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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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heiligste Stadt Italiens. Hier gibt es mehr Kirchen als Bars, mehr Klöster als Bordelle und mehr heilige Kirchenmänner als Zuhälter. Und jetzt auch noch der Konvent der Franziskaner! In Venedig wimmelt es derzeit vor Männern in braunen Mönchskutten. Allesamt Franziskaner! Als Polizist sollte man in Venedig nicht mal laut denken, dass ein Mönch jemanden umgebracht haben könnte. Sonst haben Sie gleich eine Privataudienz beim Polizeipräfekten. Und seien Sie sicher, Chef, der Erzbischof höchstpersönlich würde auch dabei sein.«
    »Wir haben aber nun mal gleich zwei tote Mönche, Pietro! Einen richtigen und einen, der früher zu diesem Orden gehört hat. Das ist ein Fakt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das auch in den Zeitungen steht. Bis dahin sollten wir zumindest eine Ahnung haben, wer von diesen achtzehn Mönchen, die zur Tatzeit im Kloster waren, der Mörder war.«
    »Es war keiner von diesen achtzehn!«
    Die Worte seines Assistenten ließen den Commissario herumwirbeln. »Was? Wer sagt das? Kommen Sie, Pietro, lassen Sie sich nicht alle Details aus der Nase ziehen.«
    »Der Täter war wahrscheinlich gar kein Mönch, kein richtiger Mönch! Es war keiner von den dreizehn, die mit dem Boot zum Kloster kamen. Und es war auch keiner der fünf Mönche vom Kloster. Keiner von diesen achtzehn war es. Es war der neunzehnte!«
    Commissario Toscanelli war kurz davor, ungehalten zu werden. Die kryptischen Andeutungen seines Assistenten brachten ihn in Rage: »Pietro, hören Sie auf mit diesem Unsinn! Erzählen Sie, was Sie wissen – und zwar alles!«
    »Venedig, Chef, ist zwar für Sie als Landratte aus Mailand ein Horror, weil hier nichts ohne Boote geht. Aber Venedig ist für uns hiesige Polizisten auch ein Paradies! Bei Ermittlungen haben wir einen unvorstellbaren Vorteil. Wer immer sich in dieser Stadt oder innerhalb der Lagune bewegt, kann das nicht ohne ein Boot. Alle Boote sind registriert, haben feste Anlegeplätze. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist: Wer sich hier ohne eigenes Boot bewegt, benutzt entweder ein Wassertaxi oder die Vaporetti. Die Fahrten der Wassertaxis sind nachprüfbar. Die Vaporetti haben feste Fahrzeiten, feste Haltestellen, haben Personal, das beim Einstieg behilflich ist, haben Kontrolleure und Kapitäne. Und alle haben sie Augen und Ohren! Nichts, fast nichts, Chef, geschieht in dieser Stadt, ohne dass nicht ein Boot involviert ist! Überall hier sind Boote. Und Augen! Das hat manchmal auch sehr lustige Begleiterscheinungen. Da die Vaporetti nach einem festen Zeitplan fahren, trifft man auf ihnen irgendwie immer die gleichen Leute. Ich habe meine Freundin mal an einem Tag an vier verschiedenen Orten in der Stadt auf einem Wassertaxi getroffen. Drei Mal habe ich mich gefreut. Beim vierten Mal war es dann unangenehm, weil ich gerade eine andere Frau, eine alte Liebe von mir, im Arm hatte. Das zum Thema Zufall hier in Venedig.«
    »Pietro, entweder ich entlasse Sie fristlos oder ich degradiere Sie zum Laufburschen, wenn Sie jetzt nicht sofort ausspucken, was Sie sonst noch wissen. Los! Aber jetzt bitte alle Fakten!« Der Commissario versuchte, seinen Worten durch eine finstere Miene Nachdruck zu verleihen. Aber es gelang ihm nicht. Er musste plötzlich grinsen. Er mochte und schätzte seinen jungen Assistenten. Er war ein cleverer Bursche, loyal und sehr umtriebig. »Nichts für ungut, Pietro! Erstklassige Arbeit, wirklich perfekt, ihre Ermittlungsansätze. Aber jetzt erzählen Sie!«
    »Die dreizehn Franziskaner kamen, wie die anderen Besuchergruppen des gestrigen Tages auch, nachweislich alle zusammen auf einem Vaporetto aus Venedig nach Burano, wo sie zunächst eine kurze Besichtigungstour machten. Der Ort ist für seine farbenprächtigen Häuser, die romantischen Winkelchen und Kanäle und für seine vielen Mode- und Stoffgeschäfte bekannt. Als die Gruppe dann mit dem Wassertaxi Richtung Kloster San Francesco del Deserto ablegen wollte, das war am Nachmittag, gab es ein großes Durcheinander, weil der Besuchergruppe gesagt worden war, dass sie von einem Bruder Elias empfangen und begleitet werden würden. Der jedoch war nicht da. Stattdessen kam plötzlich ein Mönch in der Kleidung der Franziskaner herbeigeeilt. Laut Aussagen des Kapitäns war dieser Mönch angeblich taubstumm. Jedenfalls hat er so getan, als könne er nicht sprechen und hat in Gebärdensprache angedeutet, dass Bruder Elias verhindert sei und später nachkäme.«
    »Wahnsinn! Grandios, Pietro.

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