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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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hatten vermuten lassen. Mit dieser Gewissheit waren allerdings auch grauenhafte Zweifel gekommen. Nach seiner Rückkehr aus Mali würde er genug Informationen haben, um eine abschließende Beurteilung abgeben zu können.
    Pater Benedikt setzte sich auf den Balkon seines Zimmers und schaute schläfrig über den See. Zwiespältige Gedanken marterten ihn. Sein Blick ging zum Himmel. Die afrikanische Nacht kokettierte mit einer Sternenpracht, die ihm unglaublich nah, intensiv und überdimensional vorkam. Ohne die allgegenwärtige Armut wäre Äthiopien ein unglaublich schönes Land. »Herr, warum strafst Du diese Menschen mit Hunger und Leid? Die Vergänglichkeit haust schon viel zu lange in diesen Täler und prachtvollen Bergen. Es könnte ein Paradies sein! Vergib mir meine Zweifel an Deinem Tun, Herr. Aber es sind doch nicht die einfachen Menschen, die für dieses Leid verantwortlich sind. Es sind die Generäle und Herrschenden, die Du rügen solltest, oder zweifelst Du an den einfachen Menschen?«
    Bei dem Wort Zweifel griff Pater Benedikt nach dem Glas Wasser auf dem Tisch. Was tadelte er, was fragte er den Allmächtigen, ob er Zweifel habe? Er selbst hatte doch auch Zweifel. Sogar sehr viele! Und das schon länger. Dabei hatte er bislang verdrängt – mehr aus wissenschaftlichen Erwägungen heraus, berücksichtigend, dass der erste Eindruck nicht die Wahrheit sein musste und sich oftmals im Laufe der Zeit manch wagemutige und Furcht erregende Gewissheit als Irrtum herausstellte.
    Schon in Lissabon hatte er nicht wahrhaben wollen, was sich ihm als Fazit aus den Sion -Dokumenten aufgedrängt hatte. Seit gestern kam er nicht umhin zu sehen, dass er auf der Suche nach frühen Christengemeinden in Afrika auf ein sehr unrühmliches Kapitel der römisch-katholischen Kirchengeschichte gestoßen war. Was sollte er nun tun? Seine Mitbrüder in Jerusalem und sicherlich auch der Heilige Vater in Rom würden ihn ins entlegenste Kloster auf Erden verbannen, wenn er auch nur andeuten würde, was er seit gestern wusste. Wie sollte er mit seinem Wissen umgehen? Die Geschichte mit dem portugiesischen Ehemann der Prinzessin Sahel und vor allem das Verhalten der Päpste damals würden in den Medien für Schlagzeilen sorgen. »Lieber Gott«, flüsterte er, faltete seine Hände zum Gebet und schloss die Augen. »Lass es bitte nicht wahr sein, was geschah. Der Beizebub muss sich damals in den Herzen unserer Franziskanerbrüder und, verzeih mir bitte, auch in den Gemächern des Heiligen Vaters und seiner ehrwürdigen Berater eingenistet haben! Sag mir, dass das Sion -Dossier das Machwerk eines bösartigen Fantasten oder das Hirngespinst eines Verrückten war! Schicke mir Erleuchtung, auf dass ich verstehe, warum niemand die Hilferufe unsere christlichen Brüder in Afrika erhörte. Auch wenn ihr Glaube nicht den Dogmen der römisch-katholischen Kirche entsprach, sie irregeführt auf Pfaden der Widerspenstigkeit und nahe der Häresie wandelten, so waren sie doch gläubige Christen! Weise mir einen Weg nach Mali, auf dem ich Beweise finde, die widerlegen, was sich bis jetzt als schier unglaubliche Wahrheit darstellt. Lass mich eine Wahrheit finden, mit der ich leben kann. Denn ich glaube nicht, dass ich schweigen kann und darf.«
     
    Nach einer langen, staubigen Fahrt in einem Überlandbus war Sahib al Saif endlich von Aksum nach Addis Abeba gelangt. Die beiden Sufis des Al-Sakina-Ordens hatten ihm befohlen, eine Villa am Stadtrand aufzusuchen. Dort erwartete ihn bereits ein elegant gekleideter Mann.
    Er stellte sich nicht vor und sprach nur wenige Sätze in Arabisch: »Hier sind der neue Pass, Bargeld und einige Sachen zum Anziehen. Im Pass ist ein Visum für Mali. Du hast einen diplomatischen Status. Dein Flugzeug geht übermorgen. Bis dahin solltest du hier im Haus bleiben. Es ist die Residenz unseres Herrn Botschafters, also exterritoriales Terrain. Kein Polizist wird dich hier behelligen. Was du noch wissen solltest: Föllmer ist in München und hat dort seine frühere Freundin getroffen. Jan-Zela hat ein Visum für Mali beantragt. Details hierzu findest du in diesem Umschlag. In Mali wirst du am Flughafen von einem Bruder von uns empfangen werden. Er wird dich einweisen, dir helfen, das zu Ende zu führen, was dir bisher nicht gelang. Du hast mehrfach versagt! Ich rate dir daher, Vorsicht walten zu lassen. Allahs Geduld und Güte währen nicht ewiglich. In Mali wirst du in die Identität eines Targi schlüpfen. Wie ich hörte, sind

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