Die verrückteste Nacht meines Lebens (German Edition)
ein.«
»Oh«, entgegne ich. »Das ist ja doof. Ähm, ist es okay, wenn ich kurz bei dir vorbeikomme?«
»O-kaaay«, meint sie. »Was ist los?« Jetzt fühl ich mich gleich noch beschissener, weil ich genau weiß, dass sie das nicht fragt, weil sie überrascht ist, dass ich kommen will (ich besuche sie nämlich recht oft in ihrem Studentenwohnheim), sondern weil es drei Uhr in der Früh ist und sie meiner Stimme genau anhört, dass was nicht stimmt. Und obwohl sie sich Sorgen um mich macht, weiß ich ganz genau, dass es sie freut, von mir zu hören und dass ich rüberkomme, und daher fühle ich mich erst recht mies.
»Ähm, alles in Ordnung«, schwindle ich. »Ich will nur … ich muss mit dir nur über was reden.«
»Um drei Uhr nachts?«, fragt sie.
»Ich war zufällig in der Gegend«, erkläre ich, »auf einer Party.« Was ja nicht wirklich gelogen ist. Ich war vorhin ja auch tatsächlich auf einer Party in der Nähe.
»Geht es um Cooper?«, will Kate wissen. »Also ehrlich, Eliza, wenn du möchtest, dass ich jemanden zu ihm schicke, der mal mit ihm redet, dann mach ich das.« Wieder überlege ich, ob ich Kate einfach die Wahrheit sagen soll. Die ganze Wahrheit, darüber, dass Cooper und die 318er meine Notizen haben, dass Tyler mich zwingt, all das zu tun, was in diesem Notizbuch steht, und zwar, weil er angepisst ist, dass ich auf Lanesboro Losers was über Cooper gepostet habe. Aber Kate würde sich die auf jeden Fall vornehmen wollen, und wer weiß, was die dann machen würden? Außerdem ist das hier nicht Kates Kampf. Das ist ganz allein meine Baustelle.
»Nein«, sage ich. »Es ist nicht wegen Cooper. Es geht um, äh, was anderes.«
»Okay«, meint sie, und sie klingt immer noch ein bisschen besorgt. »Eliza, ich …«
Und dann wird auf einmal die Verbindung unterbrochen, und mein Handy verschluckt den Rest von dem, was sie sagt. Ich mache das Handy aus und lass es in meiner Tasche verschwinden. Wer weiß, was jetzt als Nächstes passiert.
Nachdem wir den Wagen geparkt haben und zu Fuß zur Uni laufen, fängt Marissa auf einmal an, sich total geheimniskrämerisch zu benehmen. Sie holt ihr Handy raus und streift dauernd mit den Fingern über die Tasten.
»Was tust du da?«, frage ich.
»Nichts«, meint sie schnell. »Ich check nur meine Mailbox.«
»Okay«, entgegne ich, nicht recht überzeugt.
»Sieht aber nicht so aus, als würdest du nur deine Mailbox checken«, sagt Carice. »Sieht eher so aus, als würdest du dein Handy streicheln.«
»Ich streichle es nicht«, protestiert sie. »Ich überlege nur …« Sie seufzt. »Meint ihr, ich sollte Jeremiah anrufen?«
»Jeremiah anrufen?«, hakt Clarice nach. »Warum solltest du denn das tun?«
»Na ja, weil ich seit der Party nichts mehr von ihm gehört hab«, erklärt sie.
»Wenn er mit dir reden hätte wollen«, bringe ich ihr so schonend wie möglich bei, »dann hätte er dich doch angerufen, glaubst du nicht?«
»Aber in der U-Bahn hat man doch keinen Empfang«, hält sie dagegen. »Und als ich bei der Polizei war, da haben die mir mein Handy abgenommen. Ich hab keinen Schimmer, ob die es abgestellt haben oder nicht.«
»Die haben dein Handy nicht abgestellt«, meint Clarice. »Und es hat auch keiner angerufen. Glaub mir.«
Clarice sieht mich Hilfe suchend an, damit ich sie unterstütze, aber dann denke ich mir: Wisst ihr was? Wenn Marissa Jeremiah unbedingt anrufen will, dann soll sie doch. Erstens wird sie nicht schlauer werden, wenn wir es ihr verbieten. Sie wird ihn erst dann nicht mehr anrufen wollen, wenn sie mit ihm telefoniert hat und er sich wie ein absolut bescheuertes Arschloch aufführt.
Und die andere Sache ist die: Ich hab es langsam satt, dauernd Gefühle unterdrücken zu müssen. Warum müssen wir uns denn ständig alles verkneifen? Ich meine, hallo, das ist ja überhaupt erst der Grund, weshalb ich mit dem lila Notizbuch angefangen habe. Ich musste mir einen Raum schaffen, an dem ich aufschreiben konnte, was ich gerne täte – Dinge, die ich mir entweder verbot oder nicht zutraute.
»Wenn du willst, dann ruf ihn an«, sage ich und zucke mit der Schulter. Clarice sieht mich total schockiert an und reißt den Mund auf, als wollte sie etwas sagen, dann aber klappt sie ihn wieder zu.
»Danke, Eliza«, meint Marissa, während sie Clarice einen bohrenden Blick zuwirft. Sie scrollt durch ihre Kontakte und drückt auf die Taste, als sie Jeremiahs Nummer gefunden hat. Clarice und ich gehen ein paar Schritte voraus und
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