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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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pfeifen; es knallt wie bei einer Lawinensprengung.
    Man muss es Tomma hoch anrechnen, dass sie nun aufsteht. Ihre Beine tragen sie kaum, alles an ihr ist ein einziges Zittern. »Ich«, flüstert sie. »Es tut mir leid. Ich habe so gefroren.«
    »Zieh sie aus.« Der Lederriemen zischt auf Tommas Waden zu, verfehlt sie nur um Haaresbreite.
    Tycho stützt sie, während sie sich zuerst den rechten, dann den linken Stiefel von den Füßen zerrt. Danach steht sie in Socken auf dem eisigen Boden.
    Andris nickt zufrieden. »Bringt Maia herein.«
    Das tote Mädchen ist steif gefroren wie ein Brett. Sandor und Milan tragen sie herein und legen sie vor uns ab.
    Eine Bewegung mit dem Kopf genügt und Tomma weiß, was von ihr erwartet wird. Mit bebenden Händen zieht sie dem Mädchen die Stiefel an. Sie braucht mehrere Versuche, vermutlich sind ihre Finger ebenso klamm wie meine.
    »Gut.« Sandor nickt. »Und jetzt … durchsucht sie. Alle.«
    Der Wütende mit der Keule, Yann, wirft sich förmlich auf Tomma. Reißt an ihrer Jacke, befördert eine Tube Notfallnahrung zutage.
    Der Wolfsgott hat sich Aureljo vorgenommen und das Erste, was ihm auffällt, ist der Salvator.
    »Spielzeug für Lieblinge, hä?« Er rüttelt an der Manschette, findet den Verschluss nicht, nimmt Aureljos Arm und drischt ihn samt Salvator gegen die nächste Wand. Aureljo unterdrückt ein Stöhnen.
    »Nicht.« Sandors Stimme ist ruhig, aber jeder im Raum hält inne. »Wir zerstören nichts, was Quirin noch brauchen könnte.«
    Aus Andris’ Kehle löst sich ein missbilligendes Brummen. »Aber wenn sie damit Verstärkung rufen?«
    »Können wir nicht.« Tycho bemüht sich um eine feste Stimme. »Sie sind hinter uns her, wissen Sie? Deshalb habe ich den Teil, der Signale verschickt, kaputt gemacht. Bei uns allen.«
    Wieder wechseln die Prims Handzeichen. Ich wünschte, sie würden das lassen. Am Ende nickt Andris, tastet Aureljo ein weiteres Mal ab, schüttelt den Inhalt seines Rucksacks auf den Boden und nimmt sich alles, was ihm gefällt – viel ist danach nicht mehr übrig.
    Vor mir baut sich Yann auf, er ist mit Tomma fertig, sein zottiges blondes Haar bildet einen merkwürdigen Kontrast zu seiner geröteten Haut.
    »Nein«, höre ich Sandor hinter ihm sagen. »Diese dort möchte ich selbst übernehmen.«
    Yann lacht dreckig und verleiht Sandors Worten damit eine Bedeutung, die sie ursprünglich nicht hatten. »Aber gerne, Than.«
    Ich weiche nicht zurück, als Sandor sich vor mir aufbaut und eine Hand ausstreckt. Als Erstes gebe ich ihm die Gartenharke, nicht ohne Bedauern. Danach die Nahrungstuben, die wenigen verbliebenen Ersatzkleidungsstücke aus dem Notfallpack, die Taschenlampe.
    Er verstaut alles in dem Lederbeutel, der über seiner Schulter hängt, dann streift er meinen Ärmel zurück und betrachtet den Salvator. Drückt zwei Knöpfe, aber nichts rührt sich.
    »Er ist beschädigt«, sage ich, »und lange nicht mehr aufgeladen worden. Du kannst ihn gerne haben, für mich ist er nutzlos.« Ich beginne, an dem Verschluss zu drehen, und hoffe, dass mein Bluff funktioniert – tatsächlich. Sandor winkt ab.
    »Warten wir, was Quirin dazu sagt.«
    Wer auch immer Quirin ist, er verschafft mir einen Aufschub. Und somit besteht die Chance, dass eine weitere Botschaft den Weg zu mir findet.
    Als sie fertig sind, rotten sich die Männer vor dem Haus zusammen und besprechen sich. Sie verwenden wieder ihre Zeichensprache, schnelle Fingerbewegungen, denen ich kaum mit den Augen folgen kann. Nicht lange, dann nicken sie einander zu und Sandor tritt vor mich.
    »Du hast die Lieblinge studiert.«
    »Ja.«
    »Gut. Dann haben wir eine Aufgabe für dich.«

19
    Sie treiben uns aus der Ruine. Einen entsetzlichen Moment lang glaube ich, dass sie nur mich leben lassen und die anderen töten wollen, denn Yann stellt sich dicht vor Fleming und schwingt seine Keule über dessen Kopf. Aber das stellt sich zum Glück als Drohgebärde heraus. Er genießt unsere Angst, es gefällt ihm nicht, dass sie für einige Augenblicke nachgelassen hat.
    Yann erlaubt Tomma nicht, ihre Thermoschuhe wieder anzuziehen, sondern zwingt sie, in Socken neben uns im Schnee zu stehen. Ihre Erkältung ist gerade erst abgeklungen und ich hoffe, dass sie morgen nicht mit einer Lungenentzündung zu kämpfen hat.
    Tomma weint. Sie weiß wie wir alle, dass es ihre Füße nicht überstehen werden, wenn der Weg zu lang ist. Ich sehe wieder die schwarze, abgefrorene Nase des Sentinel vor mir.
    Wir stehen

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