett, wenn man Worte mag. Aber uns, Sphärenmädchen, sind Stiefel wichtiger als Worte. Und Stiefel waren es, die ihr gestohlen habt.«
    Sie treiben Aureljo und mich zurück in den Raum, wo unsere Freunde warten und fünf Prims, die sie bewachen. Tycho umfasst Tommas Schultern, beide kauern am Boden – um es wärmer zu haben oder weil die Situation in dieser Position besser zu ertragen ist. Dantorian zittert unter der Decke. Als wir hereinkommen, versucht er aufzustehen, gestützt von Fleming. Sie müssen jedes unserer Worte gehört haben.
    »Wer war es, der Maia die Stiefel von den Beinen gezogen hat?« Andris’ Stimme klingt wie heranrollender Donner. Er lässt seine Lederpeitsche durch die Luft

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