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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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mir jetzt besser. Keine schwarzen Punkte, meine Arme und Beine schmerzen zwar immer noch, aber ich spüre sie immerhin, ebenso wie die Kälte.
    Dann höre ich neben mir Schritte. Aus den Augenwinkeln sehe ich lange Beine in hohen fellbesetzten Stiefeln, die mehrfach mit Lederriemen umwickelt sind. Wieder der heisere Schrei, einmal, zweimal, dreimal.
    Dass Sandor beschlossen hat, direkt neben mir weiterzumarschieren, gefällt mir überhaupt nicht. So kann ich mich nicht mit den anderen besprechen, mit Tycho zum Beispiel, der schon mehrmals zu mir hergesehen und mit dem Kopf zur Seite gewiesen hat, als wollte er mich auf etwas aufmerksam machen. Oder mit Aureljo, der so viel mehr über die Clans weiß als ich.
    Aber ich kann diesen speziellen Prim studieren.
    Viel älter als ich selbst dürfte er nicht sein. Zwanzig vielleicht. Sein Profil ist klar und scharf geschnitten, mit einer geraden Nase und einer hohen Stirn. Da gibt es nicht viel, was die Chirurgen im Medcenter verbessern könnten, und sie wären begeistert von seinen hohen Wangenknochen. Aber leider zeigt dieses Gesicht im Moment keinerlei Regung. Nicht einmal Feindseligkeit. Das Einzige, was Sandor ausstrahlt, ist eine ungewöhnliche Aufmerksamkeit, als hätte er seine Sinne geschärft wie Waffen.
    Da haben wir etwas gemeinsam, Prim.
    Er hebt den Kopf, als suche er etwas am wolkenverhangenen Himmel, und ich sehe weg. Konzentriere mich wieder auf meine Schritte, die immer anstrengender werden.
    »Noch über diesen Hügel.«
    Überrascht blicke ich auf. Falls Sandors Information für mich gedacht war, dann ist ihm das nicht anzusehen. Er ist voll und ganz mit seinem Vogel beschäftigt, löst gerade dessen Beinriemen, um ihn dann in die Luft zu werfen. Die weißen Schwingen schlagen kräftig und schnell, das Tier steigt höher und höher, findet eine Luftströmung und gleitet auf ihr weiter.
    Vor uns kann ich den Hügel erkennen, von dem Sandor gesprochen hat. Wenn das die letzte Steigung vor dem Ziel ist, können wir es schaffen. Ich beschleunige meine Schritte. Egal was hinter dem Hügel auf uns wartet, ich will es schnell erreichen.
    Sandor passt sich meinem Tempo an, bleibt auf gleicher Höhe mit mir, aber ohne mich zu beachten – seine ganze Aufmerksamkeit gilt der Umgebung. Immer wieder sucht er den Himmel ab, wechselt Handzeichen mit Andris und Yann, rückt den Bogen auf seinem Rücken zurecht. Ich gebe mir Mühe zu erkennen, wonach Sandor Ausschau hält, komme aber zu keinem Ergebnis. Schwer zu lesen, vor allem von der Seite.
    Wir überholen Fleming und … Hennik, richtig, für die Dantorian keine Last zu sein scheint. Irgendwo summt ein Salvator, aber meiner ist es diesmal nicht.
    Wenn ich schätzen müsste, wie lange wir schon unterwegs sind, würde ich sagen, eine gute halbe Stunde. Meine Füße sind nun trotz der Thermoschuhe eiskalt und meine Augen beginnen zu tränen. Aber den Hügel werde ich erreichen können.
    Wieder ein Surren.
    Irritiert sehe ich mich um, begegne dabei Sandors konzentriertem Blick, der auf irgendetwas links hinter mir gerichtet ist. Hört er den Salvator auch? Nur wem gehört er? Von den anderen ist keiner nah genug, als dass das Geräusch bis zu uns dringen könnte.
    Dann sehe ich es. Silbrig reflektiert es das Weiß des Schnees, das Grau der Steine und das Braun der häufiger werdenden Baumstämme. Es ist flach, oval, groß wie ein Brotlaib und bewegt sich auf Ketten wie ein Baufahrzeug. Aller Wahrscheinlichkeit nach verfügt es über haufenweise Sensoren, denn es weicht Hindernissen mit geschmeidiger Selbstverständlichkeit aus, gleitet leicht und ohne zu ruckeln über Unebenheiten. Ist es schon die ganze Zeit in der Nähe? Kaum, sonst wäre es unseren Entführern sicher längst aufgefallen, auch wenn es fast perfekt mit seiner Umgebung verschmilzt. Vermutlich hätte es niemand entdeckt, würde es nicht summend vibrieren.
    »Was ist das?«, fragt Sandor leise.
    Ich habe keine Ahnung, ein solches Gerät habe ich noch nie gesehen, aber mir ist sofort klar, dass es nicht in die Welt der Prims gehört, sondern in unsere.
    Der Gedanke lässt mich den Kopf zu Tycho drehen. Er ist der Experte für Technisches. Hat er so etwas schon mal gesehen? Weiß er, wozu es dient?
    Meinen Blick hat er jedenfalls bemerkt und bemüht sich nun, den Abstand zwischen uns zu verringern. Sobald er nah genug ist, weise ich mit der Hand auf das merkwürdige Ding, das uns leise surrend begleitet.
    Tycho nickt. »Ein Fahnder«, murmelt er. »Mit

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